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Zu Tisch, bitte

Die Gaumengenüsse sind es, die Tom Standage umtreiben. Schon in "Sechs Getränke, die die Welt bewegten" führte uns der englische Wissenschaftsjournalist vor Augen, dass mit dem Bierbrauen die Zivilisation begann und dass es ohne Kaffee keine Französische Revolution gegeben hätte. Nun also das Essen.

"Im Lauf der Geschichte hat das Essen weit mehr bewirkt, als nur für Nahrung zu sorgen", schreibt der Autor zur Einführung. "Es fungierte als Katalysator des sozialen Wandels, der gesellschaftlichen Organisation, des geopolitischen Wettbewerbs, der industriellen Entwicklung, der militärischen Konflikte und der wirtschaftlichen Expansion." Um diese Aussage zu belegen, nimmt uns Standage mit auf eine Zeitreise.

Wir erleben den Übergang des Menschen vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern, der mit seinen Überschüssen die Entstehung der ersten Hochkulturen ermöglicht. Wir folgen der Entwicklung des Gewürzhandels von der Antike bis zum Ende des Mittelalters, als das Gewürzmonopol arabischer Händler Europas Seefahrer auf die Meere trieb, um neue Han- delsrouten und schließlich sogar eine neue Welt zu entdecken. Und wir erfahren, dass die Industrialisierung Großbritanniens nicht allein von der Dampfmaschine befeuert wurde, sondern dass Kartoffeln und Zucker eine ebenso große Rolle gespielt haben. Nahrung als Waffe und die Folgen der industrialisierten Landwirtschaft unserer Tage sind weitere The- men des Buchs.

Das alles ist gut recherchiert und fesselnd erzählt. Einen kleinen Wermutstropfen bildet allenfalls die Tatsache, dass Standage zwar Vergangenheit und Gegenwart kenntnisreich beschreibt, sich aber nicht wirklich an einen Ausblick auf mögliche künftige Entwicklungen wagt – trotz eines fünfseitigen Epilogs mit dem Titel "Zutaten der Zukunft". Hier wäre etwa ein Blick auf den schon heute kontrovers diskutierten Trend hin zu gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln interessant gewesen – umso mehr, als der Autor in Interviews klar Position zu diesem Thema bezogen hat. Trotz diese kleinen Mankos ein Buch, dessen Lektüre sich lohnt.

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  • Quellen
epoc 4/2010

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