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Abschied von der Erde?

Eine BBC-Dokumentation klopft ab, wie aussichtsreich es für uns ist, eine neue Heimat im All zu finden.

Der britische Physiker Stephen Hawking war überzeugt davon, die Menschheit müsse schon bald die Erde verlassen und auf anderen Planeten heimisch werden, wenn sie überleben wolle. Klimawandel, Epidemien, mögliche Meteoriteneinschläge, das Risiko eines Atomkriegs oder einer fehlgeleiteten KI – all das hielt Hawking für potenziell so existenzbedrohend, dass er meinte, uns blieben vielleicht noch 100 Jahre, um neue Welten im All kolonisieren. Seine Überlegung bildet den Ausgangspunkt der BBC-Dokumentation »Expedition New Earth«, die am 31. August in deutscher Fassung auf DVD erscheint.

Der zweiteilige Film befasst sich damit, ob es Alternativen zur Erde gibt, wie man sie aufspürt, ob Menschen zu ihnen gelangen können und was es bei ihrer Besiedlung zu beachten gilt. Eine Ingenieurwissenschaftlerin und ein theoretischer Physiker reisen dazu um die Welt, sprechen mit zahlreichen Forscher(inne)n und besichtigen deren Labore. Auch Hawking ist immer wieder zu sehen und gibt kurze Einschätzungen ab. Was jedoch stark irritiert: Der Film erwähnt an keiner Stelle, dass Hawking im März dieses Jahres gestorben ist. Denn die BBC-Produktion wurde im Herbst 2017 fertiggestellt – und der deutsche Off-Text nicht aktualisiert.

Kreuz und quer um den Globus

»Expedition New Earth« ist sehr facettenreich, da die beiden Hauptdarsteller verblüffend viele Orte bereisen. Bei den Salzseen der Hochanden lassen sie sich Bakterienmatten zeigen; an der University of Arizona betreten sie ein autarkes Lebenserhaltungssystem; im norwegischen Schnee nehmen sie an einem Überlebenstraining teil; am chilenischen Paranal-Observatorium schauen sie Astronomen bei der Exoplanetensuche zu. In Houston lassen sie sich ein Plasmatriebwerk vorführen; am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt legen sie sich in eine Humanzentrifuge; auf Spitzbergen sehen sie sich den weltgrößten Saatgutspeicher an; in einem niederländischen Zoo lernen sie etwas über den Winterschlaf von Bären und diskutieren, ob sich ein ähnlicher Ruhezustand bei Menschen herbeiführen lässt, um lange Weltraumflüge zu überstehen.

Proxima b | Sollten jemals Menschen das Sonnensystem verlassen, wäre der Planet Proxima b wohl ein vielversprechendes Ziel. Er ist uns mit rund 4 Lichtjahren Entfernung relativ nah, besitzt etwas mehr Masse als die Erde und umrundet seinen Mutterstern, den Roten Zwerg Proxima Centauri, in der habitablen Zone. Das heißt, auf seiner Oberfläche kann vermutlich dauerhaft flüssiges Wasser existieren. Ob es auf ihm tatsächlich so aussieht wie in dieser Illustration dargestellt, wissen wir nicht.

Heraus kommt ein bildgewaltiger, musikalisch stimmungsvoll untermalter, aber inhaltlich eher flüchtiger Eindruck davon, wo Astronomie, Triebwerksforschung, Lebenserhaltungstechnik, Raumfahrtmedizin und Robotik heute stehen. Ins Detail geht es nicht; überwiegend bleibt es bei kurzen Statements der Forscher, die von den Hauptdarstellern betont begeistert quittiert werden. Wer sich schon einmal mit Exoplaneten, bemannter Raumfahrt und Terraforming befasst hat, dem wird das meiste bekannt vorkommen. Die Dokumentation vermittelt allerdings auch Überraschendes: etwa, dass man aus Regolith (Lockermaterial auf Gesteinsplaneten und Monden) nicht nur Sauerstoff und Wasser gewinnen kann, sondern auch Baumaterial wie Seile, Pflastersteine und eine Art Beton. Autonome Roboter könnten deshalb auf fernen Welten beginnen, eine Kolonie zu errichten – lange, bevor Raumfahrer dort eintreffen, und nur mit Stoffen, die vor Ort verfügbar sind.

Unterm Strich bestätigt sich einmal mehr: Ferne Himmelskörper zu besiedeln, ist dermaßen schwierig, dass es nach heutigem Ermessen praktisch ausgeschlossen ist. Zahllose Probleme stehen dem entgegen: die ungeheuren Anforderungen an die Antriebstechnik; die gigantischen Herausforderungen der Lebenserhaltung; die Strahlenbelastung im All; der körperliche Verfall in der Schwerelosigkeit; der Zwang, binnen kürzester Zeit in der neuen Welt autark zu werden; die erforderlichen Populationsgrößen, damit eine Kolonie überhaupt existenzfähig ist – um nur einige zu nennen. Falls überhaupt jemals, wird diese Möglichkeit nur für sehr, sehr wenige Menschen in Betracht kommen. Für den allergrößten Teil der Erdbevölkerung ist sie keine Option.

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