Wider dem Irrglauben
Kann zu viel Schlaf schaden? Haben Eltern hässliche Kinder genauso lieb wie hübsche? Bekommt man bei Kälte eher Grippe? Springen Kopfläuse von Kopf zu Kopf? Verklebt Kaugummi den Magen? Wissen Dicke, dass sie dick sind?
Fragen über Fragen, die Werner Bartens in seinem neuen Lexikon der Medizin-Irrtümer zu beantworten sucht. Zum zweiten Mal will er "Vorurteile, Halbwahrheiten und fragwürdige Behandlungen" ans Licht bringen. Offenbar soll das Bild eines Sargs auf dem Umschlag den potenziellen Käufer auf die außergewöhnliche Bedeutung des Lexikons aufmerksam machen, das schonungslos über lebensgefährliche Irrtümer in der Medizin aufklären will. Beim Durchblättern kommen die ersten Zweifel. Ist der Glaube, dass Enthaltsamkeit die Spermienqualität verbessert, wirklich lebensgefährlich?
Und man merkt: Auch wenn sich der Band "Lexikon" nennt und die Themen alphabetisch geordnet hintereinander stehen, ist er offenbar kein richtiges. So gibt es weder Systematik nach Querverweise. Dieses "Lexikon" soll von Anfang bis Ende durchgelesen werden. Zwar stößt man ab und zu auf Wiederholungen wie beispielsweise bei den Punkten "Alkohol – Alkohol erhöht das Krebsrisiko" und "Krebs – Das Krebsrisiko wird durch Alkoholkonsum erhöht", aber das geschieht nicht allzu oft. Die Themenauswahl ist geglückt.
Und so liest man mit Interesse etwa zweihundert leicht verständliche Artikel über Dinge aus der Medizin und ihren Randgebieten. Jeder folgt einem einfachen Schema. Ein Medizin-"Irrtum" – zum Beispiel "Bei Nasenbluten soll man den Kopf nach hinten legen" – wird in ein bis zwei Sätzen in Worte gefasst und dann in einem kurzen Text widerlegt. Zumeist räumt der Autor mit altem Irrglauben auf: Es ist eben nicht richtig, dass Warzen verschwinden, wenn man sie bespricht. Auch ist eine Gürtelrose, die den ganzen Rumpf umfasst, im Allgemeinen nicht lebensgefährlich.
Ab und zu kommen aber auch Zweifel an den Aussagen des Autors auf – zumal dieser nur sehr unzureichend dokumentiert, warum seine Behauptungen wahr sein sollen. Oft bezieht er sich auf eine einzige Studie, manchmal auch auf gar keine. Ebenso spärlich sind die Literaturhinweise. Manche der "Wahrheiten" des Buches widersprechen offensichtlich den erst kürzlich veröffentlichten Behauptungen einschlägiger medizinischer Fachliteratur. Beispiel: Verursacht Süßes wirklich keine Karies – wie Bartens glaubt? Oder stimmt, was Klaus Pieper im Deutschen Ärzteblatt vom 14. April 2006 schrieb? Dass "sämtliche Nahrungsmittel, die aus niedermolekularen Kohlenhydraten bestehen, potenziell kariogen" seien, das heißt Karies hervorrufen?
Und so befindet sich der Leser in einem Dilemma: Wem soll er Glauben schenken – dem Autor oder den anderen? Geradezu lebensgefährlich kann die Glaubensfrage sein, wenn es um die Krebsvorsorge geht. Es sei ein Irrtum, dass die Krebsvorsorge – insbesondere für Prostatakrebs – das Überleben verlängere, behauptet Bartens und widerspricht damit anderen Veröffentlichungen.
Wie dem auch sei – eines ist sicher: Im Bartens-Lexikon geht es zumeist gar nicht um Irrtum, sondern um ein altbekanntes Problem – dass sich die Erkenntnisse der Wissenschaft erst mit gewisser Verzögerung durchsetzen, manchmal auch gar nicht. Und es gibt etwas, das der Autor nicht berücksichtigt – dass naturwissenschaftliche Erkenntnis immer etwas Vorläufiges ist. In der Medizin liegen Ursachen und Wirkungen oft um Jahrzehnte auseinander. Möglicherweise werden sich auch einige der zurzeit für wahr gehaltenen Behauptungen Bartens einmal als falsch erweisen.
