Licht aus!
Die Nacht wurde zum Tag in den letzten Jahrzehnten. Überall beleuchten Behörden, Firmen und Privatleute mit Straßenlaternen, Denkmalbestrahlung, Reklame, Lichterketten und gleißenden Skybeamern ihre Städte. Licht soll Wohlstand, Sicherheit und Modernität suggerieren und das Arbeiten in der 24-Stunden-Gesellschaft ermöglichen. Über Berlin oder dem Ruhrgebiet spannen sich riesige helle Dome, die die Nacht bis weit ins Umland verdrängen und den Blick auf die Sterne verdecken: Statt der 2000 bis 3000 Sterne, die bei klarem Himmel mit bloßem Auge zu sehen wären, entdeckt der Städter nur noch die 100 leuchtstärksten.
Amateur- und Profiastronomen beklagen schon lange das "Ende der Nacht", wie die Herausgeber des gleichnamigen Buchs Thomas Posch, Anja Freyhoff und Thomas Uhlmann die zunehmende globale Lichtverschmutzung beschreiben, denn mit ihren Teleskopen und Observatorien haben sie in Europa, Nordamerika oder Ostasien immer größere Schwierigkeiten noch richtig dunkle Gegenden für ihre Beobachtungen zu finden. Selbst fern der Städte trüben die Milliarden Funzeln der Zivilisation noch die Sicht auf die Milchstraße. Sie müssen in immer entlegenere Regionen oder ins Weltall direkt ausweichen, um ihre Forschung voranzutreiben – oder einfach nur den Sternenhimmel als Kulturgut genießen zu können.
Wie die in dem jetzt erschienen Werk versammelten Autoren aber aufzeigen, zeitigt die menschliche Aufhellungsorgie aber noch weit mehr Probleme als "nur" die verdeckten Sterne. Der Mainzer Insektenforscher Gerhard Eisenbeis beispielsweise belegt, wie Nacht für Nacht Milliarden Insekten in Straßenlampen oder an leuchtenden Werbeflächen verglühen oder diese bis zur totalen Erschöpfung umkreisen, bis sie verenden. Manch einer mag nun vielleicht denken: "Was kümmern mich lästige Mücken?" Doch diese Sichtweise greift zu kurz: Mit den Kerfen geht eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel und Amphibien verloren; zudem bestäuben Nachtfalter eine ganze Reihe an Pflanzen. Das Licht greift in diese Systeme also extrem ein.
Vögel, aber auch Meeresschildkröten sind zudem direkt betroffen vom Licht: Es führt Zugvögel in die Irre und sorgt unter anderem dafür, dass sie auf ihrem Weg mit menschlichen Bauwerken kollidieren, wie der Ommo Hüppop, der Leiter der Vogelwarte Helgoland, mit zahlreichen Beispielen belegt. Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten wiederum orientieren sich am Sternenlicht am Horizont in Richtung Meer – es sei denn, strandnahe Beleuchtung zieht sie fatalerweise ins Landesinnere. Selbst die menschliche Gesundheit leidet unter der Lichtflut: Sie stört die innere Uhr und den Schlaf, was unser Wohlbefinden auf Dauer beeinträchtigt.
In insgesamt sieben Kapiteln erläutern die verschiedenen Autoren diese Probleme und wie es im Laufe der menschlichen Entwicklung von der Nutzung des ersten Feuers bis zur heutigen Technik so weit kommen konnte. Nebenbei räumen sie mit einigen Mythen auf, etwa der erhöhten Sicherheit durch Licht – eher scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Und sie wagen einen Blick in die Zukunft, denn wenn die Entwicklung so weiter geht wie bislang, gehört das Kulturgut "dunkle Nacht" (und nichts anderes ist es: Wer möchte den inspirierenden Charakter des Sternenhimmels schon verneinen?) bald für den weitaus größten Teil der Menschheit der Vergangenheit an: Nur noch in fernen Wüsten oder der Antarktis hat man dann Gelegenheit, die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht zu erleben.
Dabei wäre auch ein Gegensteuern möglich, wie mehrere der Schreiber betonen: LED statt herkömmlicher Quecksilberdampflampen sparen Energie, schonen Insektenleben und lassen sich zielgerecht einsetzen, damit möglichst wenig Licht nach oben verloren geht, sondern auch wirklich nur die Fläche nach unten bescheint. Ausufernden Lichteskapaden wird international auch schon mal per Gesetz ein Riegel vorgeschoben – etwa auf den Kanarischen Inseln, wo auf La Palma die Arbeit der Sternwarte geschützt werden soll. Ein derartiges Gesetz wollten Sternenfreunde in Zusammenarbeit mit Naturschützern hierzulande ebenfalls initiieren: Die entsprechende Petition im Internet an den Bundestag wurde tausende Male unterzeichnet – allein die Abgeordneten konnten sich nicht zu einem Regelwerk durchringen.
