"Mathematik macht Ruth keinen Spaß."...
So beginnt die Beschreibung auf der Rückseite des Buches von Gritzmann und Brandenberg. Man vermutet wieder einmal eines dieser (misslungenen) Versuche, bei dem Autoren oder Autorinnen aufzeigen wollen, dass Mathematik selbst solchen Mädchen wie Ruth Spaß machen kann, aber dann in einem pseudomathematischen langweiligen Buch für alle LeserInnen enden. Erfreulicherweise ist das Buch von Gritzmann und Brandenberg allerdings nicht von dieser Sorte. Ruth, ein 15-jähriges Mädchen, bekommt von ihrem Vater einen Computer geschenkt, auf dem VIM installiert ist. VIM erscheint als virtueller Gesprächspartner, der jederzeit zu mathematischen Diskussionen bereit ist. Er versucht in vielen „Gesprächen“ mit Ruth, ihr die Denkweisen und Probleme in der Mathematik näher zu bringen. Für weitere Informationen stellt VIM ihr explizit Adressen für bestimmte Internetseiten zur Verfügung. Diese Internetseiten sind in der Tat noch aktuell und bieten auch dem Leser die Möglichkeit, je nach Bedarf, die entsprechenden Internetseiten selbst aufzurufen. Diese Seiten bieten viele Zusatzinformationen und Anregungen für den Leser oder die Leserin, die jedoch nicht unbedingt zum Verständnis des eigentlichen Handlungsstranges des Buchs notwendig sind. Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist, dass es durchgehend einen Themenschwerpunkt verfolgt, nämlich die Frage nach kürzesten Wegverbindungen oder Wegen mit anderen speziellen Eigenschaften. Der Schwierigkeitsgrad beginnt bei „einfachen“ Problemen wie das „Haus des Nikolaus“ und endet mit dem „Problem eines Handlungsreisenden“, einem wirklichen Optimierungsproblem. Viele Bilder und Illustrationen unterstützen die Erklärungen. Außerdem wird versucht aufzuzeigen, dass alltägliche Probleme (wie beispielsweise ein optimaler Fahrplan oder ein Telefonnetz, das mit möglichst wenig Leitungen alle versorgt) mathematisch eine interessante und nicht ganz einfache Herausforderung darstellen. Die Autoren geben viele praktische Bezüge an, ohne dass diese gekünstelt wirken oder dabei rein mathematisch motivierte Fragestellungen vergessen werden. Insgesamt scheint es eine sehr gute Mischung zwischen Theorie und Beispielen zu sein. Ein weiterer positiver Aspekt des Buches ist, dass die Autoren bei den mathematischen Inhalten auch versuchen, die entsprechenden mathematische Begriffe zu verwenden, anstatt sie in Alltagssprache zu übersetzen. An einigen Stellen werden weniger komplexe Begriffe (wie zum Beispiel der des Graphen) zusätzlich zur anschaulichen Erklärung mit einer korrekten mathematischen Definition eingeführt. Insgesamt kann man sagen, dass es ein gelungenes Buch ist, wenn es auch (natürlich) nicht höchsten literarischen Ansprüchen genügt. Meine Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen, die das Buch gelesen haben, war, dass nur diejenigen es interessant fanden, die bereits ein Grundinteresse an mathematischen Fragestellungen oder Knobelaufgaben mitbrachten. Insgesamt wurde es aber von allen als verständlich bezeichnet. Die Rahmengeschichte wurde als (zu) einfach eingestuft und wurde nicht als mitreißend oder unterhaltsam genug empfunden. Die Internetlinks, welche im Buch angegeben werden, haben die meisten der LeserInnen dazu veranlasst, ein wenig nachzuforschen. Selbst mit Internet unerfahrene LeserInnen fühlten sich zu Nachforschungen aufgefordert und waren über ihren Erfolg begeistert.
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