Frau im Bild
Frauen "entdecken" sich in der Renaissance selbst: "Sie malen, dichten ... oder engagieren sich als Mäzeninnen." Mit dieser Erklärung auf dem Umschlag muss sich der Leser zunächst begnügen, denn 49 Porträts bei 59 Seiten Text sind eine klare Entscheidung dafür, die Bilder sprechen zu lassen. Wer also eine Geschichte der Frauen in der Renaissance erwartet, wird enttäuscht – im Vordergrund steht vielmehr die Entdeckung der Frau als Motiv in der Kunst.
Die Bilder in den Mittelpunkt zu rücken, ist jedoch ebenso gut wie berechtigt. Es war schließlich nicht selbstverständlich, dass die Künstler jener Zeit begannen, Frauen nicht nur in religiösen Darstellungen zu zeigen, sondern auch um ihrer selbst willen zu porträtieren. Es war ein Novum der Renaissancemalerei. Dürer, Michelangelo, da Vinci, Raffael oder Sofonisba Anguissola, um nur wenige der im Band vertretenen Künstler zu nennen, schufen Bildnisse von nie gekannter Natürlichkeit. Sie malten nicht mehr nur Heilige, sondern auch Bürgerinnen sowie Herrscherinnen und entwickelten eine ganz neue idealtypische Ikonografie der Frau, anknüpfend an antike Vorbilder.
En passant geht Blisniewski auch auf die Charakteristika der Renaissancemalerei und ihrer Künstler ein. Schließlich will erklärt sein, weshalb Michelangelo sich die Ungeheuerlichkeit erlauben konnte, 1506 mit dem Papst in Streit zu geraten. Oder warum sich die englische Königin Elisabeth I. ausgerechnet mit einem Sieb in der Hand abbilden ließ.
Bei Blisniewski verkommt kein Bild zur Illustration – jedes einzelne wird kommentiert. Zumal der Kunsthistoriker nicht auf vereinfachende Deutungen ausweicht, sondern klar benennt, wo Biografien lückenhaft oder Interpretationen unsicher sind. Nur manchmal lässt er den Leser etwas ratlos zurück, etwa wenn er feststellt: "Bronzino schuf damit eines der interessantesten und ungewöhnlichsten Porträts der italienischen Renaissance" – was es dazu macht, sagt er leider nicht.
Doch nicht nur kunsthistorisch Vorgebildete werden ihre Freude an dieser vortrefflichen Auswahl bedeutender Frauendarstellungen haben. "Schöne Bücher für kluge Frauen", so wirbt der Verlag. Ein schönes Buch ist hier tatsächlich gelungen – aber natürlich nicht nur für Frauen.
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