Für Astronomen bietet das Buch wohl nicht direkt etwas Neues, kämpfen sie doch schon lange mit dem Problem "Lichtverschmutzung". Doch gewährt es ihnen sicherlich Blicke über den Tellerrand hinaus – und Verbündete für den Erhalt der Nacht finden sie bei Vogelschützern oder Schlafforschern bestimmt. Diesen sei das interessante Buch auf alle Fälle nahegelegt, denn es gibt den aktuellen Stand der Forschung über die Folgen der Lichtverschmutzung gut wieder.
Amateur- und Profiastronomen beklagen schon lange das "Ende der Nacht", wie die Herausgeber des gleichnamigen Buchs Thomas Posch, Anja Freyhoff und Thomas Uhlmann die zunehmende globale Lichtverschmutzung beschreiben, denn mit ihren Teleskopen und Observatorien haben sie in Europa, Nordamerika oder Ostasien immer größere Schwierigkeiten noch richtig dunkle Gegenden für ihre Beobachtungen zu finden. Selbst fern der Städte trüben die Milliarden Funzeln der Zivilisation noch die Sicht auf die Milchstraße. Sie müssen in immer entlegenere Regionen oder ins Weltall direkt ausweichen, um ihre Forschung voranzutreiben – oder einfach nur den Sternenhimmel als Kulturgut genießen zu können.
Wie die in dem jetzt erschienen Werk versammelten Autoren aber aufzeigen, zeitigt die menschliche Aufhellungsorgie aber noch weit mehr Probleme als "nur" die verdeckten Sterne. Der Mainzer Insektenforscher Gerhard Eisenbeis beispielsweise belegt, wie Nacht für Nacht Milliarden Insekten in Straßenlampen oder an leuchtenden Werbeflächen verglühen oder diese bis zur totalen Erschöpfung umkreisen, bis sie verenden. Manch einer mag nun vielleicht denken: "Was kümmern mich lästige Mücken?" Doch diese Sichtweise greift zu kurz: Mit den Kerfen geht eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel und Amphibien verloren; zudem bestäuben Nachtfalter eine ganze Reihe an Pflanzen. Das Licht greift in diese Systeme also extrem ein.
Vögel, aber auch Meeresschildkröten sind zudem direkt betroffen vom Licht: Es führt Zugvögel in die Irre und sorgt unter anderem dafür, dass sie auf ihrem Weg mit menschlichen Bauwerken kollidieren, wie der Ommo Hüppop, der Leiter der Vogelwarte Helgoland, mit zahlreichen Beispielen belegt. Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten wiederum orientieren sich am Sternenlicht am Horizont in Richtung Meer – es sei denn, strandnahe Beleuchtung zieht sie fatalerweise ins Landesinnere. Selbst die menschliche Gesundheit leidet unter der Lichtflut: Sie stört die innere Uhr und den Schlaf, was unser Wohlbefinden auf Dauer beeinträchtigt.
In insgesamt sieben Kapiteln erläutern die verschiedenen Autoren diese Probleme und wie es im Laufe der menschlichen Entwicklung von der Nutzung des ersten Feuers bis zur heutigen Technik so weit kommen konnte. Nebenbei räumen sie mit einigen Mythen auf, etwa der erhöhten Sicherheit durch Licht – eher scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Und sie wagen einen Blick in die Zukunft, denn wenn die Entwicklung so weiter geht wie bislang, gehört das Kulturgut "dunkle Nacht" (und nichts anderes ist es: Wer möchte den inspirierenden Charakter des Sternenhimmels schon verneinen?) bald für den weitaus größten Teil der Menschheit der Vergangenheit an: Nur noch in fernen Wüsten oder der Antarktis hat man dann Gelegenheit, die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht zu erleben.
Dabei wäre auch ein Gegensteuern möglich, wie mehrere der Schreiber betonen: LED statt herkömmlicher Quecksilberdampflampen sparen Energie, schonen Insektenleben und lassen sich zielgerecht einsetzen, damit möglichst wenig Licht nach oben verloren geht, sondern auch wirklich nur die Fläche nach unten bescheint. Ausufernden Lichteskapaden wird international auch schon mal per Gesetz ein Riegel vorgeschoben – etwa auf den Kanarischen Inseln, wo auf La Palma die Arbeit der Sternwarte geschützt werden soll. Ein derartiges Gesetz wollten Sternenfreunde in Zusammenarbeit mit Naturschützern hierzulande ebenfalls initiieren: Die entsprechende Petition im Internet an den Bundestag wurde tausende Male unterzeichnet – allein die Abgeordneten konnten sich nicht zu einem Regelwerk durchringen.
Für Astronomen bietet das Buch wohl nicht direkt etwas Neues, kämpfen sie doch schon lange mit dem Problem "Lichtverschmutzung". Doch gewährt es ihnen sicherlich Blicke über den Tellerrand hinaus – und Verbündete für den Erhalt der Nacht finden sie bei Vogelschützern oder Schlafforschern bestimmt. Diesen sei das interessante Buch auf alle Fälle nahegelegt, denn es gibt den aktuellen Stand der Forschung über die Folgen der Lichtverschmutzung gut wieder.
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