Die Weisheit des Körpers
Emotionen und Gefühle sind keineswegs funktionslos gewordene Überbleibsel der Evolution, ohne die es sich genauso gut leben ließe. Erst recht sind sie nicht die ewigen Widersacher der Vernunft, die dem klaren Denken im Wege stünden. Im Gegenteil: Emotionen und Gefühle weisen dem rationalen Denken und Handeln überhaupt erst den Weg – wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, haben sie stets das erste und letzte Wort.
Der US-Neurologe Antonio Damasio hat mit seinem Buch "Descartes' Irrtum" aus dem Jahr 1998 bereits viel zur Klärung dieser Zusammenhänge beigetragen. In seinem nächsten Werk, "Ich fühle, also bin ich" (2000), ließ er sich auf das waghalsige Unternehmen ein, die Entstehung des Selbst und seiner Vorstufen ausschließlich neurologisch zu erklären. Nach seiner Theorie schlagen sich Veränderungen des körperlichen Zustands im Gehirn nieder – und zwar in Gestalt dynamischer neuronaler Muster, die nichts anderes sind als Emotionen. Die Gesamtheit dieser Muster machen das unbewusste Proto-Selbst aus, das die unablässigen Zustandsänderungen des Organismus zum Ausdruck bringt. Ein primitives Kernbewusstsein soll schließlich dadurch entstehen, dass das Gehirn über die Wandlungen des Proto-Selbst regelmäßig Bericht erstattet. Diese Berichte, die die Form von neuronalen Mustern einer höheren Ordnung haben, setzt Damasio kurzerhand mit den Gefühlen gleich.
In seinem neuesten Buch befasst sich Damasio nun mit den Emotionen und Gefühlen selbst. Er will klären, wie sie funktionieren und wie sie entstehen, in welchen Verhältnis sie zueinander stehen und wozu sie nützlich sind. Der Dreh- und Angelpunkt seiner Überlegungen ist die These, dass die Emotionen dem Körper zuzuordnen sind, die Gefühle dagegen dem Geist.
Die somatosensorischen Regionen des Gehirns empfangen pausenlos chemische und elektrische Signale, die über die Blut- und Nervenbahnen übertragen werden. Diese Signale verwendet das Gehirn dazu, neuronale Karten anzufertigen, die mehr oder weniger getreu abbilden, was im Innern des Organismus vor sich geht. Diese Karten sind in Damasios Augen die Grundlage der Emotionen, die es dem Organismus ermöglichen, potenziell schädlichen Umweltreizen aus dem Weg zu gehen, und solche zu suchen, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat.
Die Emotionen lösen zwar schnelle und effektive, aber reichlich stereotype Reaktionen aus. Anders die Gefühle: Sie werden laut Damasio vom Gehirn erzeugt, indem es die emotional bewerteten inneren und äußeren Reize in die Sprache des Geistes übersetzt. Dabei wird der Apparat der Emotionen in Vorstellungen und Gedanken transformiert, die im Gedächtnis gespeichert und beliebig manipuliert werden können. Mit den Gefühlen, die aus diesem Prozess hervorgehen, können auch Entscheidungen gefällt werden, die ein hohes Maß an Voraussicht, Flexibilität und Kreativität verlangen.
Ob Emotionen und Gefühle tatsächlich verschiedenen "Etagen" des Ichs und damit verschiedenen Etappen der Evolutionsgeschichte zuzuordnen sind, sei dahingestellt. Damsio behandelt allerdings auch soziale Gefühle wie Scham, Schuld, Trauer oder Stolz so, als wäre alles an ihnen Natur und nichts kulturell bedingt.
Außerdem verliert der Leser nicht zuletzt auch bei der Nomenklatur leicht den Überblick: Sind Emotionen nun Reaktionen, Wahrnehmungen, Handlungsanweisungen, neuronale Muster oder Karten? Oder alles auf einmal? Trotzdem: Damasio verfolgt mit seinem Buch ein ehrgeiziges Ziel – schon dafür gebührt ihm Anerkennung. Und die Lektüre ist auch für den ein Gewinn, der nichts von Spinoza oder Neurobiologie versteht.
