Hirnforschern aufs Maul geschaut
Was reden Hirnforscher eigentlich so den lieben langen Tag? In öffentlichen Debatten gelten sie plötzlich als Experten in Sachen Bildung, Glück oder auch Ökonomie und diskutieren nebenbei alte philosophische Probleme wie das der Willensfreiheit oder des Bewusstseins. Dabei bedienen sie sich oft einer sonderbaren Mischung aus Alltagssprache und wissenschaftlicher Terminologie. Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Peter Janich will die begrifflichen Irrungen und Wirrungen nun in diesem Sachbuch auflösen.
Er unterscheidet vor allem drei Sprachebenen, die in den Neurowissenschaften eine wichtige Rolle spielen. In der "Objektsprache" reden die Spezialisten über die harten Fakten – den Forschungsgegenstand. Hier stellt die Hirnforschung insofern einen Sonderfall dar, als sie bisher kein eigenes Fach bildet und ihre Begriffe häufig anderen Disziplinen wie der Physik und der Biologie entlehnt, aber auch der Alltagssprache. "Feuern" beschreibt zum Beispiel eine Funktion von Nervenzellen. Begriffe aus der Nachrichtentechnik sind ebenfalls gebräuchlich. So bezeichnen Neurobiologen Aktionspotenziale oder das Ausschütten von Botenstoffen gerne als Nachrichten oder Signale. Janich wendet ein, dass Nachrichten wahr oder falsch sein können und Signale normalerweise eine Bedeutung haben: Der Absender will etwas mitteilen, der Empfänger kann die Botschaft richtig oder falsch verstehen. Ein "Nervensignal" dagegen kann nicht missverstanden werden. Problematisch werden die Begriffe laut Janich dann, wenn Hirnforscher glauben, sie könnten die Bedeutung menschlicher Kommunikation aus dem "Feuern" von Nervenzellen erklären, da diese ja miteinander "kommunizieren".
Auf einer zweiten Ebene nutzen Neurobiologen eine Art "Begleitsprache", in der sie ihr Programm und ihr Selbstverständnis der Öffentlichkeit darstellen. Auf diese Weise versuchen sie, ihre Detailergebnisse aus dem Labor auf die großen, ungelösten Probleme der Wissenschaft zu übertragen, sprechen bedeutungsschwanger von "Ich", "Bewusstsein" oder "Willensfreiheit". Diese Begriffe stammen aus Alltagssprache, Psychologie und Philosophie, sind dort aber keineswegs eindeutig definiert. So wandelt sich das Gehirn vom anatomischen Gegenstand (Objektsprache) zum scheinbar selbstständigen Akteur (Begleitsprache): Nicht der Mensch denkt, entscheidet und handelt, sondern sein Zentralorgan, wie einige Hirnforscher zumindest sprachlich nahelegen.
Auf einer dritten Ebene, der "Metasprache", behandeln Neurobiologen die Methoden ihres Fachs und die Gültigkeit von Ergebnissen. In diesem Zusammenhang diskutiert Janich, ob sich das über Jahrhunderte bewährte naturwissenschaftliche Experiment so einfach auf den Menschen übertragen lässt, der eben nicht nur ein Naturgegenstand sei.
Der Autor selbst formuliert klar, sachlich und ohne zu polemisieren. Leider reißt er viele Aspekte in diesem schmalen Band nur kurz an, und manches Argument – zum Beispiel gegen ein rein biologisch begründetes Menschenbild – ist nicht neu. Dennoch schön, dass ein Wissenschaftstheoretiker den Sprachgebrauch einer populären Wissenschaft wie der Hirnforschung kritisch und mit kühlem Kopf analysiert.
Er unterscheidet vor allem drei Sprachebenen, die in den Neurowissenschaften eine wichtige Rolle spielen. In der "Objektsprache" reden die Spezialisten über die harten Fakten – den Forschungsgegenstand. Hier stellt die Hirnforschung insofern einen Sonderfall dar, als sie bisher kein eigenes Fach bildet und ihre Begriffe häufig anderen Disziplinen wie der Physik und der Biologie entlehnt, aber auch der Alltagssprache. "Feuern" beschreibt zum Beispiel eine Funktion von Nervenzellen. Begriffe aus der Nachrichtentechnik sind ebenfalls gebräuchlich. So bezeichnen Neurobiologen Aktionspotenziale oder das Ausschütten von Botenstoffen gerne als Nachrichten oder Signale. Janich wendet ein, dass Nachrichten wahr oder falsch sein können und Signale normalerweise eine Bedeutung haben: Der Absender will etwas mitteilen, der Empfänger kann die Botschaft richtig oder falsch verstehen. Ein "Nervensignal" dagegen kann nicht missverstanden werden. Problematisch werden die Begriffe laut Janich dann, wenn Hirnforscher glauben, sie könnten die Bedeutung menschlicher Kommunikation aus dem "Feuern" von Nervenzellen erklären, da diese ja miteinander "kommunizieren".
Auf einer zweiten Ebene nutzen Neurobiologen eine Art "Begleitsprache", in der sie ihr Programm und ihr Selbstverständnis der Öffentlichkeit darstellen. Auf diese Weise versuchen sie, ihre Detailergebnisse aus dem Labor auf die großen, ungelösten Probleme der Wissenschaft zu übertragen, sprechen bedeutungsschwanger von "Ich", "Bewusstsein" oder "Willensfreiheit". Diese Begriffe stammen aus Alltagssprache, Psychologie und Philosophie, sind dort aber keineswegs eindeutig definiert. So wandelt sich das Gehirn vom anatomischen Gegenstand (Objektsprache) zum scheinbar selbstständigen Akteur (Begleitsprache): Nicht der Mensch denkt, entscheidet und handelt, sondern sein Zentralorgan, wie einige Hirnforscher zumindest sprachlich nahelegen.
Auf einer dritten Ebene, der "Metasprache", behandeln Neurobiologen die Methoden ihres Fachs und die Gültigkeit von Ergebnissen. In diesem Zusammenhang diskutiert Janich, ob sich das über Jahrhunderte bewährte naturwissenschaftliche Experiment so einfach auf den Menschen übertragen lässt, der eben nicht nur ein Naturgegenstand sei.
Der Autor selbst formuliert klar, sachlich und ohne zu polemisieren. Leider reißt er viele Aspekte in diesem schmalen Band nur kurz an, und manches Argument – zum Beispiel gegen ein rein biologisch begründetes Menschenbild – ist nicht neu. Dennoch schön, dass ein Wissenschaftstheoretiker den Sprachgebrauch einer populären Wissenschaft wie der Hirnforschung kritisch und mit kühlem Kopf analysiert.
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