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Ökologische Folgen künstlichen Lichts

Astronomen sind in der Regel nicht um gute Argumente gegen die zunehmende Aufhellung des Nachthimmels verlegen, waren sie doch die ersten, deren Arbeit durch diese bis heute wenig im öffentlichen Bewusstsein verankerte Form der Umweltzerstörung massiv eingeschränkt wurde. Inzwischen sehen zwei Drittel der Menschheit nachts statt strahlender Milchstraße nur einen grauen Milchglasscheibenhimmel, und künstliches Licht ist längst ein globales Phänomen geworden. Zu viel, beziehungsweise falsch verwendet, ist die allnächtliche Lichtflut für massenhaftes Sterben von Tieren verantwortlich, und eine der Ursachen für das Ausdünnen der Artenvielfalt bei Fauna und Flora. Längst haben daher auch Biologen oder Mediziner die schädliche Seite des Lichts und ihre gravierenden ökologischen Konsequenzen im Fokus.

Das Buch "Das Ende der Nacht" greift dies auf, und widmet sich der Thematik der Lichtverschmutzung in ihrer ganzen Bandbreite. Aspekte rücken ins Blickfeld, die – so ist zu hoffen – vielen Lesern die Augen öffnen für einen bewussteren Umgang mit künstlichem Licht. Das sehr anschaulich gestaltete und eindrucksvoll illustrierte Werk basiert auf einer von Arte und ZDF produzierten, sehenswerten Dokumentation zum Thema "Lichtverschmutzung", die unter dem Titel "Die dunkle Seite des Lichts" Anfang 2009 ausgestrahlt wurde.

Die Leser des Buchs erkunden die sprichwörtliche dunkle Seite des Lichts. Umfassend informieren sechs einzelne Kapitel, die von zwei Astronomen, einem Insektenkundler, einem Ornithologen, mehreren Meeresbiologen und einem Schlafforscher verfasst sind, über Folgen übermäßigen künstlichen Lichts auf Fauna, Flora und Mensch. Vorangestellt ist diesem naturwissenschaftlichen Reigen eine äußerst gut lesbare Einführung zur Geschichte und technischen Grundlagen des künstlichen Lichts.

Die Texte lesen sich durchweg kurzweilig, rütteln manchmal auf und sind stets hoch informativ. Einige der bildreich umrahmten Fakten erschrecken selbst "alte Hasen" dieser Thematik. Um nur ein Beispiel von vielen zu nennen: Dem künstlichen Licht fallen alleine in Deutschland pro Jahr 150 Milliarden nachtaktive Insekten zum Opfer; viele Arten der Nachtfalterfauna sind akut vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden. Die Folgen für Ökosysteme liegen auf der Hand, ohne diese Insekten fehlt Vögeln und Kleintieren die Nahrungsgrundlage, Pflanzen fehlen die Bestäuber. Übrigens: Keine von Menschen ersonnene Technologie kann diese Arbeit der Bestäubung übernehmen.

Die Problematik der Lichtverschmutzung und ihrer gravierenden ökologischen Konsequenzen lässt sich nur interdisziplinär betrachten – und angehen. "Das Ende der Nacht" beschreitet hierzu einen wichtigen ersten Schritt. Der Leser erhält viel Hintergrundwissen sowie eine Menge guter Argumente zur Beurteilung und Vermeidung von Lichtverschmutzung. Letztlich gefährdet sich die Spezies Mensch übrigens selbst: Noch jung sind Erkenntnisse der biologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen künstlichen Lichts auf den Menschen, die im Kapitel "Licht auf die innere Uhr" eindrucksvoll beschrieben sind.

Dieser überzeugenden Publikation ist eine weite Verbreitung zu wünschen. Möglichst auch bis auf die Schreibtische sämtlicher Entscheidungsträger weltweit, die mit dem Thema "künstliches Licht" in irgendeiner Weise befasst sind, beziehungsweise befasst sein sollten.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 2/2010

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