Eingebungen von oben?
Die christliche Kirche ist technikfeindlich, und der wissenschaftliche Fortschritt musste sich immer wieder gegen den Widerstand des christlichen Glaubens durchsetzen. Dieser weit verbreiteten Meinung will Eckart Roloff mit seiner Sammlung von "Göttlichen Geistesblitzen" entgegentreten. Vom vermeintlichen Entdecker des Schießpulvers über den Gesundheitsapostel Kneipp bis hin zum Erfinder der Zeitlupe findet der ehemalige Wissenschaftsredakteur des Rheinischen Merkur zahlreiche Theologen, Priester und Pfarrer in der Technikgeschichte. Sie waren Klosterbrüder, Gemeindepfarrer oder Theologieprofessoren und haben nebenbei Wissenschaftsgeschichte geschrieben oder Probleme des Alltags gelöst.
Immer wieder stößt der Leser in Roloffs Buch auf erstaunliche und überraschende Erkenntnisse, die das Verhältnis von Kirche und Naturwissenschaften, Glaube und Technik in neuem Licht erscheinen lassen. Zum Beispiel im Kapitel über die "elektrischen" Theologen, die in der neu entdeckten Elektrizität ein Symbol für Gott sahen. Oder der Landpfarrer Hermann Bräß, der in seiner eigenen Zeitung erstmals die Leser zu Wort kommen ließ und seitdem als Erfinder der Leserbriefe gilt – in Zeiten von Wikipedia und Mitmach-Web 2.0 kaum mehr vorstellbar, dass es Mediennutzung ohne Rückkanal gab.
Roloff hat in 19 Kapiteln Hintergründiges, Widersprüchliches und Rätselhaftes zusammengestellt. Dabei will er eher Geschichten erzählen als Geschichtsschreibung betreiben. Das macht sein Werk leicht lesbar und ist mehr Unterhaltung als schwere Kost. Ausnahmen bilden die Kapitel (zum Beispiel über Berthold Schwarz), in denen der Autor die Forschungsgeschichte nachzeichnet und mit zahlreichen Zitaten und Quellenangaben die wissenschaftliche Diskussion abbildet. Was anfangs mühsam zu lesen ist, zeigt am Ende den Zusammenprall von Religion und Erfindungen auf – etwa dann, wenn die Erfindung, wie im Falle von Schwarz das Schwarzpulver, von der Kirche im Nachhinein negativ gesehen wird und sie infolgedessen versucht, die Geschichtsschreibung zu verändern.
Das zu erwartende Thema des Buches – Wie können gläubige Männer objektive Forscher sein? Wie gehen christlicher Glaube und technischer Fortschritt zusammen? – ist nur punktuell in den einzelnen Kapiteln eingewoben. Mal wird technischer Fortschritt als wahre Nächstenliebe gesehen, mal dienen Erfindungen zur Ausbreitung der christlichen Botschaft und mal wird das technische Talent des Erfinders als Geschenk Gottes interpretiert. Oft aber prallen zwei Positionen aufeinander: Die eine sieht in Erfindungen einen Weg, die Werke Gottes besser zu erkennen, weil auch letztlich menschliche Entdeckungen göttliche Geistesblitze sind; die andere erkennt darin rein menschliche Werke und damit etwas, was von Gott entfremdet.
Die Vererbungslehre von Gregor Mendel wurde derart kontrovers diskutiert. Mendel selbst wollte durch Naturerkenntnis die Absichten Gottes besser verstehen und war überrascht, dass er damit religiöse Gefühle von anderen verletzt hatte. Roloff macht keinen Hehl daraus, welche Position er vertritt. Denn schon als Wissenschaftsredakteur einer christlich-konservativen Wochenzeitung war es sein Thema, naturwissenschaftliche Erkenntnis mit dem Glauben an einen Welten-Schöpfer zu versöhnen.
Der Autor ist von seiner Mission so begeistert, dass er auch seine Leser dafür gewinnen will. Ganz praktisch geschieht dies durch Hinweise am Ende eines jeden Kapitels. Hier hat er die Wirkungsgeschichte des gläubigen Erfinders aufgeführt: Straßen, Denkmäler, Wirkungsstätten, Museen, Stiftungen, Preise und selbst Briefmarken machen das eben Gelesene praktisch erlebbar. Roloff fordert seine Leser sogar dazu auf, weiteren Spuren nachzugehen und Neues zu entdecken. Am Ende vergibt er jedem Protagonisten ein bis drei Sterne für dessen Bekanntheit. Was aus Reiseführern zur Kategorisierung für Sehenswürdigkeiten bekannt ist, befremdet allerdings an dieser Stelle und bietet keine wirkliche Erkenntnis.
Offen bleibt zudem die Frage, warum sich Roloff bei seiner Sammlung göttlicher Geistesblitze allein auf Geistliche, also Profis im Glauben, gestützt hat. Es scheinen dahinter sowohl ein katholisches Amtsverständnis als auch die journalistische Vereinfachung zu stecken. Um das Verhältnis von Glaube und Entdeckung, göttlicher Eingebung und menschlicher Forschung, haben nicht nur Pfarrer und Priester gerungen, damit mussten sich auch Laien wie Albert Einstein auseinandersetzen. Auch wenn Roloff in einzelnen Überblickskapiteln versucht hier Aufklärung zu leisten, bleibt doch auch noch die Möglichkeit zur Weiterarbeit. Darüber hinaus fehlen einzelne Geistliche in seiner Sammlung wie der schottische Pastor Robert Stirling, der Erfinder des nach ihm benannten Motors. Und wenn der Autor vergeblich nach Pfarrern der Gegenwart geforscht hat, die geniale Erfindungen gemacht haben, dann sei zumindest ein wenig auf den evangelische Pfarrer Friedrich Barth verwiesen, der den Papphocker entwickelt hat: die geniale Sitzgelegenheit, die das Bild von Kirchen- und Katholikentagen geprägt hat.
