Wenn der Bär tobt
Im Mai und Juni 2006 war der Bär los in Deutschland – aber nicht nur wegen der beginnenden Fußballweltmeisterschaft: JJ1, auch genannt "Bruno", der Braunbär, bestimmte die Schlagzeilen der Presse und bewegte die Gemüter. Mit ihm kehrte erstmals nach 170 Jahren wieder ein Bär zurück nach Deutschland, wo er 1836 offiziell als ausgerottet deklariert wurde.
Anfänglich wurde Meister Petz noch freudig begrüßt, wie Josef Reichholf in seinem neuesten Buch "Der Bär ist los" die Geschehnisse Revue passieren lässt. Doch bald wendete sich die Stimmung gegen ihn – weniger in der breiten Masse der Bevölkerung und im überwiegenden Teil der Medien, als vielmehr in bestimmten Kreisen, die großen Beutegreifern von jeher wenig wohl gesonnen sind. Jäger und Bauern, vor allem Schafzüchter, störten sich an der Anwesenheit des jungen Männchens, das seinen Hunger bisweilen an Schafen, Hasen und Bienenstöcken stillte.
Bald hatten sie die Politik überzeugt, dass Bruno eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt – auch weil er mitunter Häusern und Siedlungen zu nahe kam: Der ursprünglich willkommene Bär wurde zum Problemtier, das entweder eingefangen oder erschossen werden musste. Am 26. Juni war es dann so weit: Mit zwei Schüssen erlegten Jäger das Tier an der Rotwand – nur wenige Stunden nach Ende seiner Schonfrist.
Scharfzüngig und mit spitzer Feder beschreibt der Münchner Professor und Leiter der Abteilung Wirbeltiere der Bayerischen Zoologischen Staatssammlung das Versagen der Politik und die ahnungslose, mitunter auch mutwillige Fehlinterpretation des Bärenverhaltens. Denn während die Bevölkerung Tieren wie Bär oder Elch – allerdings weniger dem Wolf – überwiegend Sympathie entgegenbringt, traf die Wiederkehr der großen Beutegreifer die Politik anscheinend völlig unvorbereitet. Und das obwohl sie in vielen unserer Nachbarstaaten bereits heimisch sind und dort mit entsprechendem Management und Schadensersatzregelungen gute Erfahrung gemacht wurden.
Doch bestünde eine zweite Chance für Braunbären und generell für Großtiere und Beutegreifer in Deutschland? Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein oder werden, damit Wolf, Luchs, Bär oder Elch hierzulande wieder einen Teil der heimischen Fauna bilden? Um dies zu beantworten, greift Reichholf weit in die Vergangenheit bis in die Eiszeit zurück, als Mensch und Braunbär in Europa wohl erstmals näher in Kontakt und Konkurrenz zueinander traten.
Er beschreibt die Verhältnisse in klassischen Bärenländern Europas und was diese von unserer eigenen Nation unterscheidet. Erklärt wird ebenfalls, warum wir gerade Bären mit so viel Sympathie begegnen (etwa in Form von Teddys oder auch Gummibärchen), während der Wolf einen deutlich schlechteren Stand hat – trotzdem er enger Verwandter unseres Haushundes ist und seit Jahrzehnten selbst in Gebieten mit hoher Wolfsdichte keine heiklen Situationen mit Menschen bekannt wurden. Viele Geschichten sind einfach überkommene oder erfundene Schauermärchen.
Da hier seit Jahrhunderten schon Bär und Wolf ausgerottet sind oder allenfalls extrem selten vorkommen, sind Mensch und Politik nur sehr unzureichend mit diesen Tieren und ihrem Verhalten vertraut. Als eines der Grundübel hierzulande sieht Reichholf auch die besondere Stellung der Jagd in der Gesetzgebung und Landnutzung, die viel zu wenig die Interessen der breiten Bevölkerungsschicht widerspiegelt als vielmehr überkommene feudalistische Strukturen, die sich – zumindest in Teilen – immer noch mehr der Hege und den Trophäen verpflichtet fühlt. Auf der Strecke bleiben dabei unter anderem der Waldschutz und die Artenvielfalt, wozu auch weitere Beispiele wie die verfemtem Luchse, Füchse oder Greifvögel herangezogen werden.
Reichholf prangert an, dass mitunter Unsummen für überflüssige Agrarsubventionen verpulvert werden, um etwa Überproduktion zu vernichten. Gleichzeitig gönnt man dem Biber nicht die wenigen Zuckerrüben vom Acker oder Erlen am Flusslauf.
Es ist allerdings nicht alles schwarz in diesem Gedankengebäude. Vielmehr besteht eine echte Chance, dass Wölfe (wie in Sachsen), Luchse (wie in Bayern oder Baden-Württemberg), Bartgeier (wie in Österreich) und natürlich auch Bären wieder in Deutschland verbreiteter heimisch werden und unsere Natur bereichern. Diese Chance gewährt uns unter anderem die Entwicklung in Osteuropa wie in Österreich, wo es heute alle – oder zumindest viele – dieser Arten in guten Beständen gibt.
