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»Lorenz«: Romanhafte Verhaltensforschung: das Leben des Konrad Lorenz

Ilona Jerger schildert den Lebensweg der großen Forscherpersönlichkeit Konrad Lorenz in einer ansprechenden Mischung aus Roman, Erzählung und Sachbuch.
Graugänse im Schwarm

Die Autorin Ilona Jerger hat Germanistik und Politologie studiert, begibt sich mit dem vorliegenden Buch jedoch auf das Gebiet der Verhaltensforschung. Sie erzählt das Leben des Biologen und Begründers der Tierpsychologie und Verhaltensbiologie, Konrad Lorenz, aus der Perspektive einer fiktiven Ich-Erzählerin, einer Ornithologin. Ilona Jerger legt jedoch keinen Roman im klassischen Sinne vor, sondern eher einen Tatsachenroman, der auf Fakten basiert, ohne sich auf deren Darstellung zu beschränken. Im Anhang des Buches finden sich Quellen, Zitatnachweise und Literaturangaben. Gleichwohl ist der Leser gut beraten, das Buch als das zu lesen, was es ist: als Roman.

Die Beschreibung des Lebens von Konrad Lorenz wird immer wieder unterbrochen von der Schilderung zeitgleich stattfindender Ereignisse. Andere Personen, die Lorenz nicht unbedingt persönlich kannte, und wichtige Ereignisse des 20. Jahrhunderts werden erwähnt. Berühmte Zeitgenossen sind beispielsweise der Dichter Paul Celan, der Philosoph Martin Heidegger und natürlich auch Forscherkollegen wie der niederländische Zoologe Nikolaas Tinbergen oder Bernhard Grzimek. Die Mondlandung im Jahre 1969, die mit dem Namen Wernher von Braun eng verknüpft ist, wird ebenso erwähnt wie die Ostpolitik von Willy Brandt.

Im Zentrum steht jedoch die Forschung von Konrad Lorenz, der sich seit Kindertagen mit Vögeln beschäftigte und mit ihnen lebte. Gänse, Dohlen, Enten und andere Tiere waren seine steten Begleiter, und sein gesamtes Leben war von der Liebe zu den Tieren geprägt. Seine Tierbeobachtungen bildeten die Basis für die Verhaltensbiologie, deren Theorie er über Jahrzehnte entwickelte. Lorenz‘ Vater war ein berühmter Orthopäde, der nicht nur in Österreich, sondern auch in den USA viele bekannte Persönlichkeiten behandelte. Dass sein Sohn nicht praktischer Arzt werden wollte, sondern lieber tagelang Vögel beobachtete, konnte er zunächst nicht verstehen. Lange Zeit blieb Lorenz‘ Forschung in akademischen Kreisen unbeachtet, und so stammten die ersten Ergebnisse aus Tierbeobachtungen in Altenberg, wo er im Jahr 1928 eine private zoologische Forschungsstation aufbaute. Seine offizielle akademische Laufbahn startete 1940 mit dem Ruf an die Universität von Königsberg, wo Konrad Lorenz als Professor für vergleichende Psychologie der Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Immanuel Kant wurde. Dies währte nicht lange, denn seine akademische Karriere wurde vom Zweiten Weltkrieg für viele Jahre unterbrochen.

Eine große Forscherkarriere und ihr »dunkler« Beginn

Ilona Jerger beleuchtet auch die »dunklen Seiten« dieser Biografie wie die zeitweilige Nähe von Konrad Lorenz zum Nationalsozialismus, die den Beginn seiner akademischen Laufbahn sicher erleichtert hat. In einem längeren Abschnitt werden seine Erlebnisse in russischer Kriegsgefangenschaft geschildert. Diese entbehrungsreiche Zeit war gekennzeichnet von praktischer medizinischer Tätigkeit im Lazarett sowie vielen systematischen Verhaltensbeobachtungen an Tieren. Diese mündeten in sein grundlegendes Werk »Die Naturwissenschaft vom Menschen. Eine Einführung in die vergleichende Verhaltensforschung. Das ›Russische Manuskript‹«, das zwischen 1944 und 1948 entstand.

Nach dem Krieg wurde die Lorenz‘ Forschung von der Max-Planck-Gesellschaft gefördert, 1954 erfolgte die Gründung eines eigenständigen Instituts für Verhaltensphysiologie in Seewiesen. Seine weitere Forschungstätigkeit brachte umfangreiche wissenschaftliche Publikationen hervor, die das damals neue Forschungsgebiet etablierten. Daneben publizierte er viele populärwissenschaftliche Bücher, welche die Ethologie auch außerhalb der akademischen Welt bekannt machten. Der Höhepunkt seiner Karriere war die Verleihung des »Nobelpreis für Physiologie oder Medizin« im Jahr 1973 an Konrad Lorenz, Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen. Die Erkenntnisse seiner Forschung veranlassten Konrad Lorenz schon in den 1960er Jahren, sich für den Umweltschutz in Österreich zu engagieren.

Dieses Buch stellt eine lesenswerte Mischung aus Roman, Erzählung und Sachbuch dar, das den allgemein nur wenig bekannten Lebensweg eines außergewöhnlichen Forschers ansprechend und interessant schildert.

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