Gott, Geist und Gruppenkitt
In einem lockeren Gespräch plaudern drei wortgewandte Denker um das goldene Kalb, ohne die Ausgangsfrage zu beantworten, wo Gott denn nun steckt. Doch nicht Gott zu finden, sondern gepflegt über ihn zu reden, das ist der eigentliche Mehr- und Unterhaltungswert dieser zweistündigen Aufnahme – so jedenfalls das Fazit der drei Diskutanten, von denen jeder einen anderen Zugang zur Frage nach Gott hat.
Für den österreichische Kabarettisten Gunkl – mit richtigen Namen Günther Paal – ist die Sache klar: Gott ist nicht wichtig, die Welt kann mit "Bordmitteln" erklärt werden und das Bedürfnis nach Sinnerklärungen, die über die naturalistische Erkenntnis hinausgehen, sind sinnlos: "Mehr als dass man es weiß, gibt es nicht zu wissen", resümiert er mit sympathischem österreichischem Akzent. Der dem Fernsehpublikum bekannte Astrophysiker Harald Lesch ist evangelisch und kokettiert mit protestantischer Askese. Er hält es für erstrebenswert, ständig im Zweifel zu leben, also gläubig zu sein und dies doch dauernd anzuzweifeln.
Was für Lesch eine Lebensphilosophie ist, ist für Gunkl einfach nur mühsam, nämlich einen Gott zu erfinden, den man "on the fly permanent" apologetisch unterfüttern muss, um ihn aufrecht zu erhalten. Der Agnostiker Gunkl hält den Glauben in seiner Funktion als "Gruppenkitt" nützlich und für ein Produkt der Evolution. Harald Lesch ist dieser reine Verstandesansatz zu einfach. Er versucht ständig dem Gespräch eine theologische Tiefe zu geben und zugleich Glaube und Glaubenserfahrung als subjektives Erlebnis zu begreifen. Überhaupt ist Harald Lesch voller Respekt vor theologischem Denken und der Bedeutung der Religion für Kunst und Kultur – wahrscheinlich hält er Theologie sogar für eine Wissenschaft.
Der dritte im Bunde ist der Hirnforscher Manfred Spitzer. Er bekennt sich zu seiner katholischen Sozialisation, ist inzwischen aber wohl kirchenfern. In dem Gespräch nimmt er eine angenehm distanzierte Haltung ein. Während sich Gunkl eindeutig zu seinem Unglauben bekennt und Harald Lesch als moderner Protestant um die Gottesfrage herumeiert, streut Manfred Spitzer interessante Erkenntnisse aus der Hirnforschung ein.
Auch dies führt zu einer Vertiefung des Gesprächs. Beispielsweise bei der Frage, was man unter religiösen Glauben überhaupt verstehen will, denn religiöse Praktiken sind im Gehirn ganz unterschiedlich repräsentiert. Es ist hirnphysiologisch ein Unterschied, ob man vom Beten, religiösem Erleben oder religiöser Reflexion spricht, weshalb Religion nicht einfach im Gehirn lokalisiert werden kann und überhaupt "Religion" kein gutes begriffliches Konzept ist.
Ohne diese Erläuterungen Manfred Spitzers würde das Gespräch zwischen Gunkl und Lesch im Wesentlichen die Stereotypen zwischen Atheisten und Gläubigen wiedergeben. Wenn beispielsweise der Atheist Gunkl die Bibel als Wort Gottes bezeichnet und auf Widersprüche in ihr hinweist, reagiert Lesch mit dem Abwehrreflex der Gläubigen, insofern er die Bibel als Geschichtensammlung relativiert. Hier zeigt sich wieder das Phänomen, dass unter gemäßigten Denkern nur Atheisten die Bibel wirklich ernst nehmen – und wahrscheinlich auch nur sie diese wirklich lesen.
Kurz gesagt sucht Harald Lesch ständig nach theologischem Tiefgang, der rationale Gunkl bleibt pragmatisch und Manfred Spitzer unterfüttert das Ganze mit Fakten aus der Hirnforschung. Das lässt sich wunderbar anhören, denn der Ton ist unaufgeregt und respektvoll, was wohl auch daran liegt, dass alle drei das Thema Gott nicht zu wichtig nehmen und sich nicht missionieren wollen. Außerdem sind sie sich natürlich einig, was das naturwissenschaftliche Fundament anbelangt. Sie halten den Menschen und seine Fähigkeit oder Neigung zu Glauben für ein Produkt der Evolution. Hier kommt der einzige Schwachpunkt der Gesprächsrunde zur Geltung. Alle drei sind ziemlich schwach auf der Brust, was die Evolutionsbiologie anbelangt und so werden naheliegende interessante Fragestellungen von ihnen nicht aufgegriffen. Ein vierter Gesprächspartner wäre aber vielleicht auch einer zu viel gewesen.
