Die Welt im Blick
Die Ära war nicht nur progressiv, sie war auch schon globalisiert – so lautet Jürgen Osterhammels wichtigste These über das 19. Jahrhundert: Waren- und Migrantenströme, Eisenbahnen und Telegrafen verbanden Ost und West, Nord und Süd. Immer wieder verankert der Autor das Abstrakte im Konkreten, ohne ins Banale abzudriften – ein meisterhaftes Geschichtspanorama.
Dabei versucht der Neuzeithistoriker von der Universität Konstanz in seinem 1600-seitigen Buch gar nicht erst, die Dynamik des 19. Jahrhunderts in ein ganzheitliches Schema zu pressen. Osterhammel beleuchtet Teilsysteme des menschlichen Zusammenlebens wie Mobilität, Stadtentwicklung, Kapitalismus – und sein kluges Konzept der Epochenanalyse geht auf, ohne dass er dabei einem Eurozentrismus verfällt.
Der Autor zeigt, dass die Unterschiede zwischen Europa und dem Rest der Welt weniger drastisch waren als bislang herbeigeredet. Wenn der Historiker kulturübergreifend nach Mustern, Zäsuren und Unterschieden sucht, nutzt er umsichtig die Chancen der forschungsbasierten Weltgeschichtsschreibung, in dem Bewusstsein, eine Minderheitenperspektive einzunehmen.
Das "materialsatte Interpretationsangebot" (Osterhammel) beugt sich keiner scharfen Epochenzäsur, wenn der Historiker den Zeitraum von 1789 bis 1914 mal narrativ, mal analytisch, aber immer glänzend erzählt durchdringt. Denn erst aus der Rückschau, so seine These, lässt sich das 19. Jahrhundert annähernd objektiv beurteilen – weil keine Zeitzeugen mehr leben.
Und sein Resümee fällt anders aus als das Hans-Ulrich Wehlers, der noch 1995 in der janusgesichtigen Epoche die Ursache für zwei Weltkriege sah. Für Osterhammel ist die Ära bei aller Widersprüchlichkeit vor allem eine Zeit des Fortschritts und der Emanzipation: Korea schaffte 1894 die Sklaverei ab, die Massenalphabetisierung setzte ein, und die durchschnittliche Lebenserwartung stieg in Westeuropa und den USA von 30 auf 48 Jahre.
Dabei versucht der Neuzeithistoriker von der Universität Konstanz in seinem 1600-seitigen Buch gar nicht erst, die Dynamik des 19. Jahrhunderts in ein ganzheitliches Schema zu pressen. Osterhammel beleuchtet Teilsysteme des menschlichen Zusammenlebens wie Mobilität, Stadtentwicklung, Kapitalismus – und sein kluges Konzept der Epochenanalyse geht auf, ohne dass er dabei einem Eurozentrismus verfällt.
Der Autor zeigt, dass die Unterschiede zwischen Europa und dem Rest der Welt weniger drastisch waren als bislang herbeigeredet. Wenn der Historiker kulturübergreifend nach Mustern, Zäsuren und Unterschieden sucht, nutzt er umsichtig die Chancen der forschungsbasierten Weltgeschichtsschreibung, in dem Bewusstsein, eine Minderheitenperspektive einzunehmen.
Das "materialsatte Interpretationsangebot" (Osterhammel) beugt sich keiner scharfen Epochenzäsur, wenn der Historiker den Zeitraum von 1789 bis 1914 mal narrativ, mal analytisch, aber immer glänzend erzählt durchdringt. Denn erst aus der Rückschau, so seine These, lässt sich das 19. Jahrhundert annähernd objektiv beurteilen – weil keine Zeitzeugen mehr leben.
Und sein Resümee fällt anders aus als das Hans-Ulrich Wehlers, der noch 1995 in der janusgesichtigen Epoche die Ursache für zwei Weltkriege sah. Für Osterhammel ist die Ära bei aller Widersprüchlichkeit vor allem eine Zeit des Fortschritts und der Emanzipation: Korea schaffte 1894 die Sklaverei ab, die Massenalphabetisierung setzte ein, und die durchschnittliche Lebenserwartung stieg in Westeuropa und den USA von 30 auf 48 Jahre.
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