Prahler und mutwillige Hüpfer
Geständnis: Ich freue mich über gediegene und überraschende Kuriositäten. Wussten Sie beispielsweise wer oder was "Arschvögel" sind? Nein, nein, alles ganz anständig: Es ist ein älterer deutscher Ausdruck für die Gattung der Lappentaucher – jene Gruppe von Vögeln, denen auch der bekannte Haubentaucher angehört. Der lateinische Name Podiceps verrät es schon. Er wird auch vornehm mit "Steißfuß" übersetzt und ist durchaus treffend. Denn alle Lappentaucher haben ihre kurzen Beine zum Rudern ganz am Ende des Körpers und nicht so wie etwa die Gänse schön in der Mitte, damit der Vogel an Land nicht kippt. Der vollständige Artname des Haubentauchers lautet also entsprechend: Podiceps cristatus, der "Steißfuß mit Haube".
Diese Information und viele andere teils erstaunliche Tatsachen berichtet uns das lohnenswerte Buch "Die Namen der Vögel Europas". Autor Viktor Wember versucht eine Synthese aus Etymologie und Vogelkunde. Dabei legt er den Schwerpunkt einerseits auf die wissenschaftlichen Bezeichnungen, die ihren Ursprung meist – aber nicht nur – im Lateinischen und im Griechischen haben, und andererseits auf die Herkunft wie Bedeutung der deutschen Namen. Es ist kein Bestimmungsbuch, aber eines, das jedem Ornithologen ans Herz gelegt sein sollte.
Eines möchte ich jedoch unbedingt empfehlen: Man kann natürlich gleich in den Hauptteil des Buches, die so genannte Checkliste, hineinspringen. Ich rate aber dazu, mit der Einleitung zu beginnen. Sie lässt die Tiefe der Arbeit viel besser erahnen, als in den kleinen Absätzen bei den Arten. Unter anderem können einem die Erklärungen sonst bisweilen banal erscheinen: Säbelschnäbler – "Vogel mit langem, säbelartig gebogenem Schnabel".
Viktor Wember differenziert in "eigenständige" und "beschreibende" Namen. Er spricht von lautmalerischen Bezeichnungen (etwa Kuckuck) und von solchen, bei denen sich der Klang zwar in alten Wörtern erkennen lässt, deren Bezeichnungen sich aber über die Jahrhunderte verändert haben (Reiher, vom indogermanischen "Kreikr", dem Kreischen). Ebenso erklärt Wember die Entstehung der wissenschaftlichen Namen, denen häufig zwei Werke aus der klassischen Antike zugrunde liegen: die "Historia animalium" des Aristoteles und die "Naturalis historia" von Plinius dem Älteren. Darauf fußend haben spätere Forscher die modernen Namen vergeben, auch wenn oft unklar blieb, ob die beiden tatsächlich den gemeinten Vogel beschrieben haben.
Darüber hinaus gibt es Ausflüge in andere Sprachen und Beispiele zur biologischen Namensgebung von Säugetieren, Fischen oder Schmetterlingen und unserem Verständnis dieser Tiere. Es ist somit auch ein Buch über unsere Wahrnehmung der Natur und ihre kulturelle Bedeutung.
Nach der Checkliste der Arten schließt sich eine sogenannte "Kleine Wortkunde" an: eine tabellarische Darstellung häufiger lateinischer bzw. griechischer Wörter und Wortteile, die nach speziellen Gesichtspunkten wie Farbe, Anatomie, Größe oder Geografie sortiert sind – für das Verständnis insbesondere der wissenschaftlichen Namen eine Bereicherung.
Leider macht der Aufbau des Buches die Lektüre nicht immer einfach. Es ist nicht ganz klar, warum viele Informationen in einem Anmerkungsteil gesondert nachgeschlagen werden müssen. Sie würden hinsichtlich ihres Inhaltes und ihres Umfanges wunderbar in die Checkliste hineinpassen. In seinem Vorwort erklärt der Autor, dass er damit eine "Tiefenstaffelung der Informationen" erreichen wollte: Derjenige, der sich nur schlagwortartig informieren möchte, soll demnach ebenso einfach auf seine Kosten kommen wie einer, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigen will.