Der US-Neurologe Antonio Damasio hat mit seinem Buch "Descartes' Irrtum" aus dem Jahr 1998 bereits viel zur Klärung dieser Zusammenhänge beigetragen. In seinem nächsten Werk, "Ich fühle, also bin ich" (2000), ließ er sich auf das waghalsige Unternehmen ein, die Entstehung des Selbst und seiner Vorstufen ausschließlich neurologisch zu erklären. Nach seiner Theorie schlagen sich Veränderungen des körperlichen Zustands im Gehirn nieder – und zwar in Gestalt dynamischer neuronaler Muster, die nichts anderes sind als Emotionen. Die Gesamtheit dieser Muster machen das unbewusste Proto-Selbst aus, das die unablässigen Zustandsänderungen des Organismus zum Ausdruck bringt. Ein primitives Kernbewusstsein soll schließlich dadurch entstehen, dass das Gehirn über die Wandlungen des Proto-Selbst regelmäßig Bericht erstattet. Diese Berichte, die die Form von neuronalen Mustern einer höheren Ordnung haben, setzt Damasio kurzerhand mit den Gefühlen gleich.
In seinem neuesten Buch befasst sich Damasio nun mit den Emotionen und Gefühlen selbst. Er will klären, wie sie funktionieren und wie sie entstehen, in welchen Verhältnis sie zueinander stehen und wozu sie nützlich sind. Der Dreh- und Angelpunkt seiner Überlegungen ist die These, dass die Emotionen dem Körper zuzuordnen sind, die Gefühle dagegen dem Geist.
Die somatosensorischen Regionen des Gehirns empfangen pausenlos chemische und elektrische Signale, die über die Blut- und Nervenbahnen übertragen werden. Diese Signale verwendet das Gehirn dazu, neuronale Karten anzufertigen, die mehr oder weniger getreu abbilden, was im Innern des Organismus vor sich geht. Diese Karten sind in Damasios Augen die Grundlage der Emotionen, die es dem Organismus ermöglichen, potenziell schädlichen Umweltreizen aus dem Weg zu gehen, und solche zu suchen, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat.
Die Emotionen lösen zwar schnelle und effektive, aber reichlich stereotype Reaktionen aus. Anders die Gefühle: Sie werden laut Damasio vom Gehirn erzeugt, indem es die emotional bewerteten inneren und äußeren Reize in die Sprache des Geistes übersetzt. Dabei wird der Apparat der Emotionen in Vorstellungen und Gedanken transformiert, die im Gedächtnis gespeichert und beliebig manipuliert werden können. Mit den Gefühlen, die aus diesem Prozess hervorgehen, können auch Entscheidungen gefällt werden, die ein hohes Maß an Voraussicht, Flexibilität und Kreativität verlangen.
Ob Emotionen und Gefühle tatsächlich verschiedenen "Etagen" des Ichs und damit verschiedenen Etappen der Evolutionsgeschichte zuzuordnen sind, sei dahingestellt. Damsio behandelt allerdings auch soziale Gefühle wie Scham, Schuld, Trauer oder Stolz so, als wäre alles an ihnen Natur und nichts kulturell bedingt.
Außerdem verliert der Leser nicht zuletzt auch bei der Nomenklatur leicht den Überblick: Sind Emotionen nun Reaktionen, Wahrnehmungen, Handlungsanweisungen, neuronale Muster oder Karten? Oder alles auf einmal? Trotzdem: Damasio verfolgt mit seinem Buch ein ehrgeiziges Ziel – schon dafür gebührt ihm Anerkennung. Und die Lektüre ist auch für den ein Gewinn, der nichts von Spinoza oder Neurobiologie versteht.
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