Für den österreichische Kabarettisten Gunkl – mit richtigen Namen Günther Paal – ist die Sache klar: Gott ist nicht wichtig, die Welt kann mit "Bordmitteln" erklärt werden und das Bedürfnis nach Sinnerklärungen, die über die naturalistische Erkenntnis hinausgehen, sind sinnlos: "Mehr als dass man es weiß, gibt es nicht zu wissen", resümiert er mit sympathischem österreichischem Akzent. Der dem Fernsehpublikum bekannte Astrophysiker Harald Lesch ist evangelisch und kokettiert mit protestantischer Askese. Er hält es für erstrebenswert, ständig im Zweifel zu leben, also gläubig zu sein und dies doch dauernd anzuzweifeln.
Was für Lesch eine Lebensphilosophie ist, ist für Gunkl einfach nur mühsam, nämlich einen Gott zu erfinden, den man "on the fly permanent" apologetisch unterfüttern muss, um ihn aufrecht zu erhalten. Der Agnostiker Gunkl hält den Glauben in seiner Funktion als "Gruppenkitt" nützlich und für ein Produkt der Evolution. Harald Lesch ist dieser reine Verstandesansatz zu einfach. Er versucht ständig dem Gespräch eine theologische Tiefe zu geben und zugleich Glaube und Glaubenserfahrung als subjektives Erlebnis zu begreifen. Überhaupt ist Harald Lesch voller Respekt vor theologischem Denken und der Bedeutung der Religion für Kunst und Kultur – wahrscheinlich hält er Theologie sogar für eine Wissenschaft.
Der dritte im Bunde ist der Hirnforscher Manfred Spitzer. Er bekennt sich zu seiner katholischen Sozialisation, ist inzwischen aber wohl kirchenfern. In dem Gespräch nimmt er eine angenehm distanzierte Haltung ein. Während sich Gunkl eindeutig zu seinem Unglauben bekennt und Harald Lesch als moderner Protestant um die Gottesfrage herumeiert, streut Manfred Spitzer interessante Erkenntnisse aus der Hirnforschung ein.
Auch dies führt zu einer Vertiefung des Gesprächs. Beispielsweise bei der Frage, was man unter religiösen Glauben überhaupt verstehen will, denn religiöse Praktiken sind im Gehirn ganz unterschiedlich repräsentiert. Es ist hirnphysiologisch ein Unterschied, ob man vom Beten, religiösem Erleben oder religiöser Reflexion spricht, weshalb Religion nicht einfach im Gehirn lokalisiert werden kann und überhaupt "Religion" kein gutes begriffliches Konzept ist.
Ohne diese Erläuterungen Manfred Spitzers würde das Gespräch zwischen Gunkl und Lesch im Wesentlichen die Stereotypen zwischen Atheisten und Gläubigen wiedergeben. Wenn beispielsweise der Atheist Gunkl die Bibel als Wort Gottes bezeichnet und auf Widersprüche in ihr hinweist, reagiert Lesch mit dem Abwehrreflex der Gläubigen, insofern er die Bibel als Geschichtensammlung relativiert. Hier zeigt sich wieder das Phänomen, dass unter gemäßigten Denkern nur Atheisten die Bibel wirklich ernst nehmen – und wahrscheinlich auch nur sie diese wirklich lesen.
Kurz gesagt sucht Harald Lesch ständig nach theologischem Tiefgang, der rationale Gunkl bleibt pragmatisch und Manfred Spitzer unterfüttert das Ganze mit Fakten aus der Hirnforschung. Das lässt sich wunderbar anhören, denn der Ton ist unaufgeregt und respektvoll, was wohl auch daran liegt, dass alle drei das Thema Gott nicht zu wichtig nehmen und sich nicht missionieren wollen. Außerdem sind sie sich natürlich einig, was das naturwissenschaftliche Fundament anbelangt. Sie halten den Menschen und seine Fähigkeit oder Neigung zu Glauben für ein Produkt der Evolution. Hier kommt der einzige Schwachpunkt der Gesprächsrunde zur Geltung. Alle drei sind ziemlich schwach auf der Brust, was die Evolutionsbiologie anbelangt und so werden naheliegende interessante Fragestellungen von ihnen nicht aufgegriffen. Ein vierter Gesprächspartner wäre aber vielleicht auch einer zu viel gewesen.
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