Fragen über Fragen, die Werner Bartens in seinem neuen Lexikon der Medizin-Irrtümer zu beantworten sucht. Zum zweiten Mal will er "Vorurteile, Halbwahrheiten und fragwürdige Behandlungen" ans Licht bringen. Offenbar soll das Bild eines Sargs auf dem Umschlag den potenziellen Käufer auf die außergewöhnliche Bedeutung des Lexikons aufmerksam machen, das schonungslos über lebensgefährliche Irrtümer in der Medizin aufklären will. Beim Durchblättern kommen die ersten Zweifel. Ist der Glaube, dass Enthaltsamkeit die Spermienqualität verbessert, wirklich lebensgefährlich?
Und man merkt: Auch wenn sich der Band "Lexikon" nennt und die Themen alphabetisch geordnet hintereinander stehen, ist er offenbar kein richtiges. So gibt es weder Systematik nach Querverweise. Dieses "Lexikon" soll von Anfang bis Ende durchgelesen werden. Zwar stößt man ab und zu auf Wiederholungen wie beispielsweise bei den Punkten "Alkohol – Alkohol erhöht das Krebsrisiko" und "Krebs – Das Krebsrisiko wird durch Alkoholkonsum erhöht", aber das geschieht nicht allzu oft. Die Themenauswahl ist geglückt.
Und so liest man mit Interesse etwa zweihundert leicht verständliche Artikel über Dinge aus der Medizin und ihren Randgebieten. Jeder folgt einem einfachen Schema. Ein Medizin-"Irrtum" – zum Beispiel "Bei Nasenbluten soll man den Kopf nach hinten legen" – wird in ein bis zwei Sätzen in Worte gefasst und dann in einem kurzen Text widerlegt. Zumeist räumt der Autor mit altem Irrglauben auf: Es ist eben nicht richtig, dass Warzen verschwinden, wenn man sie bespricht. Auch ist eine Gürtelrose, die den ganzen Rumpf umfasst, im Allgemeinen nicht lebensgefährlich.
Ab und zu kommen aber auch Zweifel an den Aussagen des Autors auf – zumal dieser nur sehr unzureichend dokumentiert, warum seine Behauptungen wahr sein sollen. Oft bezieht er sich auf eine einzige Studie, manchmal auch auf gar keine. Ebenso spärlich sind die Literaturhinweise. Manche der "Wahrheiten" des Buches widersprechen offensichtlich den erst kürzlich veröffentlichten Behauptungen einschlägiger medizinischer Fachliteratur. Beispiel: Verursacht Süßes wirklich keine Karies – wie Bartens glaubt? Oder stimmt, was Klaus Pieper im Deutschen Ärzteblatt vom 14. April 2006 schrieb? Dass "sämtliche Nahrungsmittel, die aus niedermolekularen Kohlenhydraten bestehen, potenziell kariogen" seien, das heißt Karies hervorrufen?
Und so befindet sich der Leser in einem Dilemma: Wem soll er Glauben schenken – dem Autor oder den anderen? Geradezu lebensgefährlich kann die Glaubensfrage sein, wenn es um die Krebsvorsorge geht. Es sei ein Irrtum, dass die Krebsvorsorge – insbesondere für Prostatakrebs – das Überleben verlängere, behauptet Bartens und widerspricht damit anderen Veröffentlichungen.
Wie dem auch sei – eines ist sicher: Im Bartens-Lexikon geht es zumeist gar nicht um Irrtum, sondern um ein altbekanntes Problem – dass sich die Erkenntnisse der Wissenschaft erst mit gewisser Verzögerung durchsetzen, manchmal auch gar nicht. Und es gibt etwas, das der Autor nicht berücksichtigt – dass naturwissenschaftliche Erkenntnis immer etwas Vorläufiges ist. In der Medizin liegen Ursachen und Wirkungen oft um Jahrzehnte auseinander. Möglicherweise werden sich auch einige der zurzeit für wahr gehaltenen Behauptungen Bartens einmal als falsch erweisen.
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