Insgesamt hat Eckart Roloff aber eine kurzweilige Sammlung zusammengestellt, die überraschende Einblicke in das Verhältnis von Glaube und Wissenschaften gibt und zum eigenen Weiterforschen anregt.
Immer wieder stößt der Leser in Roloffs Buch auf erstaunliche und überraschende Erkenntnisse, die das Verhältnis von Kirche und Naturwissenschaften, Glaube und Technik in neuem Licht erscheinen lassen. Zum Beispiel im Kapitel über die "elektrischen" Theologen, die in der neu entdeckten Elektrizität ein Symbol für Gott sahen. Oder der Landpfarrer Hermann Bräß, der in seiner eigenen Zeitung erstmals die Leser zu Wort kommen ließ und seitdem als Erfinder der Leserbriefe gilt – in Zeiten von Wikipedia und Mitmach-Web 2.0 kaum mehr vorstellbar, dass es Mediennutzung ohne Rückkanal gab.
Roloff hat in 19 Kapiteln Hintergründiges, Widersprüchliches und Rätselhaftes zusammengestellt. Dabei will er eher Geschichten erzählen als Geschichtsschreibung betreiben. Das macht sein Werk leicht lesbar und ist mehr Unterhaltung als schwere Kost. Ausnahmen bilden die Kapitel (zum Beispiel über Berthold Schwarz), in denen der Autor die Forschungsgeschichte nachzeichnet und mit zahlreichen Zitaten und Quellenangaben die wissenschaftliche Diskussion abbildet. Was anfangs mühsam zu lesen ist, zeigt am Ende den Zusammenprall von Religion und Erfindungen auf – etwa dann, wenn die Erfindung, wie im Falle von Schwarz das Schwarzpulver, von der Kirche im Nachhinein negativ gesehen wird und sie infolgedessen versucht, die Geschichtsschreibung zu verändern.
Das zu erwartende Thema des Buches – Wie können gläubige Männer objektive Forscher sein? Wie gehen christlicher Glaube und technischer Fortschritt zusammen? – ist nur punktuell in den einzelnen Kapiteln eingewoben. Mal wird technischer Fortschritt als wahre Nächstenliebe gesehen, mal dienen Erfindungen zur Ausbreitung der christlichen Botschaft und mal wird das technische Talent des Erfinders als Geschenk Gottes interpretiert. Oft aber prallen zwei Positionen aufeinander: Die eine sieht in Erfindungen einen Weg, die Werke Gottes besser zu erkennen, weil auch letztlich menschliche Entdeckungen göttliche Geistesblitze sind; die andere erkennt darin rein menschliche Werke und damit etwas, was von Gott entfremdet.
Die Vererbungslehre von Gregor Mendel wurde derart kontrovers diskutiert. Mendel selbst wollte durch Naturerkenntnis die Absichten Gottes besser verstehen und war überrascht, dass er damit religiöse Gefühle von anderen verletzt hatte. Roloff macht keinen Hehl daraus, welche Position er vertritt. Denn schon als Wissenschaftsredakteur einer christlich-konservativen Wochenzeitung war es sein Thema, naturwissenschaftliche Erkenntnis mit dem Glauben an einen Welten-Schöpfer zu versöhnen.
Der Autor ist von seiner Mission so begeistert, dass er auch seine Leser dafür gewinnen will. Ganz praktisch geschieht dies durch Hinweise am Ende eines jeden Kapitels. Hier hat er die Wirkungsgeschichte des gläubigen Erfinders aufgeführt: Straßen, Denkmäler, Wirkungsstätten, Museen, Stiftungen, Preise und selbst Briefmarken machen das eben Gelesene praktisch erlebbar. Roloff fordert seine Leser sogar dazu auf, weiteren Spuren nachzugehen und Neues zu entdecken. Am Ende vergibt er jedem Protagonisten ein bis drei Sterne für dessen Bekanntheit. Was aus Reiseführern zur Kategorisierung für Sehenswürdigkeiten bekannt ist, befremdet allerdings an dieser Stelle und bietet keine wirkliche Erkenntnis.
Offen bleibt zudem die Frage, warum sich Roloff bei seiner Sammlung göttlicher Geistesblitze allein auf Geistliche, also Profis im Glauben, gestützt hat. Es scheinen dahinter sowohl ein katholisches Amtsverständnis als auch die journalistische Vereinfachung zu stecken. Um das Verhältnis von Glaube und Entdeckung, göttlicher Eingebung und menschlicher Forschung, haben nicht nur Pfarrer und Priester gerungen, damit mussten sich auch Laien wie Albert Einstein auseinandersetzen. Auch wenn Roloff in einzelnen Überblickskapiteln versucht hier Aufklärung zu leisten, bleibt doch auch noch die Möglichkeit zur Weiterarbeit. Darüber hinaus fehlen einzelne Geistliche in seiner Sammlung wie der schottische Pastor Robert Stirling, der Erfinder des nach ihm benannten Motors. Und wenn der Autor vergeblich nach Pfarrern der Gegenwart geforscht hat, die geniale Erfindungen gemacht haben, dann sei zumindest ein wenig auf den evangelische Pfarrer Friedrich Barth verwiesen, der den Papphocker entwickelt hat: die geniale Sitzgelegenheit, die das Bild von Kirchen- und Katholikentagen geprägt hat.
Insgesamt hat Eckart Roloff aber eine kurzweilige Sammlung zusammengestellt, die überraschende Einblicke in das Verhältnis von Glaube und Wissenschaften gibt und zum eigenen Weiterforschen anregt.
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