2010 Odyssee im Sonnensystem
Wer unseren Nachbarplaneten mit Teleskopen, Spektrografen oder gar Raumsonden auf den Leib rückte, konnte eine Überraschung nach der anderen erleben. Die beiden NASA-Planetologen David Baker und Todd Ratcliff – der eine Experte für atmosphärische, der andere für geologische Prozesse – haben eine Reiseroute zu den eindrucksvollsten Plätzen des Sonnensystems zusammengestellt, die manches mit der Irrfahrt des Odysseus gemein hat. Dieser begegnete auf seinem jahrzehntelangen Weg so exotischen Gefahren wie Zyklopen, Menschenfressern, Zauberinnen, Mahlströmen und zerstörerischen Stürmen.
Ein Astronaut, der dem in diesem Buch eingeschlagenen Kurs folgt, wäre weit länger als der Held aus Ithaka unterwegs und hätte nicht minder lebensbedrohliche Situationen zu bestehen: Staubwirbel auf dem Mars, so hoch wie der Mount Everest, den Großen Roten Fleck des Jupiters, einen Zyklon, der seit mindestens drei Jahrhunderten ununterbrochen tobt, Vulkane auf dem Neptunmond Triton, deren Lava kälter ist als die Eismassen der Antarktis, den Jupitermond Io, der wahrlich atemberaubend zum Himmel stinkt, und die Atmosphäre von Uranus oder Neptun, die das fiktive Raumschiff mit einem Hagelschauer aus Diamanten traktieren.
Die Autoren haben die Reise zu den 50 – nach gegenwärtigem Kenntnisstand – extremsten Orten des Sonnensystems nicht nach räumlichen Kriterien ("von innen nach außen" oder "von nah nach fern") organisiert, sondern nach thematischen. Dadurch bewegt man sich im Zickzackkurs fort und kehrt des Öfteren auf einen bereits besuchten Himmelskörper zurück, um eine weitere Sehenswürdigkeit kennen zu lernen. Insofern weicht das Buch von klassischen Lehr- oder Sachbüchern ab, was die Eignung als Nachschlagewerk mindert, das Lesevergnügen aber erhöht.
Um dieses sind die Autoren auch überaus bemüht und befleißigen sich einer möglichst umgangssprachlichen Ausdrucksweise, insbesondere am Anfang und am Schluss der vier- oder fünfseitigen Kapitel. Dies wirkt manchmal – besonders für deutsche Geschmäcker – übertrieben flapsig, fast comicartig und will auch nicht so ganz zu den fundierten Sachtexten passen. Die sind nämlich durchaus anspruchsvoll und verwenden allerlei Fachbegriffe – nur leider nicht immer mit der notwendigen Erklärung.
Von der Sonne mit ihren diversen Aktivitäten bis hinaus zur Oortschen Wolke, in der viele Kometen auf ihren Einsatz warten, und der "grünen Grenze" zu den benachbarten Sternsystemen gibt das Werk sehr aktuell den Kenntnisstand über unsere nähere kosmische Heimat wieder. Dass dies nicht in allen Einzelheiten vollständig geschehen kann, versteht sich bei dem handlichen Umfang von unter 300 Seiten von selbst. Dennoch werden nicht nur Laien, sondern auch Astronomen oder Geophysiker anderer Fachrichtungen noch die eine oder andere Neuigkeit in dem Buch entdecken.
Die Informationsfülle macht sich schon auf den ersten Blick bemerkbar, denn die Autoren verzichten auf den Einsatz großformatiger Bilder zu Gunsten einer Vielzahl kleinerer Fotos und Infografiken. Obendrein enthalten die Bildunterschriften oft zusätzliches, über das Bild hinausgehendes Material. Der ausufernde Platzbedarf der Abbildungen samt Zubehör und ein ungeschicktes Layout lassen den eigentlichen Haupttext an vielen Stellen zu isolierten Inseln verkommen, was den Lesefluss unnötig stört. Zudem scheinen die Bildunterschriften nicht aus derselben Feder zu stammen wie der Haupttext, denn sie enthalten trotz geringerer Textmenge deutlich mehr Fehler. Inkonsequente oder gar stehen gebliebene englische Bildbeschriftungen sind ein weiterer Minuspunkt.
Gelegentlichen sprachlichen und sachlichen Fehlern zum Trotz sind Übersetzung und deutsche Bearbeitung insgesamt auf solidem, leicht überdurchschnittlichem Niveau. Dabei ist anzuerkennen, dass der Verlag die deutsche Ausgabe bereits wenige Monate nach dem Original veröffentlicht hat. Wer möchte, kann sich auf der (englischen) Webseite extremesolarsystem. com einen Überblick über die Inhalte, die Autoren und ihren Schreibstil verschaffen. Hat man das Buch schließlich gelesen, kann man hier online eine Stimme für sein "Lieblings-Extrem" abgeben. Derzeit führt in der Hitliste die "Extreme Erde" mit sechs Prozent aller Stimmen knapp vor Jupiters Großem Rotem Fleck, Ios Gestank nach faulen Eiern, dem Klima auf Uranus und Neptun sowie dem "Leben im Dunkeln" auf dem Blauen Planeten und – vielleicht – dem Jupitermond Europa.
