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Vom geistigen Wesen der Musik

Kennen Sie den schon? Nein, jetzt kommt kein Witz, sondern die Frage, ob Sie schon einmal etwas von einem Musikinstinkt gehört haben? Sollten Sie jetzt den Kopf geschüttelt haben, dann ist es Ihnen so ergangen wie mir. Ich kannte dieses Phänomen auch nicht. Mit Instinkt habe ich bis dahin immer andere Dinge verbunden: den Mutterinstinkt, den Urinstinkt und so weiter. Umso neugieriger machte es mich, den "Musik-Instinkt" von Daniel Levitin.

Der weltbekannte Produzent hat sich in seinem Buch auf die Suche nach Erklärungsansätzen aus der Neurowissenschaft und der Psychologie gemacht, um diesen Instinkt näher zu beleuchten. Zur Lösung dieser Aufgabe bringt Levitin die richtigen Voraussetzungen mit: Er ist nicht nur Musikproduzent, sondern auch Professor für Psychologie und Neurowissenschaften.

Als junger Musikproduzent hatte er viele Fragen, die ihm erst beantwortet wurden, als Vorlesungen im Bereich der Neurowissenschaften besuchte. Er wollte beispielsweise wissen, warum einige Musiker erfolgreich waren, andere wieder nicht. Warum manchen Menschen das Musizieren so leicht fällt oder bestimmte Musik nur ganz bestimmte Menschen bewegt. Oder welche Rolle die Wahrnehmung in diesem Prozess und den Fähigkeiten, Töne zu erkennen, zu unterscheiden und Fehler zu erkennen, spielt.

Deshalb widmete sich Levitin erneut der "Schulbank" und schrieb sich an der Stanford University für Vorlesungen mit dem Schwerpunkt Neuropsychologie ein. Nach erfolgreichem Abschluss und nunmehr erlangter Professur, konnte er mit seinen Forschungen einen Meilenstein setzen: Er und seine Kollegen zeigten, dass die "Musikbahnen" im Gehirn, nicht – wie früher angenommen – nur in der rechten Gehirnhälfte zu finden sind, sondern sich durch den gesamten Denkapparat ziehen.

Musikliebhaber wie Sie und ich hören Musik und erkennen den Unterschied zwischen einem Jazzstück und einem klassischen Werk. Dennoch behaupten wir oft, wir würden nichts von Musik verstehen. In diesem Buch soll aufgeklärt und gezeigt werden, was Musik tatsächlich in unserem Gehirn auslöst und mit welchen anderen Tätigkeiten man es vergleichen kann? In neun Kapiteln, zwei Anhängen, sowie einem ausführlichen Literaturverzeichnis begleitet uns der Autor auf einen Weg mit vielen Abzweigungen, in denen es um die Berührungspunkte zwischen Musik- und Neurowissenschaften geht.

"Was ist Musik?" führt den Leser in die Musikwissenschaft ein. Er erfährt etwas über den Unterschied zwischen Ton, Klang, Klangfarbe oder Noten, gefolgt vom Rhythmus und dessen Wahrnehmung, deren viele Einzelheiten manchem Nicht-Musiker wohl recht fremd erscheinen dürften. Doch dieser Abschnitt zeigt auch schön, dass jede Kultur, jede Zivilisation ihre eigenen Rhythmen hat, denn das bedeutet nichts anderes, als sich zur Musik zu bewegen. Die Musik an sich und alles, was man dazu wissen muss, wird einem in diesen Texten näher gebracht.

"Hinter die Kulissen" bietet einen Rundumschlag zu Musik und Geist, der den Aufbau des Gehirns und der Sinne zum Inhalt hat und wie Neuronen und Hirnareale zusammenwirken. In weiteren Kapiteln geht es um die Neurobiologie der musikalischen Struktur und Erwartung, um Gehirnmechanismen, die den Gefühlen und Erinnerungen zugrunde liegen, um Lieblingslieder und natürlich wie sich unsere Musikalität im Laufe der Evolution entwickelt hat. Das "Woher kommt die Musik?" wird am Ende beantwortet: Nach Darwins Auffassung entwickelte sich die Musik durch natürliche Selektion als Bestandteil der Liebeswerbung. Diese Theorie unterstützt Levitin und stellt dar, dass zum Hervorrufen von Emotionen und Gefühlen, Sprache wichtig ist, aber die Musik der Sprache doch überlegen ist – die Kombination von Sprache und Musik ist letztlich dann unübertroffen.

Immer wieder schlägt Levitin Brücken zur Gehirnforschung: So ist für das Spielen eines Instrumentes das Zusammenwirken von Regionen in unserem primitiven Reptiliengehirn und den höheren kognitiven Systemen notwendig. Und die Wechselwirkung zwischen körperlichen Gesten und Tönen ruft beim Musiker Emotionen hervor, die wohl dem jeweiligen Hirnzustand des Musikers entsprechen. Gefühle sind auch ein gutes Stichwort, deshalb möchte ich mit einem Zitat aus dem Buch enden: "Wenn wir verstehen wollen, warum wir Musik mögen und uns durch sie angezogen fühlen, erhalten wir Einblick in die innerste Natur des Menschen." Das Buch kann dabei ein nützlicher Begleiter sein.

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