Wussten Sie's?
Wussten Sie, "... dass es Theorien gibt, wonach Religiosität in den Genen verankert ist oder dass es bis zu einem gewissen Grad genetisch ist, warum sich eine Frau einen Mann nicht 'schön saufen' kann?" Mit diesen und einigen weiteren teils augenzwinkernden, teils provokanten Fragen steigt Markus Hengstschläger in die Debatte um die "Macht der Gene" ein.
Wie eine Diskussion erscheint es einem wirklich, da der Autor die Leser oft direkt anspricht und seine selbst aufgeworfenen Fragen auf 170 Seiten erstaunlich ausgewogen darlegt, als könnte er die Gegenargumente seiner "Zuhörer" vorausahnen. Vor ihm als eingefleischten Genetiker muss man insofern den Hut ziehen, da es ihm gelungen ist, nicht der Überschätzung der "Macht der Gene" zu erliegen, wie es bei vielen seiner Kollegen den Anschein hat.
So wagt er sich an heikle Themen wie beispielsweise einen möglichen genetischen Ursprung für Religiosität. In auch für Nicht-Genetiker verständlicher Sprache erzählt er anekdotisch von Studien, die eine Basis für Gläubigkeit in unserem Erbgut entdeckt haben wollen. So gibt es Berichte, dass eineiige Zwillinge, die getrennt voneinander aufwuchsen und nichts voneinander wussten, beide Nonnen, Mönche oder Pfarrer wurden. Die Aussagekraft dieser Studien relativiert Hengstschläger angenehmerweise, indem er den Leser daran erinnert, dass auch Kinder sehr religiöser Eltern zu Atheisten werden können.
In weiteren Kapiteln rekapituliert er Studien, die auf Erbfaktoren für Sportlichkeit, Kriminalität, Musikgenie oder gar Homosexualität hingewiesen haben. Klar strukturiert und leicht nachvollziehbar nimmt er diese "Erkenntnisse" auseinander und philosophiert über Sinn und Unsinn sowie mögliche Konsequenzen aus der Identifikation des Gens, das einen beispielsweise zum perfekten Fußballer machen würde. Was, wenn man die Nationalelf anhand von Gentests zusammensetzen würde? Oder wenn jedem Kind, das einem Fußballverein beitreten möchte, erst eine DNA-Probe abverlangt wird?
Der Fußball muss auch für weitere Überlegungen des Autors hinhalten, nämlich ob es eine genetische Grundlage für die Tatsache gibt, dass Männer Fußball mögen, Frauen damit aber angeblich nichts anfangen können. An dieser Fragestellung merkt man, dass die erste Auflage des Buchs vor der Weltmeisterschaft 2006 geschrieben wurde. Was zuvor vielleicht noch ein signifikanter Unterschied in der Fußballbegeisterung zwischen den Geschlechtern gewesen sein mag, dürfte mit der WM '06 Vergangenheit sein.
Auch wäre die Fragestellung in der Form nicht unbedingt nötig gewesen: Hengstschläger zieht nämlich ohne viel Aufhebens den Bogen vom Fußball zum Alkohol und damit zur unterschiedlichen Alkoholverträglichkeit zwischen Männern und Frauen. Dieser beruht auf der unterschiedlichen Menge am Enzym Alkoholdehydrogenase, welches den Alkohol im Körper abbaut. Womit er die Frage vom Anfang beantwortet: Eine Frau kann sich einen Mann nicht "schön saufen", da sie "vorher vom Stuhl kippt".
Neben spaßigen Erörterungen nimmt der Autor sich jedoch auch Zeit, Erbkrankheiten zu beleuchten sowie Probleme und Nutzen der Gentherapie zu erörtern. Mit der Vorstellung vom durch Gentechnik optimierten Menschen räumt er sachlich auf und weist auf weniger offensichtliche Anwendungsmöglichkeiten der Genetik in der Medizin hin. Kennt man beispielsweise Genvarianten, die für die individuelle Wirksamkeit verschiedener Medikamente verantwortlich sind, könnte man für jeden Patienten die beste Behandlung per DNA-Test identifizieren, ohne die verschiedenen Mittelchen eines nach dem anderen ausprobieren zu müssen.
Dem Autor als Leiter der genetischen Abteilung des "Wunschbaby"-Zentrums in Wien steht man anfangs zwar misstrauisch gegenüber, muss man doch eine verkappte Propaganda für das "Genetic Engineering" vermuten, doch bestätigen sich derlei Befürchtungen bei der Lektüre nicht. Im Gegenteil ist überraschend, wie kritisch Hengstschläger die Erkenntnisse seines Fachgebiets auch aus dem Blickpunkt der Ethik betrachtet. Und kaum jemand wird sich ein Schmunzeln verkneifen können, wenn er sich selbst mit einem Cockerspaniel vergleicht, der genetisch bedingt zu Übergewicht neigt.
Während das Buch für Laien einen verständlichen Einblick in die Chancen und bisherigen Errungenschaften der Genetik bietet und mit so manchem Irrglauben aufräumt, fehlt es auch für Leser mit naturwissenschaftlicher Ausbildung nicht an Lesevergnügen. Denn Hengstschläger fasst doch einige Studien zusammen, die nicht jedem bekannt sein dürften. Als einziger Kritikpunkt wäre anzumerken, dass er mit einigen seiner Fragestellungen Aufmerksamkeit heischt, nur um – nicht gerade unauffällig – auf ein anderes Thema abzulenken, wie er es beispielsweise bei der Frage nach dem Fußballfan-Gen und der Alkoholverträglichkeit getan hat. Eine etwas direktere Linie zwischen den Titel-Fragen und den Erörterungen würde sachlicher wirken und das Stirnrunzeln bei manchen Lesern vermeiden. Ansonsten ist "Die Macht der Gene" jedoch eine angenehme Lektüre und durchaus empfehlenswert.