Apropos: Dass das Buch auch die Erde in dieser Ansammlung rekordverdächtiger Orte des Sonnensystems aufführt, ist völlig berechtigt. Mit den Kontinentalplatten, Ozeanen, ihrem einzigartigen Mond, dem Klimageschehen und allem, was auf ihr so kreucht und fleucht, ist sie wahrhaft ein Ort, wo "die Extreme sich summieren". Folgerichtig lassen Baker und Ratcliff die Reise hier zu Ende gehen – gleich der Irrfahrt des Odysseus, der nach 20 Jahren und manch überstandener Gefahr schließlich auch nach Hause kommt.
Ein Astronaut, der dem in diesem Buch eingeschlagenen Kurs folgt, wäre weit länger als der Held aus Ithaka unterwegs und hätte nicht minder lebensbedrohliche Situationen zu bestehen: Staubwirbel auf dem Mars, so hoch wie der Mount Everest, den Großen Roten Fleck des Jupiters, einen Zyklon, der seit mindestens drei Jahrhunderten ununterbrochen tobt, Vulkane auf dem Neptunmond Triton, deren Lava kälter ist als die Eismassen der Antarktis, den Jupitermond Io, der wahrlich atemberaubend zum Himmel stinkt, und die Atmosphäre von Uranus oder Neptun, die das fiktive Raumschiff mit einem Hagelschauer aus Diamanten traktieren.
Die Autoren haben die Reise zu den 50 – nach gegenwärtigem Kenntnisstand – extremsten Orten des Sonnensystems nicht nach räumlichen Kriterien ("von innen nach außen" oder "von nah nach fern") organisiert, sondern nach thematischen. Dadurch bewegt man sich im Zickzackkurs fort und kehrt des Öfteren auf einen bereits besuchten Himmelskörper zurück, um eine weitere Sehenswürdigkeit kennen zu lernen. Insofern weicht das Buch von klassischen Lehr- oder Sachbüchern ab, was die Eignung als Nachschlagewerk mindert, das Lesevergnügen aber erhöht.
Um dieses sind die Autoren auch überaus bemüht und befleißigen sich einer möglichst umgangssprachlichen Ausdrucksweise, insbesondere am Anfang und am Schluss der vier- oder fünfseitigen Kapitel. Dies wirkt manchmal – besonders für deutsche Geschmäcker – übertrieben flapsig, fast comicartig und will auch nicht so ganz zu den fundierten Sachtexten passen. Die sind nämlich durchaus anspruchsvoll und verwenden allerlei Fachbegriffe – nur leider nicht immer mit der notwendigen Erklärung.
Von der Sonne mit ihren diversen Aktivitäten bis hinaus zur Oortschen Wolke, in der viele Kometen auf ihren Einsatz warten, und der "grünen Grenze" zu den benachbarten Sternsystemen gibt das Werk sehr aktuell den Kenntnisstand über unsere nähere kosmische Heimat wieder. Dass dies nicht in allen Einzelheiten vollständig geschehen kann, versteht sich bei dem handlichen Umfang von unter 300 Seiten von selbst. Dennoch werden nicht nur Laien, sondern auch Astronomen oder Geophysiker anderer Fachrichtungen noch die eine oder andere Neuigkeit in dem Buch entdecken.
Die Informationsfülle macht sich schon auf den ersten Blick bemerkbar, denn die Autoren verzichten auf den Einsatz großformatiger Bilder zu Gunsten einer Vielzahl kleinerer Fotos und Infografiken. Obendrein enthalten die Bildunterschriften oft zusätzliches, über das Bild hinausgehendes Material. Der ausufernde Platzbedarf der Abbildungen samt Zubehör und ein ungeschicktes Layout lassen den eigentlichen Haupttext an vielen Stellen zu isolierten Inseln verkommen, was den Lesefluss unnötig stört. Zudem scheinen die Bildunterschriften nicht aus derselben Feder zu stammen wie der Haupttext, denn sie enthalten trotz geringerer Textmenge deutlich mehr Fehler. Inkonsequente oder gar stehen gebliebene englische Bildbeschriftungen sind ein weiterer Minuspunkt.
Gelegentlichen sprachlichen und sachlichen Fehlern zum Trotz sind Übersetzung und deutsche Bearbeitung insgesamt auf solidem, leicht überdurchschnittlichem Niveau. Dabei ist anzuerkennen, dass der Verlag die deutsche Ausgabe bereits wenige Monate nach dem Original veröffentlicht hat. Wer möchte, kann sich auf der (englischen) Webseite extremesolarsystem. com einen Überblick über die Inhalte, die Autoren und ihren Schreibstil verschaffen. Hat man das Buch schließlich gelesen, kann man hier online eine Stimme für sein "Lieblings-Extrem" abgeben. Derzeit führt in der Hitliste die "Extreme Erde" mit sechs Prozent aller Stimmen knapp vor Jupiters Großem Rotem Fleck, Ios Gestank nach faulen Eiern, dem Klima auf Uranus und Neptun sowie dem "Leben im Dunkeln" auf dem Blauen Planeten und – vielleicht – dem Jupitermond Europa.
Apropos: Dass das Buch auch die Erde in dieser Ansammlung rekordverdächtiger Orte des Sonnensystems aufführt, ist völlig berechtigt. Mit den Kontinentalplatten, Ozeanen, ihrem einzigartigen Mond, dem Klimageschehen und allem, was auf ihr so kreucht und fleucht, ist sie wahrhaft ein Ort, wo "die Extreme sich summieren". Folgerichtig lassen Baker und Ratcliff die Reise hier zu Ende gehen – gleich der Irrfahrt des Odysseus, der nach 20 Jahren und manch überstandener Gefahr schließlich auch nach Hause kommt.
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