Groß ist es wirklich, das "Naturerlebnisbuch" von Frank und Katrin Hecker – und wirkt erst sogar ein wenig unhandlich. Dafür wurde es aber schön bunt und mit seinen über 300 Farbfotos, die allesamt fröhlich forschende Kinder und Jugendliche sowie viele Tier- und Pflanzenaufnahmen zeigen, sehr einladend gestaltet. Nach diesem ersten positiven Eindruck gilt es nun herauszufinden, ob die Ankündigung der "unendlich vielen Ideen" auf der strapazierfähigen Umschlagklappe stimmt – Ideen für drinnen und draußen, für jedes Wetter, jede Jahreszeit und egal, ob allein oder in der Gruppe.

Der erste Eindruck täuscht nicht: Das große Naturerlebnisbuch lädt ein zum Naturerleben und Genießen, zum Experimentieren und zum Probieren, zum Basteln, Bauen und Kreieren und nicht zuletzt zum Spielen und Toben. Im Wechsel der Jahreszeiten wird geforscht und getüftelt, was die kreativen Autorenköpfe zu bieten haben. Ihr Credo: Unsere Kinder sind die wahren Entdecker. Was wir über den Verstand aufzunehmen versuchen, wird bei ihnen über die Sinne erfahren. Was man dazu braucht? Eigentlich nicht viel, denn die Natur mit ihren interessanten Angeboten liegt (noch) vor unserer Haustür.

So "errichten" die Heckers kurzerhand Natur-Werkstätten, in denen – immer passend zur Jahreszeit – entweder Wildbienen-Häuschen gebaut oder aus Kastanien Kunst und Seife hergestellt wird. Wie im richtigen Leben ist Projektarbeit gefragt wie beispielsweise beim "Garten für Schmetterlinge" oder dem "Wald-Erlebnistag". Und auch die Elemente werden zum Ereignis: im Frühling die Luft, im Sommer das Wasser, im Herbst die Erde und im Winter das Feuer. Immer wieder dazwischen: die Vermittlung von kurzweiligen Lerninhalten, wie zum Beispiel das Erkennen von Waldblumen, Schmetterlingen, Früchten oder Spuren. Nach der Lektüre werden selbst Erwachsene wieder in der Lage sein, Frosch, Kröte und Molch zu unterscheiden oder Tiere im Teich zu erkennen. Nützliche Adressen, Buchtipps und ein umfangreiches Register runden das abwechslungsreiche Angebot ab.

So farbenfroh und heiter das Erlebnisbuch daher kommt, gibt es doch einen ernsten Hintergrund: Die Unkenntnis über die heimische Natur, Fauna und Flora sowie über ökologische Zusammenhänge ist allgegenwärtig und hat viele verschiedene Ursachen. Für Kinder bestehen heute nur noch selten Gelegenheiten, "draußen" zu spielen. Die Ablenkungen der modernen "Ersatzerlebniswelten" sind zu verführerisch. Außerdem verkommen Natur und Landschaft zunehmend zu einer grünen Kulisse für Freizeitaktivitäten. Viele Kinder kennen heute mehr Handyklingeltöne als Vogelstimmen, mehr Computerspiele als Wildpflanzen. Sind exotische Zootiere noch interessant, ist die Kenntnis heimischer Tier- und Pflanzenarten kaum mehr vorhanden, wenn nicht sogar ganz verschwunden. Mit wahrscheinlich fatalen Folgen für die Zukunft. Dabei wäre es einfach, denn kein Spielplatz, kein Computerspiel und kein Kinderzimmer kann Kindern (und Erwachsenen) einen so reichen Schatz an Erfahrungen und Eindrücken bieten wie die Natur vor der eigenen Haustür.

Mir gefällt es gut, das große Naturerlebnisbuch, das nur so vor Anregungen und Praxistipps strotzt. Und ich gebe mein Rezensionsexemplar gerne weiter an die Leiterinnen unserer Jugendgruppe, denn es ist allen Umweltpädagogen und Erziehern sehr zu empfehlen. Ganz sicher ist es aber ein Buch für alle naturerlebnishungrigen Eltern, die sich – gemeinsam mit ihren Kindern – endlich mal wieder auf das Abenteuer Natur einlassen wollen. Der günstige Preis macht es zudem für jedermann erschwinglich.