Hirnforscher unter Generalverdacht
Ein Gespenst geht um. Es greift nach allem, was uns wichtig ist, und löst es in Luft auf: Freiheit, Persönlichkeit, Individualität. Thomas Fuchs hat dieses Gespenst gesehen. Es erscheint in Gestalt des Reduktionismus, der besagt, komplexe Phänomene ließen sich auf einfache mechanistische Gesetze zurückführen. Insbesondere in der Hirnforschung treibt er sein Unwesen – und für den Mediziner Fuchs ist er ein wahres Schreckgespenst.
Der Heidelberger Psychiater wähnt das Gehirn von der aktuellen neurowissenschaftlichen Forschung missverstanden und allzu sehr auf biochemische Prozesse reduziert. Fuchs will den Neurobiologen die Deutungshoheit über den Menschen und seine geistigen Leistungen entziehen und eine Synthese schaffen aus phänomenologischem Denken, ökologischer Biologie und Philosophie des Lebendigen.
Der ein oder andere Leser fühlt sich nun vielleicht von einem Hauch verträumter Wissenschaftsromantik umweht. Doch was Fuchs hier betreibt, ist Wissenschaftskritik – und das ist keinesfalls verwerfl ich. Denn Forschungsresultate erklären sich nicht von allein. Wir müssen sie interpretieren und kritisch hinterfragen.
Aus dieser Haltung ergibt sich der Aufbau des Buchs: Im ersten Teil durchleuchtet und überprüft der Autor die Aussagen der Hirnforschung – und lässt kein gutes Haar an ihren Positionen. Er will nachweisen, dass Wissenschaftler mit reduktionistischem Ansatz einen Irrweg beschreiten. Im zweiten Teil versucht er sich an einem Gegenentwurf: Er möchte Neurobiologie, Psychologie und Psychiatrie integrieren und fordert, das Gehirn auch sozial, kulturell und geschichtlich zu erforschen.
Fuchs’ Erörterungen stellen somit ein Echo auf die neuere Hirnforschung dar, im engeren Sinne auf den "Hype" um die Fragen nach dem freien Willen und den Grundlagen der Persönlichkeit. Auch dagegen ist nichts einzuwenden. Aber er überspannt den Bogen, weil er nicht bei seinem Kernthema bleibt. Bei Fuchs stehen alle so genannten Lebenswissenschaften, die wie etwa die Psychologie im weiteren Sinn "biologisch" arbeiten, unter Generalverdacht, denn deren übliche wissenschaftliche Methodik ist dem Autor durch und durch suspekt.
Doch hier verwechselt Fuchs Methoden und Inhalte. Wenn er wiederholt die "Elimination des Subjektiven" beklagt, argumentiert er mit der falschen Kategorie. Empirisch fundierte Aussagen, allzumal naturwissenschaftliche, beanspruchen nun einmal allgemeine Gültigkeit jenseits individueller Weltanschauung. Oder meint Fuchs etwa, das Subjektive werde zu wenig erforscht? Dann hätte sich die Katze kräftig in den Schwanz gebissen!
Um seine Kritik zu stützen, zitiert der Autor aus den Büchern prominenter Hirnforscher. Er greift sich einzelne, pointierte Sätze heraus und prangert deren Aussage an. Wer so vorgeht, hat es leicht: Griffi ge Formulierungen sind immer eine leichte Beute, wenn zugleich der Kontext ausgeblendet wird. Was Fuchs letztlich bemängelt, ist nicht das wissenschaftliche Vorgehen, sondern allein die Art, wie Experten Ergebnisse vereinfachen, um sie laiengerecht zu vermitteln.
Wenn er den Lebenswissenschaften schließlich vorwirft, dass sie gerade das Lebendige nicht erforschen, sondern gar aus der Forschung vertreiben, mag sich mancher wundern: Was für Gespenster gehen hier eigentlich um?
Der Heidelberger Psychiater wähnt das Gehirn von der aktuellen neurowissenschaftlichen Forschung missverstanden und allzu sehr auf biochemische Prozesse reduziert. Fuchs will den Neurobiologen die Deutungshoheit über den Menschen und seine geistigen Leistungen entziehen und eine Synthese schaffen aus phänomenologischem Denken, ökologischer Biologie und Philosophie des Lebendigen.
Der ein oder andere Leser fühlt sich nun vielleicht von einem Hauch verträumter Wissenschaftsromantik umweht. Doch was Fuchs hier betreibt, ist Wissenschaftskritik – und das ist keinesfalls verwerfl ich. Denn Forschungsresultate erklären sich nicht von allein. Wir müssen sie interpretieren und kritisch hinterfragen.
Aus dieser Haltung ergibt sich der Aufbau des Buchs: Im ersten Teil durchleuchtet und überprüft der Autor die Aussagen der Hirnforschung – und lässt kein gutes Haar an ihren Positionen. Er will nachweisen, dass Wissenschaftler mit reduktionistischem Ansatz einen Irrweg beschreiten. Im zweiten Teil versucht er sich an einem Gegenentwurf: Er möchte Neurobiologie, Psychologie und Psychiatrie integrieren und fordert, das Gehirn auch sozial, kulturell und geschichtlich zu erforschen.
Fuchs’ Erörterungen stellen somit ein Echo auf die neuere Hirnforschung dar, im engeren Sinne auf den "Hype" um die Fragen nach dem freien Willen und den Grundlagen der Persönlichkeit. Auch dagegen ist nichts einzuwenden. Aber er überspannt den Bogen, weil er nicht bei seinem Kernthema bleibt. Bei Fuchs stehen alle so genannten Lebenswissenschaften, die wie etwa die Psychologie im weiteren Sinn "biologisch" arbeiten, unter Generalverdacht, denn deren übliche wissenschaftliche Methodik ist dem Autor durch und durch suspekt.
Doch hier verwechselt Fuchs Methoden und Inhalte. Wenn er wiederholt die "Elimination des Subjektiven" beklagt, argumentiert er mit der falschen Kategorie. Empirisch fundierte Aussagen, allzumal naturwissenschaftliche, beanspruchen nun einmal allgemeine Gültigkeit jenseits individueller Weltanschauung. Oder meint Fuchs etwa, das Subjektive werde zu wenig erforscht? Dann hätte sich die Katze kräftig in den Schwanz gebissen!
Um seine Kritik zu stützen, zitiert der Autor aus den Büchern prominenter Hirnforscher. Er greift sich einzelne, pointierte Sätze heraus und prangert deren Aussage an. Wer so vorgeht, hat es leicht: Griffi ge Formulierungen sind immer eine leichte Beute, wenn zugleich der Kontext ausgeblendet wird. Was Fuchs letztlich bemängelt, ist nicht das wissenschaftliche Vorgehen, sondern allein die Art, wie Experten Ergebnisse vereinfachen, um sie laiengerecht zu vermitteln.
Wenn er den Lebenswissenschaften schließlich vorwirft, dass sie gerade das Lebendige nicht erforschen, sondern gar aus der Forschung vertreiben, mag sich mancher wundern: Was für Gespenster gehen hier eigentlich um?
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