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Bellos Bewusstsein

Kann Ihr Hund denken? Versteht er Ihre Worte vielleicht ähnlich gut wie ein kleines Kind? Oder sind Tiere, wie es der französische Philosoph Descartes formulierte, im Gegensatz zum Menschen "bloße Automaten, geistlose Lebewesen, die nur auf einer etwas höheren Stufe stehen als Pflanzen"? Bestimmt nicht, hätte wohl der Verhaltensbiologe Konrad Lorenz entgegnet, der an eine Art Vorstufe des Bewusstseins glaubte – beispielsweise bei Schimpansen, die einsichtiges Verhalten zeigen.

Die Frage, inwieweit Tiere einen Geist besitzen, beschäftigt Forscher und Philosophen schon lange. Sie besitzt zudem nicht nur akademische Brisanz: Würden wir positiv entscheiden, müssten wir Tieren vielleicht einen ähnlichen Status zuschreiben wie uns selbst – mit gleichen Rechten. Wenn auch die Autoren des von den Berliner Philosophen Dominik Perler und Markus Wild herausgegebenen Buchs "Der Geist der Tiere" diese Diskussion letztlich nicht erschöpfend führen, liefern sie doch viele interessante Aspekte über das wahre Ich von Menschenaffen oder vierbeinigen Gefährten.

Die meisten Autoren im Buch zeigen sich einig darüber, dass zumindest bestimmte Tierarten über eine Form von Bewusstsein verfügen. Der Vorstellung Descartes', derzufolge Sprache eine notwendige Bedingung für das Bewusstsein sei, erteilen sie dagegen eine eindeutige Abfuhr. Zwar gebe es keine allgemein gültigen Kriterien, nach denen man feststellen könne, ob die geliebte Miezekatze ihrer selbst bewusst sei, erklären die Herausgeber. Doch verfügten Tiere zumindest nach Ansicht des Philosophen Hans-Johann Glock über einfache kognitive Fähigkeiten. Allerdings seien ihre Gedanken beschränkt und formten ein viel kleineres Begriffsnetzwerk.

John Searle lehnt Descartes' Position ebenfalls ab: Kleinkinder hätten schließlich auch ein Bewusstsein, noch bevor sie überhaupt einer Sprache mächtig seien. Es handele sich also um einen biologischen und sprachunabhängigen Vorgang, der in menschlichen und auch bestimmten tierischen Gehirnen vorkommt, schreibt der amerikanische Philosoph. Klar scheint: Ob Tiere einen Geist haben, ist keine Frage von schwarz oder weiß – vielmehr sind "verschiedene Arten von Geist" denkbar. Weit gehend akzeptiert sind deshalb auch Stufenmodelle, nach denen es bei Tieren alternative Ausprägungen von "Bewusstsein" gibt: beispielsweise von der Erlebniswelt einer Schnecke bis hin zu mentalen Repräsentationen, in denen etwa Informationen über eine neue Futterquelle gespeichert und auf fremde Situationen übertragen werden können.

Was den philosophisch interessierten Leser an dem Buch am meisten faszinieren dürfte, deuten die Herausgeber in der Einführung selbst an: Wir lernen über uns selbst weitaus mehr, wenn wir nicht nur den menschlichen Geist, sondern auch den von Tieren erforschen und die Ergebnisse miteinander vergleichen. Damit wird zwar das Alleinstellungsmerkmal des Homo sapiens in Frage gestellt – aber andererseits auch der Versuchung, uns als Krone der Schöpfung anzusehen, ein Riegel vorgeschoben.
  • Quellen
Gehirn&Geist 7–8/2005

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