Wie eine Diskussion erscheint es einem wirklich, da der Autor die Leser oft direkt anspricht und seine selbst aufgeworfenen Fragen auf 170 Seiten erstaunlich ausgewogen darlegt, als könnte er die Gegenargumente seiner "Zuhörer" vorausahnen. Vor ihm als eingefleischten Genetiker muss man insofern den Hut ziehen, da es ihm gelungen ist, nicht der Überschätzung der "Macht der Gene" zu erliegen, wie es bei vielen seiner Kollegen den Anschein hat.
So wagt er sich an heikle Themen wie beispielsweise einen möglichen genetischen Ursprung für Religiosität. In auch für Nicht-Genetiker verständlicher Sprache erzählt er anekdotisch von Studien, die eine Basis für Gläubigkeit in unserem Erbgut entdeckt haben wollen. So gibt es Berichte, dass eineiige Zwillinge, die getrennt voneinander aufwuchsen und nichts voneinander wussten, beide Nonnen, Mönche oder Pfarrer wurden. Die Aussagekraft dieser Studien relativiert Hengstschläger angenehmerweise, indem er den Leser daran erinnert, dass auch Kinder sehr religiöser Eltern zu Atheisten werden können.
In weiteren Kapiteln rekapituliert er Studien, die auf Erbfaktoren für Sportlichkeit, Kriminalität, Musikgenie oder gar Homosexualität hingewiesen haben. Klar strukturiert und leicht nachvollziehbar nimmt er diese "Erkenntnisse" auseinander und philosophiert über Sinn und Unsinn sowie mögliche Konsequenzen aus der Identifikation des Gens, das einen beispielsweise zum perfekten Fußballer machen würde. Was, wenn man die Nationalelf anhand von Gentests zusammensetzen würde? Oder wenn jedem Kind, das einem Fußballverein beitreten möchte, erst eine DNA-Probe abverlangt wird?
Der Fußball muss auch für weitere Überlegungen des Autors hinhalten, nämlich ob es eine genetische Grundlage für die Tatsache gibt, dass Männer Fußball mögen, Frauen damit aber angeblich nichts anfangen können. An dieser Fragestellung merkt man, dass die erste Auflage des Buchs vor der Weltmeisterschaft 2006 geschrieben wurde. Was zuvor vielleicht noch ein signifikanter Unterschied in der Fußballbegeisterung zwischen den Geschlechtern gewesen sein mag, dürfte mit der WM '06 Vergangenheit sein.
Auch wäre die Fragestellung in der Form nicht unbedingt nötig gewesen: Hengstschläger zieht nämlich ohne viel Aufhebens den Bogen vom Fußball zum Alkohol und damit zur unterschiedlichen Alkoholverträglichkeit zwischen Männern und Frauen. Dieser beruht auf der unterschiedlichen Menge am Enzym Alkoholdehydrogenase, welches den Alkohol im Körper abbaut. Womit er die Frage vom Anfang beantwortet: Eine Frau kann sich einen Mann nicht "schön saufen", da sie "vorher vom Stuhl kippt".
Neben spaßigen Erörterungen nimmt der Autor sich jedoch auch Zeit, Erbkrankheiten zu beleuchten sowie Probleme und Nutzen der Gentherapie zu erörtern. Mit der Vorstellung vom durch Gentechnik optimierten Menschen räumt er sachlich auf und weist auf weniger offensichtliche Anwendungsmöglichkeiten der Genetik in der Medizin hin. Kennt man beispielsweise Genvarianten, die für die individuelle Wirksamkeit verschiedener Medikamente verantwortlich sind, könnte man für jeden Patienten die beste Behandlung per DNA-Test identifizieren, ohne die verschiedenen Mittelchen eines nach dem anderen ausprobieren zu müssen.
Dem Autor als Leiter der genetischen Abteilung des "Wunschbaby"-Zentrums in Wien steht man anfangs zwar misstrauisch gegenüber, muss man doch eine verkappte Propaganda für das "Genetic Engineering" vermuten, doch bestätigen sich derlei Befürchtungen bei der Lektüre nicht. Im Gegenteil ist überraschend, wie kritisch Hengstschläger die Erkenntnisse seines Fachgebiets auch aus dem Blickpunkt der Ethik betrachtet. Und kaum jemand wird sich ein Schmunzeln verkneifen können, wenn er sich selbst mit einem Cockerspaniel vergleicht, der genetisch bedingt zu Übergewicht neigt.
Während das Buch für Laien einen verständlichen Einblick in die Chancen und bisherigen Errungenschaften der Genetik bietet und mit so manchem Irrglauben aufräumt, fehlt es auch für Leser mit naturwissenschaftlicher Ausbildung nicht an Lesevergnügen. Denn Hengstschläger fasst doch einige Studien zusammen, die nicht jedem bekannt sein dürften. Als einziger Kritikpunkt wäre anzumerken, dass er mit einigen seiner Fragestellungen Aufmerksamkeit heischt, nur um – nicht gerade unauffällig – auf ein anderes Thema abzulenken, wie er es beispielsweise bei der Frage nach dem Fußballfan-Gen und der Alkoholverträglichkeit getan hat. Eine etwas direktere Linie zwischen den Titel-Fragen und den Erörterungen würde sachlicher wirken und das Stirnrunzeln bei manchen Lesern vermeiden. Ansonsten ist "Die Macht der Gene" jedoch eine angenehme Lektüre und durchaus empfehlenswert.
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