Gewöhnlich und außergewöhnlich
Wer das Foyer des Kirchhoff-Instituts der Heidelberger Universität betritt, kann das Wandrelief mit dem Bild des Namensgebers kaum verfehlen. Auch in Heidelbergs Hauptstraße weist eine Tafel am Haus Nr. 52 auf den Begründer der Spektralanalyse hin. Physikstudenten begegnen dem Namen Gustav Robert Kirchhoff spätestens bei den nach ihm benannten Gesetzen, mit denen sich Ströme, Spannungen und Widerstände in elektrischen Schaltungen ausrechnen lassen – eine angenehme, da einfache und schlüssige Einführung in die Elektrizitätslehre.
Selbst unter Physikern ist schon fast vergessen, dass Kirchhoff (1824 – 1887) zusammen mit seinem Kollegen Robert Bunsen (1811 – 1899) aus der Chemie die Elemente Zäsium und Rubidium entdeckt hat – mit Hilfe der Spektralanalyse. Diese Untersuchungen halfen, die rätselhaften Fraunhoferlinien im Licht zum Beispiel der Sterne zu verstehen, und lieferten damit das zentrale Arbeitsmittel der modernen Astronomie. Das Strahlungsgesetz, das Kirchhoff 1859 in Heidelberg aufstellte, beschreibt die Absorption und Emission elektromagnetischer Wellen durch alle Körper. Von dort war es nicht mehr weit zum Konzept des "Schwarzen Körpers". Die Arbeit an diesem idealisierten Objekt, das alle Strahlung verschluckt, aber nichts von sich gibt, führte letztlich Max Planck (1856 – 1947) am Ende des Jahrhunderts zur Quantentheorie. Die moderne Physik war eröffnet.
Dass über solch einen Giganten der Physik des 19. Jahrhunderts erst jetzt eine ordentliche Biografie vorgelegt wird, ist erstaunlich. Klaus Hübner, selbst emeritiertes Mitglied des Kirchhoff-Instituts, fand für sein Werk "außerordentlich günstige Umstände" vor. Im Geheimen Preußischen Staatsarchiv wurden nämlich die Akten über Kirchhoffs Zeiten in Berlin, Königsberg und Breslau akribisch gesammelt und sind durch alle Zeitwirren hindurch weit gehend erhalten geblieben.
Äußerst kundig und stellenweise unterhaltsam geschrieben, wirft Hübners Werk einen Blick auf Herkunft, Familie und Persönlichkeit seines Helden, auf den Studenten, Briefeschreiber, Hochschullehrer, Redner. Hübner spricht vom "gewöhnlichen Leben eines außergewöhnlichen Mannes": Es gab wissenschaftlich wie privat die zeitüblichen Höhen und Tiefen, aber Kirchhoffs Leben enthält keine Sensationen – abgesehen davon, dass er einer der größten Physiker seiner Zeit war.
Kirchhoff hat in seinem Leben rund 60 Publikationen vorgelegt, die Hälfte davon über rein mathematische Untersuchungen, die anderen über seine Experimente. Für heutige Verhältnisse ist das eine eher magere Liste. Aber welcher Zeitgenosse könnte sich rühmen, mit so wenig Papier eine derartige Nachwirkung erzielt zu haben!
Was in Hübners Biografie deutlich hervortritt, ist der Mensch Kirchhoff: freundlich und bescheiden. So schreibt der Physiker 1878 im schönsten Sütterlin an eine Autogrammjägerin (ja, das gab es schon damals): "Verehrtes Fräulein, Sie wünschten einige Zeilen von meiner Hand zu erhalten ..." Zugleich war er visionär in fast allem, was er anpackte. Die Auswirkungen von Kirchhoffs Arbeiten spüren wir bis heute. Nicht nur Physikstudenten und angehende Wissenschaftshistoriker sollten dieses eindrucksvolle Werk lesen, sondern auch jeder, der verstehen will, auf welchen Fundamenten die Physik des 20. Jahrhunderts aufbaut.
Selbst unter Physikern ist schon fast vergessen, dass Kirchhoff (1824 – 1887) zusammen mit seinem Kollegen Robert Bunsen (1811 – 1899) aus der Chemie die Elemente Zäsium und Rubidium entdeckt hat – mit Hilfe der Spektralanalyse. Diese Untersuchungen halfen, die rätselhaften Fraunhoferlinien im Licht zum Beispiel der Sterne zu verstehen, und lieferten damit das zentrale Arbeitsmittel der modernen Astronomie. Das Strahlungsgesetz, das Kirchhoff 1859 in Heidelberg aufstellte, beschreibt die Absorption und Emission elektromagnetischer Wellen durch alle Körper. Von dort war es nicht mehr weit zum Konzept des "Schwarzen Körpers". Die Arbeit an diesem idealisierten Objekt, das alle Strahlung verschluckt, aber nichts von sich gibt, führte letztlich Max Planck (1856 – 1947) am Ende des Jahrhunderts zur Quantentheorie. Die moderne Physik war eröffnet.
Dass über solch einen Giganten der Physik des 19. Jahrhunderts erst jetzt eine ordentliche Biografie vorgelegt wird, ist erstaunlich. Klaus Hübner, selbst emeritiertes Mitglied des Kirchhoff-Instituts, fand für sein Werk "außerordentlich günstige Umstände" vor. Im Geheimen Preußischen Staatsarchiv wurden nämlich die Akten über Kirchhoffs Zeiten in Berlin, Königsberg und Breslau akribisch gesammelt und sind durch alle Zeitwirren hindurch weit gehend erhalten geblieben.
Äußerst kundig und stellenweise unterhaltsam geschrieben, wirft Hübners Werk einen Blick auf Herkunft, Familie und Persönlichkeit seines Helden, auf den Studenten, Briefeschreiber, Hochschullehrer, Redner. Hübner spricht vom "gewöhnlichen Leben eines außergewöhnlichen Mannes": Es gab wissenschaftlich wie privat die zeitüblichen Höhen und Tiefen, aber Kirchhoffs Leben enthält keine Sensationen – abgesehen davon, dass er einer der größten Physiker seiner Zeit war.
Kirchhoff hat in seinem Leben rund 60 Publikationen vorgelegt, die Hälfte davon über rein mathematische Untersuchungen, die anderen über seine Experimente. Für heutige Verhältnisse ist das eine eher magere Liste. Aber welcher Zeitgenosse könnte sich rühmen, mit so wenig Papier eine derartige Nachwirkung erzielt zu haben!
Was in Hübners Biografie deutlich hervortritt, ist der Mensch Kirchhoff: freundlich und bescheiden. So schreibt der Physiker 1878 im schönsten Sütterlin an eine Autogrammjägerin (ja, das gab es schon damals): "Verehrtes Fräulein, Sie wünschten einige Zeilen von meiner Hand zu erhalten ..." Zugleich war er visionär in fast allem, was er anpackte. Die Auswirkungen von Kirchhoffs Arbeiten spüren wir bis heute. Nicht nur Physikstudenten und angehende Wissenschaftshistoriker sollten dieses eindrucksvolle Werk lesen, sondern auch jeder, der verstehen will, auf welchen Fundamenten die Physik des 20. Jahrhunderts aufbaut.
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