Reise-, Natur- und Kulturführer in einem
Bruno P. Kremer lehrt seit 1980 am Institut für Biologie und ihre Didaktik der Universität Köln und ist seit Langem bekannt als Autor zahlreicher Bücher zum Fach. Mit "Der Rhein – Von den Alpen bis zur Nordsee" bietet er eine "Freizeitlektüre für Naturfreunde" und schafft es, anspruchsvolle Themen wie Hydrologie und Geologie, Botanik und Zoologie anschaulich und leicht verständlich darzustellen. So umfassend, unterhaltsam und allgemein bildend ist keines der vielen anderen Werke zum Thema.
Kremer beginnt mit einem kulturhistorischen Überblick. Schließlich ist der Rhein kein deutscher, sondern ein europäischer Fluss: Von der Quelle bis zur Mündung durchfließt er vier Staaten, streift zwei und empfängt Wasser aus drei weiteren. Autobahnen und Schienen folgen seinem Verlauf, Ballungsräume und Industriekonzerne haben sich an seinen Ufern angesiedelt. Trotzdem ziehen noch manche Städte, darunter Mainz und Köln, Trinkwasser aus seinem Uferfiltrat. Und vom Bodensee leitet man Trinkwasser bis nach Stuttgart, von wo es als Abwasser in den Neckar und über diesen Nebenfluss wieder in den Rhein gelangt.
Mit seiner Gliederung folgt der Autor – ausgehend von den beiden Quellgebieten – den verschiedenen Abschnitten des Rheins. Dabei bringt er immer wieder verblüffende Fakten: So sammelt der Rhein bis zur Mündung in den Bodensee das Schmelzwasser von etwa 150 Alpengletschern ein. Die Größe des Bodensees veranschaulicht Kremer mit dem Hinweis, dass man von Bregenz aus die Dächer von Konstanz nicht erkennen kann, weil sich das Bodenseewasser unterwegs rund 80 Meter hoch aufwölbt; das andere Ufer liegt unter dem Horizont.
Wie eine Landschaft durch geologische Veränderungen entsteht und wie sie durch den Menschen modifiziert wird, sieht man am besten am Beispiel des Oberrheingrabens. Zwischen Basel und Mainz durchströmt der Rhein einen Abschnitt des mitteleuropäischen Rifts, eines 2000 Kilometer langen Sprungs in der Erdkruste. Das bezeugen gleichartige geologische Strukturen auf beiden Seiten der Bruchkante: Vogesen und Schwarzwald sowie Pfälzer Wald und Odenwald; auch der Vulkanismus, der den Kaiserstuhl bei Freiburg erzeugt hat, ist ein Zeichen für die bewegte Erdgeschichte. Anschauliche Diagramme erleichtern das Verständnis dieser komplexen Zusammenhänge.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts erstreckte sich im Oberrheingraben eine weite Auenlandschaft; der Fluss war in unzählige Seitenarme aufgefasert und Malariagebiet. Der badische Strombaudirektor Johann Gottfried Tulla (1770 – 1828) begann 1817 mit der Begradigung dieses Flussabschnitts, die erst 50 Jahre später abgeschlossen war. Der Oberrhein wurde so um 80 Kilometer verkürzt. Anfang des 20. Jahrhunderts konnte auf dem Wasserweg Ruhrkohle von Duisburg bis nach Basel verschifft werden.
Heute sind 95 Prozent des ursprünglichen Auenraums zerstört. Doch kleine, aber feine Naturschutzgebiete erinnern an die ehemaligen Vegetationsstrukturen. Noch heute findet man dort eine an Überschwemmungen und wechselnde Fließgeschwindigkeiten angepasste Flora und Fauna, die Kremer mit vielen Fotografien veranschaulicht. In farbig unterlegten Kästen weist er immer wieder auf Informationszentren, Führungen in den Naturschutzgebieten, Radwanderwege, Aussichtspunkte oder Ähnliches hin. Ganz anders präsentiert sich der Strom im nächsten Abschnitt, dem »romantischen« Mittelrhein. Hier erklärt der Autor die Geologie und Biologie des Rheinischen Schiefergebirges und die Flora und Fauna der warmen und sonnigen Trockenhänge.
Am Niederrhein hat der Fluss die Mittelgebirge endgültig verlassen und wird wieder von Rheinauen und Auenwäldern begleitet. Der Bergbau beeinflusst spürbar die Landschaft: Hier ist "Bergsenkungsgebiet", und die Geländesenkungen erweitern die Auenlandschaft mit deutlichen Folgen für Schifffahrt und Deichanlagen. Kapitel über die Mündung in einem Delta, über Hydrologie und historische und aktuelle Aspekte der Rheinschifffahrt runden das Buch ab.
Mit dem Layout bin ich nicht immer glücklich: Die Abbildungen stehen zum Teil zu weit vom entsprechenden Text entfernt, und man muss hin und her blättern. Gut finde ich die farblich abgesetzten Informationskästen mit Exkursen oder Hinweisen auf Museen und Sehenswürdigkeiten.
Bruno P. Kremer gelingt es immer wieder, den Leser zu überraschen, zum Beispiel mit der Erklärung, wo, wie und warum zeitweilig Donauwasser in den Rhein abfließt. Indem er Ursachen und Folgen darlegt, macht er auch dem naturwissenschaftlichen Laien komplexe Zusammenhänge offenkundig. Für mich ist das Buch Reise-, Natur- und Kulturführer in einem.
