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Die zwei Gesichter paranormaler Phänomene

Der Zufall hat zwei völlig unterschiedliche Gesichter, meint der Wissenschaftsjournalist Rolf Froböse in seinem Buch "Die geheime Physik des Zufalls". Ein völlig triviales und eines, das auf Quanten beruhen könnte. Was ist daran wahr?
Der Zufall hat zwei völlig unterschiedliche Gesichter, meint der Wissenschaftsjournalist Rolf Froböse in seinem Buch "Die geheime Physik des Zufalls". Der eine ist der Zufall erster Ordnung. Er ist völlig trivial und mit den Regeln der Mathematik leicht erklärbar. Der zweite, so Froböse, ist der Zufall höherer Ordnung. Dieser sei eigentlich kein Zufall mehr, weil er auf Zusammenhängen basiert, die von der Wissenschaft, und hier speziell der Quantenphysik, erst jetzt allmählich ansatzweise erkannt und erforscht werden.

Provokant stellt Froböse diese These an den Anfang seines nur 122 Seiten umfassenden kleinen Taschenbuchs. Anschließend beschreibt der Autor zahlreiche Zufälle, die er persönlich erlebt hat oder ihm zugetragen wurden. Zwar sind diese Erzählungen in sich unterhaltsam, doch mit den Geschichten spannt Froböse den Leser sehr lange auf die Folter bis er schließlich zu ihrer Deutung und damit zum eigentlichen Thema der Lektüre kommt.

Und selbst an das Hauptthema, der möglichen Verbindung von Quantenphysik und Zufall, tastet sich der Autor nur langsam heran. Er weiß, dass er sich bei der Erklärung von Zufällen mit Hilfe der Quantenmechanik nur allzu leicht aufs Glatteis begeben kann. Aus diesem Grund erläutert Froböse erst einmal völlig wertfrei die wenigen spektakulären naturwissenschaftlichen Phänomene, die in der Quantenphysik mittlerweile als bewiesen gelten. Dazu nimmt er den Leser mit auf einen Ausflug in die Welt der Elementarteilchen. So stellt er die sogenannten verschränkten Teilchen vor, die auf seltsame Weise über Hunderte von Kilometern miteinander verbunden sind und gleichzeitig exakt identisch reagieren. Dann erläutert Froböse das berühmte Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger und der Katze, die mit einer Höllenmaschine in einem Kasten eingesperrt ist und deren "quantenmechanisches" Schicksal nicht zuletzt davon abhängt, ob jemand die Kiste öffnet. Schließlich stellt Froböse noch die "Viele-Welten-Interpretation" vor, die auf den amerikanischen Physiker Hugh Everett zurückgeht. Everett versucht durch diese Interpretation dem mathematischen Formalismus der Quantenmechanik eine physikalische Realität zuzuordnen.

Im Folgenden versucht Froböse nun das vermeintlich Unerklärbare zumindest ansatzweise mit der harten Wissenschaft zu kombinieren. Dabei ist ihm besonders wichtig, dass er keinesfalls der Mystik eine wissenschaftliche Plattform geben möchte. Lange hat der gelernte Chemiker überlegt, ob er das heikle Thema überhaupt öffentlich behandeln soll. Zu groß war die Angst, in die esoterische Schublade gesteckt zu werden, schreibt er. Bestärkt wurde der Autor schließlich von einem befreundeten Physiker, der ihm erzählte, dass sich schon lange in Russland hochrangige und ernstzunehmende Physiker mit der Frage beschäftigen, ob die Vorstellung des menschlichen Quantengeistes mit dem sich mühelos übernatürliche Phänomene erklären lassen würden, gegen irgendwelche physikalischen Gesetze verstoßen würden.

Doch trotz der Ermutigung sind Froböses Gedankengänge, ob die Quantenphysik nun wirklich paranormale Phänomene erklären kann, noch immer geprägt von einer extrem großen Vorsicht und Zurückhaltung. Konkret wird Froböse nur bei der Tatsache, dass für ihn die Evolution kein Zufall gewesen sei, sondern vielmehr die Folge eines kosmischen Quantenphänomens, das in der religiösen Bedeutung auch als Schöpfungsakt bezeichnet werden kann.

Und so bleibt das Buch für den Leser lediglich ein Denkanstoß ohne große Provokation. Man darf darauf gespannt sein, ob die ersten vorsichtigen Ansätze, paranormale Phänomene über einen Wissenschaftszweig zu erklären, der selber erst mehr oder weniger in den Kinderschuhen steckt, eines Tages gelingen wird.

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