Der schnelle Skandal zwischendurch. Von kulinarischen Diktatoren und ihren zu heiß kochenden Kritikern
So ein Fertiggericht ist doch eine feine Sache: Schnell zur Hand, nicht minder fix aufgewärmt und obendrein noch trendgerecht hat man etwas Nahrhaftes im Bauch. Dass einige Zutaten möglicherweise zweifelhafter Provenienz sind, ahnt man vielleicht dunkel, ignoriert es aber geflissentlich — auch hier verfährt man schnell und bequem. An diesem Punkt nimmt das Buch „Futter fürs Volk — Was die Lebensmittelindustrie uns auftischt“ seinen Ausgang. Volker Angres, Claus-Peter Huttner und Lutz Ribbe versuchen mit Macht, den schönen Schein zu entlarven, unter dem uns „convenience food“ als schmackhaft und gesund angepriesen wird, hinter dem aber letztlich nichts steht als die industrielle Massenproduktion von Tieren und Pflanzen. Die Demaskierung wird anhand von Beispielen vollzogen. Stichworte: Batteriehaltung von Hühnern oder — topaktuell — BSE-Krise und wie es dazu kommen konnte. Die bedrückenden Fakten sind sorgfältig recherchiert und lassen einen sein Frühstücksei mit ganz neuen Augen sehen. Nützliche Zusatzinformationen, etwa eine ausführliche Liste von ökologisch orientierten Lebensmittelbetrieben und Restaurants, werden ebenfalls angeboten. Das ganze wird in einem flüssigen, leicht sarkastischen Stil präsentiert, dem man die unappetitliche Thematik nicht negativ anrechnen kann. Doch an einigen Stellen wird der Sarkasmus übertrieben, und genau hier liegt der Schwachpunkt des Buches, ein zweiter — diesmal unfreiwilliger — Bezug zum so heftig kritisierten Fertiggericht. Denn hier wie dort werden völlig unnötige Ingredienzen hinzugefügt, nur um die Substanz zu strecken oder eine Erwartungshaltung zu bedienen. Der Text ist oft regelrecht überwürzt mit allerlei „gefährlichen“ und „Krebs erregenden“ Dingen; alte Skandale werden noch einmal aufgewärmt; eine Prise Dioxin darf auch nicht fehlen; mit dem ideologischen Nudelholz wird kräftig auf die „Diktatoren der Tütensuppe“ eingeschlagen; und am Ende wird gar über die „Lichtenergie“ von Lebensmitteln räsoniert. Es ist schade, dass sich ein ansonsten so faktenreiches, interessantes und wichtiges Buch durch unnötige Polemik, Halbwahrheiten und dunkle Andeutungen so angreifbar macht. Trotzdem — wer wissen möchte, ob der Preis seines Steaks wirklich dessen Wert entspricht oder wer die weitere Bevormundung durch platte, vorgefertigte Geschmacksschablonen nicht mehr hinnehmen möchte — dem sei dieses ofenfrische Buch wärmstens empfohlen.
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