Die Absicht ist lobenswert, die Umsetzung hingegen leider nicht. Entgegen der Behauptung, dass der Anmerkungsteil nur Literaturbelege enthalten würden, findet man hier sehr interessante Angaben, die in den Haupttext gehören. Für die Quellenangaben im Anmerkungsapparat benutzt der Autor dann wiederum ein gesondertes Kapitel mit Literaturverzeichnis! Warum muss das so umständlich sein? So blättert man ständig zwischen verschiedenen Registern hin und her. Der Anspruch, es für verschiedene Lesetiefen aufzubereiten, gelingt nicht.
Ein zweiter Kritikpunkt: Die gestalterische Aufbereitung der sehr interessanten Arbeit ist trotz aller guter Absicht leider unterdurchschnittlich. Damit ist nicht etwa der verwendete Zeichensatz, die Tabellen, die Bilder oder ähnliches gemeint. Hier geht es um die Ergonomie und die intuitive Nutzbarkeit des Textes. So verwirren die verschiedenen Stile für Färbung, Unterstreichungen, Fettschreibung, Groß- und Kleinschreibung, da man sich die Vielzahl der Bedeutungen kaum merken kann – auch wenn zu Beginn der Checkliste ein Benutzungshinweis eingefügt ist.
Auch in diesem Zusammenhang fällt der Anmerkungsapparat negativ auf. Wenn er schon da ist, warum gibt es dann davon gleich zwei: einen für die Einleitung und einen für die Checkliste? Wem nutzt das? Und interessant ist auch die Seite 206: In der Kopfzeile der sonst leeren Seite steht "Länderverzeichnis". Fehlt hier etwas? Oder ist versehentlich ein Seitenumbruch aus der Textverarbeitung erhalten geblieben?
Dies alles sind Dinge, die den Leser aufhalten und nerven. Hat der Aula-Verlag es versäumt, seinen Autor ausreichend zu unterstützen? Ist dies nicht Lektorenaufgabe? Im Impressum kann man lesen, dass Satz und Desktop-Publishing auf die Entwürfe des Autors zurückgehen. Ist der Verlag damit seine Verantwortung los?
Übrigens: Mit dem in der Überschrift erwähnten "mutwilligen Hüpfer" ist der Gimpel oder auch Dompfaff gemeint. Denn das mittelhochdeutsche Wort "Gimpel-gempel" bezeichnet jemanden, der sich besonders auffällig macht – einleuchtend, denkt man an die leuchtend rote Brust des Männchens. Mit dem neuhochdeutschen Wort "Prahler" lässt sich wiederum der frühere Begriff "Bracher" übersetzen. Führt man sich den mächtigen, gebogenen Schnabel des Brachvogels vor Augen, macht auch das viel Sinn.
Diese Information und viele andere teils erstaunliche Tatsachen berichtet uns das lohnenswerte Buch "Die Namen der Vögel Europas". Autor Viktor Wember versucht eine Synthese aus Etymologie und Vogelkunde. Dabei legt er den Schwerpunkt einerseits auf die wissenschaftlichen Bezeichnungen, die ihren Ursprung meist – aber nicht nur – im Lateinischen und im Griechischen haben, und andererseits auf die Herkunft wie Bedeutung der deutschen Namen. Es ist kein Bestimmungsbuch, aber eines, das jedem Ornithologen ans Herz gelegt sein sollte.
Eines möchte ich jedoch unbedingt empfehlen: Man kann natürlich gleich in den Hauptteil des Buches, die so genannte Checkliste, hineinspringen. Ich rate aber dazu, mit der Einleitung zu beginnen. Sie lässt die Tiefe der Arbeit viel besser erahnen, als in den kleinen Absätzen bei den Arten. Unter anderem können einem die Erklärungen sonst bisweilen banal erscheinen: Säbelschnäbler – "Vogel mit langem, säbelartig gebogenem Schnabel".
Viktor Wember differenziert in "eigenständige" und "beschreibende" Namen. Er spricht von lautmalerischen Bezeichnungen (etwa Kuckuck) und von solchen, bei denen sich der Klang zwar in alten Wörtern erkennen lässt, deren Bezeichnungen sich aber über die Jahrhunderte verändert haben (Reiher, vom indogermanischen "Kreikr", dem Kreischen). Ebenso erklärt Wember die Entstehung der wissenschaftlichen Namen, denen häufig zwei Werke aus der klassischen Antike zugrunde liegen: die "Historia animalium" des Aristoteles und die "Naturalis historia" von Plinius dem Älteren. Darauf fußend haben spätere Forscher die modernen Namen vergeben, auch wenn oft unklar blieb, ob die beiden tatsächlich den gemeinten Vogel beschrieben haben.
