Einladung zum Verweilen
Schon die Zeitgenossen attestierten Albrecht Dürer eine breit gefächerte Bildung – und die ist auch bei der Lektüre des Buchs von Rolf Vollmann hilfreich und erhöht zudem das Lesevergnügen. In seinem neuesten Werk beschäftigt sich der Autor, der spätestens seit "Die wunderbaren Falschmünzer" aus dem Jahr 1997 als "Meister des literarischen Essays" einem größeren Publikum bekannt ist, mit Dürers Kupferstichwerk. Er geht dabei bewusst nicht wie ein Kunsthistoriker vor, vielmehr sieht sich Vollmann jedes einzelne Blatt genau an, beschreibt das Gesehene – und hängt ihm spontan in den Sinn kommende Stellen aus der Weltliteratur oder ganz persönliche Gedankengänge und Erinnerungen an. Diese Assoziationen sind meist überraschend, oft höchst unterhaltsam, bisweilen allerdings schwer nachvollziehbar.
Dürers Ruhm als Künstler beruht bis heute auch auf der hervorragenden Qualität seiner Kupferstiche. Im zweiten Band von "Der Dürer Verführer" laden genau 100 Stiche – die meisten davon in Originalgröße – zum Betrachten und Genießen ein. Dabei sei durchaus empfohlen, eine Lupe zur Hand zu nehmen, um die zahlreichen Details in Dürers Werken erkunden zu können. Vollmanns Texte lassen sich parallel zur Bildbetrachtung, vorab als Inspiration für eigene Ideen oder im Anschluss an das eigene Bildstudium lesen.
"Der Dürer Verführer" ist kein kunsthistorisches Werk im klassischen Sinn, sondern ein Buch für Liebhaber der Sprache und für Bibliophile – vor allem für ein anspruchsvolles Publikum mit kulturhistorisch-literarischem Vorwissen. Nichtsdestoweniger: Sich in die Bilder und die Lektüre zu vertiefen, regt wunderbar zum Nachdenken über Kunst an.
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