Unterwegs mit Craniacs
Sie werden geschossen und verspeist, unabsichtlich oder gewollt vergiftet, ihrer Heimat beraubt und auf ihrem Zug durch unzählige künstliche Hindernisse wie Stromleitungen lebensgefährlich bedroht: Den Kranichen dieser Erde geht es nicht gut. 13 der 15 Arten gelten als vom Aussterben bedroht. Es war also höchste Zeit für den amerikanischen Ornithologen und Bestsellerautor Peter Matthiessen, die letzten Vertreter dieser Vogelfamilie zu besuchen und uns vorzustellen.
Dabei müsste es den Kranichen eigentlich gut gehen. Immerhin werden sie von vielen Völkern als Boten des Himmels oder des Glücks verehrt, und ihre Balztänze fanden Eingang in die religiösen Riten und Mythen dieser Menschen. So galten sie im alten, taoistisch geprägten China als Symbol für ein langes Leben, Weisheit und Alter; Verstorbene gelangten auf ihrem Rücken ins Jenseits. In Japan stehen die großen Vögel ebenfalls für das Glück der Langlebigkeit, und wer die Geduld aufbringt, tausend Origami- Kraniche zu falten, dem erfüllen die Götter einen Wunsch. Nordamerikanische Indianer erhoben die heimischen Kraniche in den Rang von Schutzgeistern ("Totems"), heilig waren sie auch afrikanischen Stämmen, und den Europäern kündeten sie von der erfreulich nahen Ankunft des Frühlings.
Vorbei schienen diese Zeiten spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg. Den kommunistischen Diktaturen der Sowjetunion, Chinas, der Mongolei und Nordkoreas galten sie entweder als lästiges, nicht weiter zu beachtendes Hindernis für die wirtschaftliche Erschließung der Steppen, Feuchtgebiete, Flüsse und Wälder oder als dekadenter Zierrat verdammenswerter Religionen. Mitten im Zentrum der höchsten Kranichvielfalt – die Hälfte aller Arten lebt in Ostasien – brachen die Bestände ein; Mandschuren-, Schwarzhals- und Nonnenkranich drohten plötzlich auszusterben.
Auch der Zusammenbruch des Kommunismus in der Sowjetunion und der Mongolei sowie die wirtschaftliche Öffnung Chinas brachten keine Wende zum Besseren. Im Gegenteil: Die Ausbeutung der Natur im Fernen Osten beschleunigte sich noch einmal; Wälder wurden zersägt und klein gehäckselt, Flüsse gestaut oder mit Chemieabfällen verpestet, Sümpfe entwässert, die Kraniche als Ernteschädlinge oder für den Kochtopf geschossen und als Haustiere eingefangen.
Zur gleichen Zeit zeigte sich aber ein erster Hoffnungsschimmer. Das weit gehende Ende der Ost-West-Konfrontation ermöglichte es russischen, chinesischen, japanischen, koreanischen, amerikanischen und europäischen Kranichschützern erstmals, länderübergreifend Erfahrungen auszutauschen und sogar konkrete Schutzvorhaben wie Reservate für die Tiere anzustoßen.
Mit vielen dieser "Craniacs" – Kranichverrückten, wie der Autor sie nennt und sich mit einbezieht – sprach Matthiessen und reiste mit ihnen zu den fernsten Regionen der Erde: dorthin, wo die letzten der grazilen Vögel noch Zuflucht finden. Herausgekommen ist dabei ein vergnüglicher, spannender und interessanter Reisebericht, der bis auf Südamerika – den einzigen Kontinent ohne Kraniche – einmal um die ganze Welt führt.
Neben allerlei Wissenswertem aus den Bereichen Taxonomie – diese Absätze sind die einzigen Längen im Buch –, Evolution, Naturgeschichte, Gefährdung und Schutz erfährt der Leser vieles zu den bereisten Ländern und ihrer Kultur wie Natur. Ein besonderes Augenmerk gilt den Naturvölkern der verschiedenen Regionen, die meist ebenso gefährdet sind wie die von ihnen verehrten Kraniche.
Beschreibungen der Natur und vor allem der restlichen Vogelwelt kommen nicht zu kurz; man merkt Matthiessen an, dass er nicht nur Autor ornithologischer Fachbücher, sondern auch passionierter Vogelbeobachter ist. All das wird immer wieder garniert von mitunter tragikomischen Anekdoten wie den Begegnungen der Naturschützer mit nervösen koreanischen Grenzwächtern, mongolischen Kochgebräuchen oder englischen Landadligen.
Leider hat es sechs Jahre gedauert, bis das Buch endlich – aber sehr gut – ins Deutsche übersetzt wurde. Mittlerweile ist einiges passiert: Dem sibirischen Nonnenkranich geht es noch schlechter, dem europäischen Grau- dagegen deutlich und dem amerikanischen Schreikranich – einst einer der seltensten Vögel der Welt – immerhin etwas besser. Insgesamt ist die Lage dieser Tierfamilie nach wie vor prekär.