Eigentlich sollte ich mich am Rhein auskennen – ich bin dort geboren, und diffuse Erinnerungen an den Heimatkundeunterricht an einer Mannheimer Grundschule blitzen zwischendurch wieder auf. Doch wie blind habe ich viele Phänomene bisher betrachtet! Mit dem hier vermittelten Hintergrundwissen kann man auf einen Blick begreifen, wie sich die theoretischen naturwissenschaftlichen Phänomene in der jeweiligen Landschaft offenbaren und welche Biotope, Pflanzen- und Tiergesellschaften sich daraus zwangsläufig ergeben.
Kremer beginnt mit einem kulturhistorischen Überblick. Schließlich ist der Rhein kein deutscher, sondern ein europäischer Fluss: Von der Quelle bis zur Mündung durchfließt er vier Staaten, streift zwei und empfängt Wasser aus drei weiteren. Autobahnen und Schienen folgen seinem Verlauf, Ballungsräume und Industriekonzerne haben sich an seinen Ufern angesiedelt. Trotzdem ziehen noch manche Städte, darunter Mainz und Köln, Trinkwasser aus seinem Uferfiltrat. Und vom Bodensee leitet man Trinkwasser bis nach Stuttgart, von wo es als Abwasser in den Neckar und über diesen Nebenfluss wieder in den Rhein gelangt.
Mit seiner Gliederung folgt der Autor – ausgehend von den beiden Quellgebieten – den verschiedenen Abschnitten des Rheins. Dabei bringt er immer wieder verblüffende Fakten: So sammelt der Rhein bis zur Mündung in den Bodensee das Schmelzwasser von etwa 150 Alpengletschern ein. Die Größe des Bodensees veranschaulicht Kremer mit dem Hinweis, dass man von Bregenz aus die Dächer von Konstanz nicht erkennen kann, weil sich das Bodenseewasser unterwegs rund 80 Meter hoch aufwölbt; das andere Ufer liegt unter dem Horizont.
Wie eine Landschaft durch geologische Veränderungen entsteht und wie sie durch den Menschen modifiziert wird, sieht man am besten am Beispiel des Oberrheingrabens. Zwischen Basel und Mainz durchströmt der Rhein einen Abschnitt des mitteleuropäischen Rifts, eines 2000 Kilometer langen Sprungs in der Erdkruste. Das bezeugen gleichartige geologische Strukturen auf beiden Seiten der Bruchkante: Vogesen und Schwarzwald sowie Pfälzer Wald und Odenwald; auch der Vulkanismus, der den Kaiserstuhl bei Freiburg erzeugt hat, ist ein Zeichen für die bewegte Erdgeschichte. Anschauliche Diagramme erleichtern das Verständnis dieser komplexen Zusammenhänge.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts erstreckte sich im Oberrheingraben eine weite Auenlandschaft; der Fluss war in unzählige Seitenarme aufgefasert und Malariagebiet. Der badische Strombaudirektor Johann Gottfried Tulla (1770 – 1828) begann 1817 mit der Begradigung dieses Flussabschnitts, die erst 50 Jahre später abgeschlossen war. Der Oberrhein wurde so um 80 Kilometer verkürzt. Anfang des 20. Jahrhunderts konnte auf dem Wasserweg Ruhrkohle von Duisburg bis nach Basel verschifft werden.
Heute sind 95 Prozent des ursprünglichen Auenraums zerstört. Doch kleine, aber feine Naturschutzgebiete erinnern an die ehemaligen Vegetationsstrukturen. Noch heute findet man dort eine an Überschwemmungen und wechselnde Fließgeschwindigkeiten angepasste Flora und Fauna, die Kremer mit vielen Fotografien veranschaulicht. In farbig unterlegten Kästen weist er immer wieder auf Informationszentren, Führungen in den Naturschutzgebieten, Radwanderwege, Aussichtspunkte oder Ähnliches hin. Ganz anders präsentiert sich der Strom im nächsten Abschnitt, dem »romantischen« Mittelrhein. Hier erklärt der Autor die Geologie und Biologie des Rheinischen Schiefergebirges und die Flora und Fauna der warmen und sonnigen Trockenhänge.
Am Niederrhein hat der Fluss die Mittelgebirge endgültig verlassen und wird wieder von Rheinauen und Auenwäldern begleitet. Der Bergbau beeinflusst spürbar die Landschaft: Hier ist "Bergsenkungsgebiet", und die Geländesenkungen erweitern die Auenlandschaft mit deutlichen Folgen für Schifffahrt und Deichanlagen. Kapitel über die Mündung in einem Delta, über Hydrologie und historische und aktuelle Aspekte der Rheinschifffahrt runden das Buch ab.
Mit dem Layout bin ich nicht immer glücklich: Die Abbildungen stehen zum Teil zu weit vom entsprechenden Text entfernt, und man muss hin und her blättern. Gut finde ich die farblich abgesetzten Informationskästen mit Exkursen oder Hinweisen auf Museen und Sehenswürdigkeiten.
Bruno P. Kremer gelingt es immer wieder, den Leser zu überraschen, zum Beispiel mit der Erklärung, wo, wie und warum zeitweilig Donauwasser in den Rhein abfließt. Indem er Ursachen und Folgen darlegt, macht er auch dem naturwissenschaftlichen Laien komplexe Zusammenhänge offenkundig. Für mich ist das Buch Reise-, Natur- und Kulturführer in einem.
Eigentlich sollte ich mich am Rhein auskennen – ich bin dort geboren, und diffuse Erinnerungen an den Heimatkundeunterricht an einer Mannheimer Grundschule blitzen zwischendurch wieder auf. Doch wie blind habe ich viele Phänomene bisher betrachtet! Mit dem hier vermittelten Hintergrundwissen kann man auf einen Blick begreifen, wie sich die theoretischen naturwissenschaftlichen Phänomene in der jeweiligen Landschaft offenbaren und welche Biotope, Pflanzen- und Tiergesellschaften sich daraus zwangsläufig ergeben.
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