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Gehirn und Geist. Eine überzeugende Zusammenführung von Philosophie und Neurobiologie

Das von dem Magdeburger Philosophen Michael Pauen und dem Bremer Neurobiologen und Erkenntnistheoretiker Gerhard Roth herausgegebene Buch stellt den Stand der Kunst im Überschneidungsbereich zwischen Neurowissenschaften und Philosophie des Geistes dar. Als Einstieg in dieses Thema ist das Buch eine erste Adresse. Der Sammelband beginnt mit einem Überblick zur Geschichte der Neurowissenschaften (Olaf Breidbach). Es folgen Beiträge zu den Grundpositionen in der Körper–Geist-Debatte (Michael Pauen), zum Reduktionismus (Helmut Schwegler) und zur Emergenz (Achim Stephan). Die zweite Hälfte besteht aus Artikeln von Neurowissenschaftlern, im Einzelnen zu den neurobiologischen Grundlagen des Bewusstseins (Gerhard Roth), zu neuropsychologischen Erklärungen kognitiver Phänomene (Hans J. Markowitsch und Irene Daum), zur Psychopathologie des Selbstkonstrukts (Kai Vogeley), zur Informationsverarbeitung in künstlichen neuronalen Netzen (Raúl Rojas) und zu neurowissenschaftlichen Verfahren der Bewusstseinsforschung (Thomas F. Münte und Hans-Jochen Heinze). Was sind die Früchte der bisherigen interdisziplinären Arbeit von Neurowissenschaftlern und Philosophen, wie sie in diesem Buch zum Ausdruck kommt? Wenn wir die grundlegenden philosophischen Positionen betrachten, die seit der Antike bekannt sind, ergeben sich aus dem Forschungsstand der Neurowissenschaften Argumente für bestimmte dieser Positionen und gegen andere Positionen (wie sich beispielsweise aus dem Forschungsstand der Physik Argumente für bestimmte philosophische Positionen zu Raum, Zeit und dem Aufbau der Materie ergeben)? Ob man so weit gehen kann, ist fraglich. Gewiss, vielfältige Korrelationen zwischen mentalen und neurophysiologischen Phänomenen werden aufgedeckt; aber solche Korrelationen sind mit allen grundlegenden philosophischen Positionen zum Verhältnis von Geistigem und Körperlichem vereinbar. Und es gibt einige signifikante Experimente; aber auch deren Ergebnisse sind nicht so eindeutig, dass sie zu einer bestimmten philosophischen Position führen. Was also ist der Sinn interdisziplinärer Arbeit zwischen Philosophen und Neurowissenschaftlern, auch wenn nicht zu erwarten sein sollte, dass die neurowissenschaftliche Forschung als solche selbst eine bestimmte philosophische Position plausibel machen wird? Zumindest wohl dieser: Neurowissenschaftliche Forschung mag durch die Konfrontation mit den verschiedenen Weisen, wie ihre Ergebnisse philosophisch interpretiert werden können, an Begriffsschärfe gewinnen, und Philosophen mögen durch die Kenntnisnahme neurowissenschaftlicher Forschung ihre Positionen und deren empirische Konsequenzen präziser fassen, als dieses allein durch Philosophieren im Lehnstuhl (“armchair metaphysics”) geschehen kann. Hoffentlich auch im Sinne der Fortsetzung eines solchen Dialogs hat die Zukunft der Hirnforschung, wie es im ersten Satz der Einleitung des Buches heißt, gerade erst begonnen.

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