Von der Keilschrift zum Computer
Information ist überall. Irgendwie enthält alles eine Fülle von Daten, sogar jedes Sandkorn: Richtig befragt, gibt es Auskunft über seine geologische Herkunft und vielleicht über Spuren menschlicher Bearbeitung. Die Hochkulturen begannen mit dem schriftlichen Speichern der Lautsprache. In Stein gehauene oder in Ton gedrückte Keilschriftzeichen hielten Transaktionen von Gütern und Menschen dauerhaft fest, oft unter Anrufung von Göttern und Herrschern. Sie verraten uns heute etwas über Handel und Wandel vergangener Jahrtausende.
Mit der Keilschrift beginnt der britische Physiker und Fernsehjournalist Jim Al-Khalili auf vorliegender DVD eine optisch unterhaltsame Reise durch die Geschichte der Informationsverarbeitung. Er weist auf den Fortschritt hin, den der Übergang von der Bilderschrift (Hieroglyphen) zur symbolischen Aufzeichnung von Silben und Konsonanten darstellte. Die Lautschrift klebt nicht mehr am Erscheinungsbild der Dinge, sondern profitiert von der Abstraktheit der gesprochenen Sprache.
Weben nach Lochmuster
Den nächsten großen Sprung machte die Informationsverarbeitung mit der industriellen Revolution. Der mechanische Webstuhl wurde, um komplizierte Stoffmuster herzustellen, schon um 1800 mit Lochkarten gesteuert. Hier gelingt Al-Khalili eine originelle Pointe der Technikgeschichte, denn viele führen den Einsatz von Lochkarten auf den amerikanischen Ingenieur Herman Hollerith (1860–1929) anlässlich der US-Volkszählung von 1890 zurück.
Nach kurzer Würdigung des Morsealphabets geht Al-Khalili auf Claude Shannon (1916-2001) ein, den Begründer der Informationstheorie, und auf Alan Turing (1912-1954), der die Grundidee des modernen Computers entwickelte. Hier beackert der Film bekanntes Terrain, bleibt oberflächlich und kann auch in der visuellen Umsetzung – Kabel und Antennen, Bildschirme und Chips – nicht allzu sehr überraschen.
Mit dämonischem Sortiersinn
Nur an einer Stelle geht Al-Khalili in die Tiefe. Er illustriert den Zusammenhang von Information und Entropie mithilfe des maxwellschen Dämons, eines Gedankenexperiments des schottischen Physikers James Clerk Maxwell (1831-1879): Besäße ein mikroskopischer Dämon Informationen über das unterschiedliche Tempo einzelner Gasatome, so könnte er sie in zwei Behälter sortieren, dadurch die Entropie senken und aus dem Temperaturunterschied Energie gewinnen, was nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verboten ist. Der Streit der Theoretiker, warum so ein Dämon prinzipiell nicht funktionieren kann, endete erst 1982, als der amerikanische Informatiker Charles Bennett nachwies, dass der Dämon seinen begrenzten Informationsspeicher gelegentlich leeren muss – und dabei die gewonnene Energie unweigerlich wieder verbraucht (Charles Bennett: "Maxwells Dämon", Spektrum der Wissenschaft 1/1988, S. 48).
Leider werden Shannon und vor allem Turing nicht ebenso gründlich behandelt. Man darf aber hoffen, dass die insgesamt attraktiv gestaltete DVD interessierte Betrachter dazu anregt, die angerissenen Themen selbst zu vertiefen.
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