Ein Buch über ein wahrhaft alltägliches und dennoch außerordentlich komplexes Phänomen: die Zeit. Meist wissen wir sehr genau wie spät es ist und oft ist es kurz vor Zwölf, doch von was sprechen wir da eigentlich? Der moderne Universalgelehrte Adam Hart-Davis, den mancher vielleicht als Aushängeschild der BBC für Wissenschaft und ihre Geschichte kennt, zeigt mit seinem "Buch der Zeit", wie gut er es versteht, auch komplexe Themen gut greifbar zu machen.

Um der Zeit auf die Spur zu kommen, lässt Hart-Davis ehemalige Vertreter diverser Epochen, Kulturen und Religionen ebenso zu Wort kommen wie Wissenschaftler und Repräsentanten heutiger Disziplinen. Dabei beginnt er – dem Stoff angemessen – chronologisch im alten Griechenland und lässt den Leser beispielsweise über Zenons Paradoxa grübeln: Kann Achilles die Schildkröte jemals einholen, und warum soll ein abgeschossener Pfeil still stehen? Im weiteren Verlauf führt er uns dann bis in die Moderne, um die Frage "Was ist die Zeit?" mit der 13,7 Milliarden Jahre alten Entstehungsgeschichte unseres Universums zu komplettieren. Die "Uhren der Natur", die maßgeblich durch die Periodik der Sonne und des Mondes bestimmt werden, sind ebenfalls ein zentrales Thema. Und wie Menschen über die Jahrtausende ihre Zeitrechnung nach diesen Himmelkörpern ausrichteten, gehört selbstverständlich genauso zur Bandbreite dieses Buchs. Was die moderne Zeitmessung zu leisten vermag und ob Zeitreisen theoretisch möglich sind, rundet die Themenauswahl treffend ab.

Hart-Davis versteht es nicht nur die vorgestellten Zeitkonzepte der Völker und Kulturen präzise und unterhaltsam zu erläutern, sondern auch zum Nachdenken darüber anzuregen. Diese Herangehensweise sorgt dafür, dass gleich mit welchem Hintergrundwissen man dieses Buch zur Hand nimmt, man genau das richtige Maß an theoretischen Informationen und "Davis’scher Erklärfinesse" bekommt. Wohl jeder wird in diesem Buch etwas Neues zur Thematik erfahren oder wenigstens neue Sichtweisen und Aspekte kennenlernen. Die zahlreichen mit Liebe zum Detail gestalteten Illustrationen und einprägsamen Grafiken tragen dazu ebenso bei wie der eingängige Erzählstil.

Diese Stärke des Buches ist vielleicht auch sein einziges Manko. Es sind so viele Perspektiven, mit denen Hart-Davis der Zeit zu Leibe rückt, dass der rote Faden zwar erkennbar bleibt, sich allerdings so locker durch das Buch zieht, dass man es wohl kaum in einem Rutsch durchlesen kann. Das gut sortierte Register hilft allerdings ungemein, wenn man anschließend einzelne Sachverhalte oder Personen noch einmal genauer unter die Lupen nehmen möchte.

Diesen Anspruch, in einer Nacht durchgelesen zu werden, hat das Buch aber ohnehin nicht. Es ist ein intelligentes Sachbuch, und ohne zu sehr in Einzelheiten abzudriften, präsentiert Hart-Davis einen umfassenden und kurzweiligen Überblick, nach dessen Lektüre man die eigene Zeit wahrscheinlich um Einiges bewusster wahrnehmen wird.