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Geballtes Fachwissen

Die Psychotraumatologie, lange Zeit Steckenpferd weniger Spezialisten, ist zum breiten Forschungsfeld avanciert. Dieser fast 800 Seiten starke Herausgeberband bildet den aktuellen Erkenntnisstand aus Wissenschaft und Praxis ab: 80 Experten beleuchten darin ihr Fachgebiet von allen Seiten.

Das Handbuch beginnt mit grundlegenden Theorien und Befunden der Traumaforschung, behandelt ihre Entwicklung in verschiedenen Schulen der Psychotherapie und arbeitet sich dann systematisch durch eine Vielzahl weiterer Aspekte. Neben einer differenzierten Beschreibung verschiedener Krankheitsbilder, Ursachen und Therapiemöglichkeiten greift es gesellschaftliche, kulturelle und rechtliche Fragen auf. Wer ist ein Opfer, wer ein Täter? Welche traumatischen Folgen hatte der Holocaust? Wie hat sich die Rechtsprechung für Traumaopfer entwickelt? Nicht zufällig widmen die Herausgeber ihr Buch Ulrich Venzlaff, Facharzt für Neurologie und laut Vorwort ein "Wegbereiter der Psychotraumatologie", der sich seit Langem mit Entschädigungsansprüchen politisch Verfolgter beschäftigt. Von ihm selbst findet sich ein Kapitel zum "erlebnisbedingten Persönlichkeitswandel", das über die Langzeitfolgen schwerer Traumatisierungen aufklärt.

Das Handbuch zeichnet sich neben seiner inhaltlichen Dichte und Ausführlichkeit durch eine übersichtliche Gliederung und eine schnörkellose Sprache aus. Stellenweise werfen die Autoren aber doch mit Fremdwörtern um sich – eine gefälligere Formulierung hier und da hätte der wissenschaftlichen Qualität nicht geschadet. So gerät die Darstellung zum Teil recht trocken, zumal jegliche Bebilderung fehlt und der Text nur mit ein paar wenigen Tabellen und Diagrammen garniert ist. Anschaulich sind dagegen die Fallbeispiele in einigen Kapiteln, etwa in dem von Venzlaff.

Wer sich mit dem Gebiet der Psychotraumatologie wissenschaftlich oder klinisch auseinandersetzen möchte, dem sei dieses fachkundige, gründlich recherchierte Sammelwerk ans Herz gelegt. In diesem Sinn ist es vor allem für Traumatologen, Psychotherapeuten und -analytiker, Psychiater, Sozialarbeiter und Erzieher sowie als Lehrbuch für Studierende geeignet. Dem interessierten Laien, der sich einen ersten Überblick verschaffen möchte, ist davon eher abzuraten. Denn das Fachbuch, reich an Quellen und wissenschaftlichen Begriffen, erfordert vom Leser viel psychologisches Vor­wissen. Eine Online­leseprobe mit zahlreichen ergänzenden Informationen gibt es auf der Website zum Buch: www.handbuch-psychotraumatologie.de

  • Quellen
Gehirn & Geist 1–2/2011

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