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"Ausgeknipst"?

Durch das Internet sind wir alle kommunikationsgestörter geworden", behauptet die Psychotherapeutin Franziska Kühne. Damit fügt sie sich nahtlos ein in die Reihe polemisierender Kritiker der digitalen Kommunikationskultur. Die Autorin sorgt sich vor allem um Herz und Gemüt: "Wie wird es wohl mit der Menschlichkeit im Jahr 2030 oder 2050 aussehen? Haben wir unsere Emotionen dann alle 'ausgeknipst'?"

Die Menschheit sei dem Untergang geweiht, glaubt Kühne, wenn man sozialen Netzwerken im Internet nicht schnell einen Riegel vorschiebe. Die digitale Kommunikation gebe uns das Gefühl, nicht allein zu sein, obwohl wir es eigentlich seien. Wir verlören den Anschluss an das echte Leben und würden "unfähig, über uns selbst zu bestimmen".

Tatsächlich gibt es Einsamkeit und Süchte natürlich nicht erst seit der Entwicklung der digitalen Medien. Die meisten Auswüchse unseres Onlinelebens sind lediglich ein Symptom, manchmal auch ein Katalysator für psychische Fehlentwicklungen. Doch Kühne beschreibt vorzugsweise Extremfälle und propagiert den Verzicht. Eine Anleitung zu einem maßvollen und flexiblen Umgang mit den neuen Medien bietet sie nicht, obwohl man das bei ihrem Berufsstand wohl erwarten könnte. Auch in ihren Fallgeschichten schildert sie oft nur das Problem und nicht dessen Lösung.

In der Vorbemerkung steht noch dazu klein gedruckt: "Alles, worüber ich erzähle, habe ich also erlebt oder hätte ich so erleben können." Schade, dass sie nicht einfach die Realität beschrieben hat, denn die bietet fraglos genug Stoff für ein Buch. Diese schlagzeilenträchtigere Variante, offenbar angereichert mit einer Portion Fiktion, tut der Diskussion über die Folgen der digitalen Kommunikationskultur nicht gut.

  • Quellen
Gehirn und Geist 1–2/2013

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