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Und ewig lockt die Höhle

Die meisten von uns meinen, die Erde sei flächendeckend kartografiert. Dabei beginnt direkt unter unseren Füßen eine kaum erforschte Welt: Die der Höhlen, Klüfte und Erdspalten nämlich – mit Schluchten und Wasserfällen, die noch nie ein Mensch gesehen hat, mit Hallen groß wie Kathedralen, mit augenlosen und fast durchsichtigen Tieren. Allein in Deutschland gibt es rund neuntausend Höhlen, viele kaum erkundet. Den besonderen Reiz ihres Fachgebiets vermitteln Höhlenforscher auf der vorliegenden Doppel-CD sehr lebendig.

Auf der ersten CD widmen sie sich den Grundlagen der Höhlenentstehung. Das Spektrum reicht dabei von den grundlegenden Prozessen, einschlägigen Fachbegriffen und Unterscheidungen bis hin zur Anwendung dieses Wissens auf plötzlich entstehende Löcher unter dem tropfenden Wasserhahn. Stephan Kempe, Geologie-Professor an der Technischen Universität Darmstadt, versteht es, das eher trockene Material sehr fesselnd zu vermitteln. Dabei scheut er keineswegs vor Fachbegriffen und chemischen Summenformeln zurück. Vielmehr findet er eingängige Bilder, um sie zu veranschaulichen. Das unglückliche Rhinozeros etwa, das vor Urzeiten in die Lava geriet und einen Hohlraum in dieser zurückließ, prägt man sich als markantes Beispiel für eine "Primärhöhle" ein, die gleichzeitig mit dem umgebenden Gestein entsteht. Lediglich an einer Stelle wünscht man sich Zettel und Stift herbei, um den Ausführungen zu folgen: als der Geologe nämlich die Löslichkeit von Kalk in Abhängigkeit von der Kohlendioxidkonzentration im Wasser erörtert. Doch siehe da, auf der CD-Hülle ist die zugehörige Funktionskurve abgebildet.

Bibbernd von Gestein umgeben

Nach der gelungenen ersten Scheibe ist man umso gespannter auf die Aufnahmen "Mit Günter Stummer und Herbert W. Franke in der Dachstein-Mammuthöhle" auf CD Nummer 2. Doch die renommierten österreichischen Höhlenforscher vermitteln wenig von der Stimmung dort unten. Nur einige unkommentierte Höhlengeräusche bieten einen kleinen Eindruck davon. Stattdessen schwelgen die Forscher in Erinnerungen an frühe Exkursionen, bei denen sie bibbernd auf die Rückkehr der Hauptgruppe warteten und andere Teilnehmer am Schattenriss ihrer ungewöhnlichen Hüte erkannten.

Spannender wird es, wenn andere Höhlenforscher ihre Faszination für unentdeckte Höhlentiere schildern oder von Tauchgängen unter der mexikanischen Halbinsel Yucatán berichten, bei denen sie Überreste von eiszeitlichen Tieren finden. Und wenn der Bochumer Geografie-Professor Andreas Pflitsch abschließend vermittelt, dass in U-Bahn-Schächten ähnliche Luftströmungen eine Rolle spielen wie in natürlichen Höhlen, macht das zwar die Relevanz des Fachgebiets noch einmal deutlich, doch man bedauert es fast, sich der Oberfläche mit diesem Thema wieder zu nähern. Beim Zuhören bekommt man Lust, wieder einmal eine (touristisch erschlossene) Höhle zu besuchen – und dieses Mal genauer hinzuschauen, als man das sonst tut.

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