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Mehr versprochen als gehalten

Mord und Totschlag gehören zur menschlichen Natur – um das festzustellen, reicht ein Blick in eine beliebige Nachrichtensendung. Deshalb quält den Leser vor allem die Frage nach dem Warum. Hans Günter Gassen meint, das Gewalttätige sei tief in unsere Erbanlagen eingeschrieben, da schon seit Urzeiten gegen Feinde gekämpft werden musste. Und zwar, um die eigene Freiheit und Unversehrtheit zu gewährleisten – ebenso wie die der Familie oder des Klans.

Der Biochemiker umreißt im ersten Teil seines Buchs die Entwicklung des Lebens und beschreibt detailliert die Geschichte der Menschheit – beginnend bei den ersten Wesen, die aufrecht gingen. Danach betrachtet er diverse Gräueltaten, von kriegerischen Auseinandersetzungen alter Stämme bis hin zur hochtechnisierten Kriegsführung. Er kommt zum wenig überraschenden Befund, das Morden habe immer schon zu unserem Verhaltensrepertoire gehört. Doch warum das so sei, könne auch die moderne Wissenschaft nicht erklären, da selbst eine in den Genen eingeschriebene Veranlagung nicht zwangsläufig zu gewalttätigem Verhalten führen müsse. Mit diesem Eingeständnis stellt Gassner seine Kernthese auf wacklige Beine. Zumal er auch noch zugibt, dass keine klare Trennlinie zwischen genetischen Prädispositionen und den Einflüssen der Erziehung existiert. So skizziert sein Werk zwar die Evolutionsgeschichte, bleibt aber eine Antwort darauf schuldig, "wie das Böse in unsere Köpfe kam". Stattdessen liefert der Autor nur unaufhörlich Beispiele dafür, dass es dort ist.

In dem Buch mischen sich lehrbuchähnliche Passagen mit steilen Thesen wie der, bei Abtreibungen sei der Mutterschoß als Mordschauplatz anzusehen, oder, das Anschauen von Krimis sei als Kompensation von Mordgelüsten zu begreifen. Gassner bezieht hier populistische, Widerspruch fordernde Positionen und durchbricht damit immer wieder abrupt den wissenschaftlichen Stil, den er in weiten Teilen seines Werks pflegt. Ein Buch, das nicht aufklärt, sondern den Leser verstört zurücklässt.

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