Es bleibt deshalb noch vieles zu tun, bis die Kraniche überall nicht nur ihre alte Wertschätzung wieder erfahren, sondern auch noch effektiv und für alle Zeit geschützt werden. Matthiessens lesenswertes Plädoyer für die Boten des Himmels kommt deshalb jederzeit richtig.
Dabei müsste es den Kranichen eigentlich gut gehen. Immerhin werden sie von vielen Völkern als Boten des Himmels oder des Glücks verehrt, und ihre Balztänze fanden Eingang in die religiösen Riten und Mythen dieser Menschen. So galten sie im alten, taoistisch geprägten China als Symbol für ein langes Leben, Weisheit und Alter; Verstorbene gelangten auf ihrem Rücken ins Jenseits. In Japan stehen die großen Vögel ebenfalls für das Glück der Langlebigkeit, und wer die Geduld aufbringt, tausend Origami- Kraniche zu falten, dem erfüllen die Götter einen Wunsch. Nordamerikanische Indianer erhoben die heimischen Kraniche in den Rang von Schutzgeistern ("Totems"), heilig waren sie auch afrikanischen Stämmen, und den Europäern kündeten sie von der erfreulich nahen Ankunft des Frühlings.
Vorbei schienen diese Zeiten spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg. Den kommunistischen Diktaturen der Sowjetunion, Chinas, der Mongolei und Nordkoreas galten sie entweder als lästiges, nicht weiter zu beachtendes Hindernis für die wirtschaftliche Erschließung der Steppen, Feuchtgebiete, Flüsse und Wälder oder als dekadenter Zierrat verdammenswerter Religionen. Mitten im Zentrum der höchsten Kranichvielfalt – die Hälfte aller Arten lebt in Ostasien – brachen die Bestände ein; Mandschuren-, Schwarzhals- und Nonnenkranich drohten plötzlich auszusterben.
Auch der Zusammenbruch des Kommunismus in der Sowjetunion und der Mongolei sowie die wirtschaftliche Öffnung Chinas brachten keine Wende zum Besseren. Im Gegenteil: Die Ausbeutung der Natur im Fernen Osten beschleunigte sich noch einmal; Wälder wurden zersägt und klein gehäckselt, Flüsse gestaut oder mit Chemieabfällen verpestet, Sümpfe entwässert, die Kraniche als Ernteschädlinge oder für den Kochtopf geschossen und als Haustiere eingefangen.
Zur gleichen Zeit zeigte sich aber ein erster Hoffnungsschimmer. Das weit gehende Ende der Ost-West-Konfrontation ermöglichte es russischen, chinesischen, japanischen, koreanischen, amerikanischen und europäischen Kranichschützern erstmals, länderübergreifend Erfahrungen auszutauschen und sogar konkrete Schutzvorhaben wie Reservate für die Tiere anzustoßen.
Mit vielen dieser "Craniacs" – Kranichverrückten, wie der Autor sie nennt und sich mit einbezieht – sprach Matthiessen und reiste mit ihnen zu den fernsten Regionen der Erde: dorthin, wo die letzten der grazilen Vögel noch Zuflucht finden. Herausgekommen ist dabei ein vergnüglicher, spannender und interessanter Reisebericht, der bis auf Südamerika – den einzigen Kontinent ohne Kraniche – einmal um die ganze Welt führt.
Neben allerlei Wissenswertem aus den Bereichen Taxonomie – diese Absätze sind die einzigen Längen im Buch –, Evolution, Naturgeschichte, Gefährdung und Schutz erfährt der Leser vieles zu den bereisten Ländern und ihrer Kultur wie Natur. Ein besonderes Augenmerk gilt den Naturvölkern der verschiedenen Regionen, die meist ebenso gefährdet sind wie die von ihnen verehrten Kraniche.
Beschreibungen der Natur und vor allem der restlichen Vogelwelt kommen nicht zu kurz; man merkt Matthiessen an, dass er nicht nur Autor ornithologischer Fachbücher, sondern auch passionierter Vogelbeobachter ist. All das wird immer wieder garniert von mitunter tragikomischen Anekdoten wie den Begegnungen der Naturschützer mit nervösen koreanischen Grenzwächtern, mongolischen Kochgebräuchen oder englischen Landadligen.
Leider hat es sechs Jahre gedauert, bis das Buch endlich – aber sehr gut – ins Deutsche übersetzt wurde. Mittlerweile ist einiges passiert: Dem sibirischen Nonnenkranich geht es noch schlechter, dem europäischen Grau- dagegen deutlich und dem amerikanischen Schreikranich – einst einer der seltensten Vögel der Welt – immerhin etwas besser. Insgesamt ist die Lage dieser Tierfamilie nach wie vor prekär.
Es bleibt deshalb noch vieles zu tun, bis die Kraniche überall nicht nur ihre alte Wertschätzung wieder erfahren, sondern auch noch effektiv und für alle Zeit geschützt werden. Matthiessens lesenswertes Plädoyer für die Boten des Himmels kommt deshalb jederzeit richtig.
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