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Gärten ohne Last

Das vorliegende Buch von Elke von Radziewsky – promovierte Kunsthistorikerin, freie Kunstkritikerin und Mitarbeiterin der Zeitschrift "Architektur und Wohnen" – stellt eine Auswahl an Privatgärten im deutschsprachigen Raum vor, die von Profis gestaltet wurden. Es geht um die Arbeiten von 22 Landschaftsarchitekten und -büros aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, um Beispiele von mehr oder weniger bekannten Fachleuten und verschiedenen Firmen. Sie alle werden im Anhang ausführlich mit Biografie, wichtigsten Werken, Erfahrung sowie Stilbeschreibung in eigenen Worten und Kontaktadresse präsentiert.

Schon die Aufmachung von "Moderne Gärte" besticht, die Fotos von Angela Franke sind brillant. Jedes der Beispiele wird durch mehrere, teils ein- oder sogar doppelseitige Fotos illustriert, dazu kommen Originalpläne, Grundrisse und Pflanzschemata, aber auch Informationen zu den spezifischen Gegebenheiten und Auftraggebern, Gestaltungsprinzipien und Problemen. Die wichtigsten Fakten zum jeweiligen Garten finden sich zudem in einem kleinen Kasten übersichtlich zusammengestellt.

Obwohl von Landschaftsarchitekten gestaltet und häufig Bestandteil einer mehr oder weniger prächtigen "Behausung" – vor allem repräsentative historische Villen und Landsitze, aber auch Umgestaltetes wie eine ehemalige Tankstelle, Futuristisches wie ein von Frank Llyod Wright inspiriertes Haus über Weinbergen oder Avantgardistisches wie ein als "Schiff" bezeichnetes Wohnhaus in Wien – bekommen auch Klein- und Hobbygärtner interessante Anregungen. Zumal selbst kleine und kleinste Gärten Beachtung finden. Als Inspiration zu verstehen wäre zum Beispiel das Unterteilen eines Gartens in Kompartimente oder "Räume" mittels Hecken.

Zugegeben, nicht jeder hat einen Garten, durch den ein Fluss fließt, verfügt über hohen, alten Baumbestand, besitzt überdimensionale Gartenkunstwerke oder kann sich einen großen Schwimmpool oder ein Koi-Becken leisten. Dennoch ist dieser Überblick über private Gartenarchitektur auch für den gewöhnlichen Gartenbesitzer lohnend. Und falls man weder Zeit noch Ideen, dafür aber genügend Geld hat, kann professionelle Hilfe durchaus Sinn machen und ein Buch wie das vorliegende um so nützlicher sein.

Einleitend gibt die Autorin Hintergrundwissen zur Gartentradition in Deutschland und spricht über stilprägende Gärten des 20. Jahrhunderts. Dazu wird löblicherweise weiterführende Literatur angegeben. Die Gartenlust wurde forciert durch das Städtwachstum und bereits in den 1890ern wuchsen Gartenstädte wie in Zürich das Cottage-Viertel, in Köln die Marienburg oder in Berlin der Stadtteil Kladow/Wannsee heran. Von großen Gartenarchitekten wie Heinrich Wiepking (1891-1974), Otto Valentien (1897-1987), dem Dänen C. Th. Sørensen (1893-1979) oder Dieter Kienast (1845-98), der in den 1980er-Jahren die Naturgartenbewegung ins Leben rief, ist die Rede. Heute sind es Fachleute wie Topher Delaney, Guido Hager, Jane Bihr, die Österreicherin Maria Auböck oder der deutsche Bernhard Korte, die das Experimentierfeld Garten neu beackern.

In den folgenden Kapiteln kommen Naturliebhaber und Kunstsammler, Koi-Fans und Familienmenschen, Kunstsammler und "Lazy Gardeners", Romantiker und Schwimmer auf ihre Kosten. Mal japanisch, mal englisch inspiriert, am Hang, im Wald oder auf der Wiese gelegen, mal natürlich und pflegeleicht, mal durchgestylt und arbeitsintensiv, minimalistisch oder ausschweifend – die Beispiele decken ein breites Spektrum ab.

Zum Beispiel bei einem "Kabinettgarten", einem Stück Land von 200 Quadratmetern, das zu einer Doppelhaushälfte gehört und das von Ulrich Singer aus Karlsruhe mittels Hecken in "Kabinette", in drei verschieden gestaltete Räume unterschiedlicher Funktion und Ausstattung gestaltet wurde. Ebenfalls für jedem interessant ist der vorgestellte schattige 100-Quadratmeter-Gartenhof mit Bambus und Helleborus, aber ohne Rasen. Den "Familiengarten in der Stadt" gestaltete Maria Auböck. Ein bestehender, alter Garten wurde hier auf geniale Weise mit einem modernen Haus verbunden. Wegweisend ist auch der von der Engländerin Jane Bihr, die in der Schweiz lebt, entworfene Cottage-Garten, der sich an ein historisches Forsthaus anschließt. Der gekieste Gartenhof mit mobilen Pflanzkübeln und Wasserschalen ist ebenso schlicht vom Prinzip wie pflegeleicht, genau wie es Matthias Krebs ein Schweizer Landschaftsarchitekt haben wollte. Dagegen wirkt der asiatischen Garten um eine ehemalige Tankstelle in Berlin schon fast "ausgefallen".

Natürlich lassen sich bei dem rundum gelungenen Buch bestimmte Moden oder Tendenz erkennen – etwa, dass viel mit Gehölzen, vor allem Hecken und Formgehölzen gearbeitet wird. Zwischengestreut finden sich Kapitel, die unter der Überschrift "Elemente" firmieren. Dabei geht es um Grundprinzipien gelungener Gartenanlage, wie den Einsatz von Wasser, die richtigen Wege oder ums Grün als solches. Um mit den Worten von Hildegard von Bingen abzuschließen "Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und die ist Grün ...".

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