Und auch wenn bisweilen der rote Faden in den Ausführungen etwas abhanden kommt, so ist das Buch doch sehr lesenswert und steckt voller Wortwitz wie interessanter Fakten. "Der Bär ist los" ist ein gelungenes Plädoyer für die Rückkehr von Bär und Co nach Deutschland.
Anfänglich wurde Meister Petz noch freudig begrüßt, wie Josef Reichholf in seinem neuesten Buch "Der Bär ist los" die Geschehnisse Revue passieren lässt. Doch bald wendete sich die Stimmung gegen ihn – weniger in der breiten Masse der Bevölkerung und im überwiegenden Teil der Medien, als vielmehr in bestimmten Kreisen, die großen Beutegreifern von jeher wenig wohl gesonnen sind. Jäger und Bauern, vor allem Schafzüchter, störten sich an der Anwesenheit des jungen Männchens, das seinen Hunger bisweilen an Schafen, Hasen und Bienenstöcken stillte.
Bald hatten sie die Politik überzeugt, dass Bruno eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt – auch weil er mitunter Häusern und Siedlungen zu nahe kam: Der ursprünglich willkommene Bär wurde zum Problemtier, das entweder eingefangen oder erschossen werden musste. Am 26. Juni war es dann so weit: Mit zwei Schüssen erlegten Jäger das Tier an der Rotwand – nur wenige Stunden nach Ende seiner Schonfrist.
Scharfzüngig und mit spitzer Feder beschreibt der Münchner Professor und Leiter der Abteilung Wirbeltiere der Bayerischen Zoologischen Staatssammlung das Versagen der Politik und die ahnungslose, mitunter auch mutwillige Fehlinterpretation des Bärenverhaltens. Denn während die Bevölkerung Tieren wie Bär oder Elch – allerdings weniger dem Wolf – überwiegend Sympathie entgegenbringt, traf die Wiederkehr der großen Beutegreifer die Politik anscheinend völlig unvorbereitet. Und das obwohl sie in vielen unserer Nachbarstaaten bereits heimisch sind und dort mit entsprechendem Management und Schadensersatzregelungen gute Erfahrung gemacht wurden.
Doch bestünde eine zweite Chance für Braunbären und generell für Großtiere und Beutegreifer in Deutschland? Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein oder werden, damit Wolf, Luchs, Bär oder Elch hierzulande wieder einen Teil der heimischen Fauna bilden? Um dies zu beantworten, greift Reichholf weit in die Vergangenheit bis in die Eiszeit zurück, als Mensch und Braunbär in Europa wohl erstmals näher in Kontakt und Konkurrenz zueinander traten.
Er beschreibt die Verhältnisse in klassischen Bärenländern Europas und was diese von unserer eigenen Nation unterscheidet. Erklärt wird ebenfalls, warum wir gerade Bären mit so viel Sympathie begegnen (etwa in Form von Teddys oder auch Gummibärchen), während der Wolf einen deutlich schlechteren Stand hat – trotzdem er enger Verwandter unseres Haushundes ist und seit Jahrzehnten selbst in Gebieten mit hoher Wolfsdichte keine heiklen Situationen mit Menschen bekannt wurden. Viele Geschichten sind einfach überkommene oder erfundene Schauermärchen.
Da hier seit Jahrhunderten schon Bär und Wolf ausgerottet sind oder allenfalls extrem selten vorkommen, sind Mensch und Politik nur sehr unzureichend mit diesen Tieren und ihrem Verhalten vertraut. Als eines der Grundübel hierzulande sieht Reichholf auch die besondere Stellung der Jagd in der Gesetzgebung und Landnutzung, die viel zu wenig die Interessen der breiten Bevölkerungsschicht widerspiegelt als vielmehr überkommene feudalistische Strukturen, die sich – zumindest in Teilen – immer noch mehr der Hege und den Trophäen verpflichtet fühlt. Auf der Strecke bleiben dabei unter anderem der Waldschutz und die Artenvielfalt, wozu auch weitere Beispiele wie die verfemtem Luchse, Füchse oder Greifvögel herangezogen werden.
Reichholf prangert an, dass mitunter Unsummen für überflüssige Agrarsubventionen verpulvert werden, um etwa Überproduktion zu vernichten. Gleichzeitig gönnt man dem Biber nicht die wenigen Zuckerrüben vom Acker oder Erlen am Flusslauf.
Es ist allerdings nicht alles schwarz in diesem Gedankengebäude. Vielmehr besteht eine echte Chance, dass Wölfe (wie in Sachsen), Luchse (wie in Bayern oder Baden-Württemberg), Bartgeier (wie in Österreich) und natürlich auch Bären wieder in Deutschland verbreiteter heimisch werden und unsere Natur bereichern. Diese Chance gewährt uns unter anderem die Entwicklung in Osteuropa wie in Österreich, wo es heute alle – oder zumindest viele – dieser Arten in guten Beständen gibt.
Und auch wenn bisweilen der rote Faden in den Ausführungen etwas abhanden kommt, so ist das Buch doch sehr lesenswert und steckt voller Wortwitz wie interessanter Fakten. "Der Bär ist los" ist ein gelungenes Plädoyer für die Rückkehr von Bär und Co nach Deutschland.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben