Der Letzte macht das Licht aus. Ein Roman über Astronomen, Sternengucker, Bastler und andere Helden
Im Mittelpunkt des neuen Romans von Richard Preston steht das Hale-Teleskop auf dem Mount Palomar in Kalifornien, welches nach seiner Inbetriebnahme im Jahr 1949 lange Zeit das größte Spiegelteleskop der Welt war. Und ähnlich wie die Planeten um unsere Sonne kreisen die Figuren und Geschichten in „Das erste Licht“ um eben dieses Zentrum. Im Hauptteil der Handlung lernen die Leser die Forschergruppe um James E. Gunn bei ihrer Suche nach Quasaren kennen und nehmen dabei implizit Anteil an der Entstehungsgeschichte des Hale-Teleskops. Preston benutzt Begegnungen mit anderen Forschern oder diverse auftretende Ereignisse, um von dieser zentralen Handlung abzuweichen und neue Charaktere einzuführen, deren Geschichte er dann erzählt. So begegnen uns auch das Ehepaar Shoemaker — aber ebenso weniger bekannte Zeitgenossen wie etwa dem Assistenten am Hale-Teleskop Juan Carrasco. Es könnte ja so interessant werden, einmal verschiedene Einblicke in den Alltag einiger der bedeutendsten Sterngucker der Neuzeit zu erlangen und ihnen gewissermaßen bei der Arbeit über die Schulter zu blicken. Doch unabhängig vom wissenschaftlichen Aspekt scheitert der Autor bereits daran, den Leser auch nur annähernd zu unterhalten — ein Anspruch, den ein Wissenschaftsroman doch zumindest ansatzweise erfüllen sollte. Der Alltag eines Astronomen, der täglich im Observatorium sitzt und Unmengen an elektronischen Daten sammelt, mag für Außenstehende mitunter langweilig sein. Und um möglicherweise gerade diesen Eindruck zu vermeiden, umgibt der Autor seine Figuren mit dem Nimbus der letzten Helden. Da mutiert der ansonsten stille Wissenschaftler zum Helden über Teleskop und Sterne, der, mit Klebeband und einigem Elektronikschrott bewaffnet, vielleicht nicht die ganze Welt, mindestens aber die Astronomie rettet. Dieses künstliche Heldentum, die hehren Ideale und der schier aufopfernde Forschergeist mag eine Zeit lang zu beeindrucken, hernach trübt er aber nur noch die weitere Lektüre. Lediglich die Passage um den Bau des Hale-Spiegels reißt die Leser ein wenig mit. Allerdings begegnet einem auch da wieder dieser zäh triefende Pathos der Tüftler und Bastler. Uneingeschränkt unterhaltsam ist allein die Geschichte um den Erfinder des Schmidt-Teleskops, den 1879 geborenen Bernhard Schmidt. Vermag das Buch schon nicht zu unterhalten, wäre es zumindest versöhnlich, wenn es denn als Sachbuch dienen könnte. Doch auch hier macht sich schnell Enttäuschung breit. Die wissenschaftlichen Informationen und Einblicke gehen im Wesentlichen nicht über einige biografische Details und anekdotisches Geplänkel hinaus. Wer aber wissen möchte, wie der Astronom Donald Schneider seine spätere Frau kennen lernte oder warum Eugene Shoemaker befürchtete, dass ein Kometeneinschlag in Pakistan einen atomaren Weltkrieg auslösen könne, dem sei das Buch gerne empfohlen. Als ‚das erste Licht‘ bezeichnen Astronomen den Moment, wenn zum ersten Mal Licht aus dem Weltraum auf den Spiegel eines Teleskops fällt. Ein solches erstes Licht aus den Reihen der Leser hätte es für dieses Buch besser nicht gegeben.
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