Wie funktioniert Denken?
Liebe, Hass, Sehen und Verstehen – all diese komplizierten Vorgänge sind auf Funktionen unseres Gehirns zurückzuführen. Diese Erkenntnis gilt heutzutage als trivial. Aber wo im Gehirn und auf welche Weise die Funktionen ablaufen, sind durchaus keine einfachen Fragen, und die Neuropsychologie sucht nach passenden Antworten. Sie erforscht die neuronalen Grundlagen menschlichen Verhaltens und leitet aus den Ergebnissen Methoden für die Diagnostik und Therapie ab. Das Lehrbuch des Magdeburger Neuropsychologen Erich Kasten vermittelt darüber einen gut verständlichen Überblick.
Es wendet sich an jeden, der sich für Neuropsychologie interessiert – und dies sind viele. Denn die Neuropsychologie ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das eine Verbindung zwischen psychischen Vorgängen und Funktionsweisen des Zentralnervensystems herstellt. Erkenntnisse aus der Psychologie, Medizin, Biologie, Philosophie und anderen Gebieten spielen hierbei eine Rolle. Aber nicht nur für Studenten oder Berufsanfänger, sondern auch für interessierte Laien ist das Buch von Kasten aufgrund des klaren Sprachstils lesenswert.
Nervenzelle, Nervensysteme, Transmitter und Psychopharmaka: Das erste Kapitel führt den Leser in die naturwissenschaftlichen Grundlagen von Wahrnehmung und Denken ein. Damit man sich die Inhalte gut einprägen kann, schließen eine Zusammenfassung und Fragen das Ganze ab. Zahlreiche Fotografien und Skizzen ergänzen das Geschriebene, wie auch in den übrigen Kapiteln.
Als Nächstes geht es um neuropsychologische Diagnostik und Therapie. Nachdem Kasten auf wenigen Seiten die Ursachen einer Hirnschädigung beschrieben hat, stellt er verschiedene diagnostische Verfahren und Therapieansätze vor. Der Autor geht auch auf die Belastungen der Angehörigen ein. Denn: "Eine Hirnschädigung verändert nicht nur den Betroffenen selbst", schreibt Kasten, da viele der Angehörigen unter Depressionen, Ängsten oder anderen emotionalen Belastungen leiden. Kasten macht deshalb deutlich, dass Angehörige in die Therapie mit einbezogen werden müssen. Eine Entlastung sowohl für die Angehörigen als auch die Gesellschaft kann die berufliche Wiedereingliederung sein: "Es sollte nichts unversucht bleiben, um die Betroffenen beruflich zu (re-)integrieren", erläutert der Autor und stellt verschiedene Maßnahmen vor – beispielsweise das Hamburger Modell mit einem stufenweisen Wiedereinstieg, Berufsförderungswerke oder Werkstätten für Behinderte.
Im dritten Kapitel geht Kasten auf verschiedene neuropsychologische Funktionsbereiche ein wie Bewegung, Fühlen, Sehen und Hören. Er stellt Symptome, Diagnostik und Therapie verschiedener Funktionsausfälle dar. Im nächsten Kapitel folgen häufig vorkommende psychiatrische Erkrankungen wie Autismus, Demenz, Schizophrenie oder Sucht. Schließlich vervollständigen Einblicke in angrenzende Fachgebiete wie Psychoendokrinologie, Psychoneurologie oder Neuropsychiatrie das Buch. Im Anhang erfährt der Leser, wie er Neuropsychologe werden kann, findet einen detaillierten Hirnatlas, ein Glossar, ein Literaturverzeichnis sowie ein umfangreiches Sachregister.
"Einführung Neuropsychologie" von Erich Kasten ist insgesamt ein verständlich geschriebenes Buch zu einem angemessenen Preis. Es bietet einen guten, jedoch kurzen Überblick: Da es nur 320 Seiten sind, die ein überaus komplexes Gebiet darstellen, beschränkt sich die Beschreibung auf ausgewählte Themen und geht nicht bis ins kleinste Detail.
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