Darüber hinaus gibt es Ausflüge in andere Sprachen und Beispiele zur biologischen Namensgebung von Säugetieren, Fischen oder Schmetterlingen und unserem Verständnis dieser Tiere. Es ist somit auch ein Buch über unsere Wahrnehmung der Natur und ihre kulturelle Bedeutung.
Nach der Checkliste der Arten schließt sich eine sogenannte "Kleine Wortkunde" an: eine tabellarische Darstellung häufiger lateinischer bzw. griechischer Wörter und Wortteile, die nach speziellen Gesichtspunkten wie Farbe, Anatomie, Größe oder Geografie sortiert sind – für das Verständnis insbesondere der wissenschaftlichen Namen eine Bereicherung.
Leider macht der Aufbau des Buches die Lektüre nicht immer einfach. Es ist nicht ganz klar, warum viele Informationen in einem Anmerkungsteil gesondert nachgeschlagen werden müssen. Sie würden hinsichtlich ihres Inhaltes und ihres Umfanges wunderbar in die Checkliste hineinpassen. In seinem Vorwort erklärt der Autor, dass er damit eine "Tiefenstaffelung der Informationen" erreichen wollte: Derjenige, der sich nur schlagwortartig informieren möchte, soll demnach ebenso einfach auf seine Kosten kommen wie einer, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigen will.
Die Absicht ist lobenswert, die Umsetzung hingegen leider nicht. Entgegen der Behauptung, dass der Anmerkungsteil nur Literaturbelege enthalten würden, findet man hier sehr interessante Angaben, die in den Haupttext gehören. Für die Quellenangaben im Anmerkungsapparat benutzt der Autor dann wiederum ein gesondertes Kapitel mit Literaturverzeichnis! Warum muss das so umständlich sein? So blättert man ständig zwischen verschiedenen Registern hin und her. Der Anspruch, es für verschiedene Lesetiefen aufzubereiten, gelingt nicht.
Ein zweiter Kritikpunkt: Die gestalterische Aufbereitung der sehr interessanten Arbeit ist trotz aller guter Absicht leider unterdurchschnittlich. Damit ist nicht etwa der verwendete Zeichensatz, die Tabellen, die Bilder oder ähnliches gemeint. Hier geht es um die Ergonomie und die intuitive Nutzbarkeit des Textes. So verwirren die verschiedenen Stile für Färbung, Unterstreichungen, Fettschreibung, Groß- und Kleinschreibung, da man sich die Vielzahl der Bedeutungen kaum merken kann – auch wenn zu Beginn der Checkliste ein Benutzungshinweis eingefügt ist.
Auch in diesem Zusammenhang fällt der Anmerkungsapparat negativ auf. Wenn er schon da ist, warum gibt es dann davon gleich zwei: einen für die Einleitung und einen für die Checkliste? Wem nutzt das? Und interessant ist auch die Seite 206: In der Kopfzeile der sonst leeren Seite steht "Länderverzeichnis". Fehlt hier etwas? Oder ist versehentlich ein Seitenumbruch aus der Textverarbeitung erhalten geblieben?
Dies alles sind Dinge, die den Leser aufhalten und nerven. Hat der Aula-Verlag es versäumt, seinen Autor ausreichend zu unterstützen? Ist dies nicht Lektorenaufgabe? Im Impressum kann man lesen, dass Satz und Desktop-Publishing auf die Entwürfe des Autors zurückgehen. Ist der Verlag damit seine Verantwortung los?
Übrigens: Mit dem in der Überschrift erwähnten "mutwilligen Hüpfer" ist der Gimpel oder auch Dompfaff gemeint. Denn das mittelhochdeutsche Wort "Gimpel-gempel" bezeichnet jemanden, der sich besonders auffällig macht – einleuchtend, denkt man an die leuchtend rote Brust des Männchens. Mit dem neuhochdeutschen Wort "Prahler" lässt sich wiederum der frühere Begriff "Bracher" übersetzen. Führt man sich den mächtigen, gebogenen Schnabel des Brachvogels vor Augen, macht auch das viel Sinn.
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