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Lernen passiert im Kopf - nicht nur auf der Schulbank

Manfred Spitzer, Professor für Psychiatrie und bekannter Autor populärwissenschaftlicher Literatur, beschäftigt sich in seinem neuesten Werk mit dem Thema "Lernen" – und findet reges Interesse in der Folge der Pisa-Diskussion. Das immerhin über 500 Seiten schwere Buch bietet eine Art Rundumschlag: Wer naturwissenschaftlich korrekte Informationen über die neurobiologischen Grundlagen des Lernens sucht, wird in den ersten Teilen gut bedient. Manche Eltern und viele Schüler werden sich aber anstrengen müssen, um allen fachlichen Ausführungen folgen zu können. Dafür bleibt Spitzer auch interessant für diejenigen, die schon etwas von der Materie verstehen. Schade, dass dem Buch an dieser Stelle besonders anzumerken ist, dass es etwas eilig publiziert wurde, um aktuell zu bleiben. Eine Menge der zitierten wissenschaftlichen Arbeiten fehlen ganz einfach im Literaturverzeichnis. In der zweiten Hälfte des Buches wird der Autor dem Untertitel gerecht. Endlich kommt er auf die Schule zu sprechen. Und nun warten wir auf die erlösende Auskunft, wie eine gute Schule denn nun auszusehen hat, damit nach der nächsten Pisa-Studie keine dumpfe Trauer mehr herrscht in deutschen Landen. Und so erfahren wir denn, dass Neues und Interessantes sich leichter merken lässt, dass Übung den Meister macht und Angst nicht nur die Seele aufisst, sondern auch am Lernen hindert. Durch Geschichten wird Lernstoff interessanter als durch dröge Darstellung von Fakten. Das ist alles nicht sonderlich neu. Aber Spitzer vermittelt zu diesen altbekannten Weisheiten die oft deutlich jüngeren oder sogar brandaktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Und was ist mit den Kochrezepten für das Lernen im Schlaf oder für eine Reform der Schulen aus dem Handgelenk? Es gibt sie nicht – und dankenswerterweise spricht Spitzer das auch deutlich aus. Er beschäftigt sich denn auch viel mehr mit der im Untertitel seines Buches genannten "Schule des Lebens" als mit der Schule, wie wir sie verstehen. Alles in unserem Leben ist Lernen – von der ersten bis zur letzten Minute. Die reale Schulbank macht da den allerkleinsten Teil aus. Spitzer macht sich genauso Gedanken über das Lernen von sozialem Verhalten und ethischen Grundsätzen, wie über die Auswirkungen des massenhaften Konsums von Gewaltdarstellungen im Fernsehen und in Videospielen. Auch auf die Wichtigkeit guter Deutschkenntnisse in unseren Schulen lässt er sich aus und führt eine exemplarische Diskussion über den bei uns praktizierten Religionsunterricht und mögliche Alternativen. Neben den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen bringt der Autor auch seine ganz persönlichen Anschauungen und Erfahrungen (und die seiner Familie) ein. Das macht das Lesen besonders interessant und das Buch zu einer guten Diskussionsgrundlage auch für Andersgesinnte.

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