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Von Einnicken bis Aufstehen

Rund ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf. Umso rätselhafter, dass Mediziner und Psychologen erst vor relativ kurzer Zeit damit begannen, das Phänomen empirisch zu untersuchen: Wie viel Schlaf ist gesund? Haben Träume eine Bedeutung? Und warum gähnen wir eigentlich? Diese und Dutzende weiterer Fragen sind noch längst nicht abschließend geklärt. Der Journalist Tobias Hürter – nach eigenem Bekenntnis eine "Schlafmimose" – hat aber für jede von ihnen den aktuellen Stand der Forschung recherchiert. Seine persönlichen Erkenntnisse und Aha-Erlebnisse fasst er in diesem Band zusammen.

Dabei hat der Autor spürbar Lust am Erzählen: Zu jeder Forschungsfrage präsentiert er nicht nur aktuelle Befunde, sondern schildert Anekdoten aus dem Fachgebiet und stellt die Menschen vor, die sich in Schlaflabors im Dienst der Wissenschaft die Nächte um die Ohren schlagen. Das dürfte dazu beitragen, dass das Buch trotz stellenweise vieler Fachwörter leicht und flüssig zu lesen ist.

Allerdings gerät Hürter auch dort ins Schwadronieren, wo er sich von seinem eigentlichen Thema entfernt. So spinnt er nicht nur zu jeder großen Frage der Schlafforschung eine Geschichte, sondern geht ebenfalls auf die Entwicklung des EEG, die Historie der Psychoanalyse oder der Bewusstseinsforschung ausgiebig ein. Dadurch droht der Text hier und da ausei­nanderzufallen, nicht allen Themen kann er in der Kürze gerecht werden. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die ungewöhnliche Struktur: Der Text ist anhand des Verlaufs einer Nacht aufgeteilt, von 21 Uhr bis 7.30 Uhr. Das ist zwar originell, doch ließen sich die Inhalte offenbar nur mit Gewalt in das Schema pressen – nicht immer erschließt sich, warum Informa­tionen an dieser oder jener Stelle stehen.

Wettgemacht wird dieses Manko aber durch die Fülle an aktueller und gut aufbereiteter Wissenschaft, die Hürter zum Kernthema des Buchs zusammenstellt. Auch wer sich schon mit der Materie beschäftigt hat, wird neue Hintergründe kennen lernen und weniger bekannten Phänomenen begegnen, etwa der Wiederentdeckung des "ersten Schlafs": Historische Analysen zeigen, dass erst die industrielle Revolution dazu führte, dass wir nur noch einmal im Lauf von 24 Stunden eine Auszeit einlegen – unsere Vorfahren hatten noch zwei getrennte Schlafphasen, um Mitternacht herum waren sie dagegen zwei Stunden wach. Insgesamt eine gute Übersicht für alle, die mehr darüber wissen wollen, womit sie einen Gutteil ihrer Lebenszeit verbringen.

  • Quellen
Gehirn & Geist 4/2012

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