Wider das Unberechenbare. Datenanalyse zur Bestimmung der Dynamik und Statistik nichtlinearer Systeme
Die meisten physikalischen, chemischen und biologischen Systeme sind so komplex, dass sich ihre Dynamik nur sehr schwer beschreiben lässt. Sie wird von vielen Faktoren beeinflusst. Chaotisches Verhalten und stochastische Einflüsse verlangen nichtlineare mathematische Modelle, deren Aussagekraft für realistische Systeme jedoch häufig gering ist, weil sie zu ungenaue quantitative Vorhersagen liefern. Eine Alternative ist die Vorhersage des zukünftigen Verhaltens eines Systems anhand numerischer Auswertungen der Struktur von Daten- oder Zeitreihen, die von einem realistischen System aufgezeichnet wurden. Die Dynamik eines Systems wird im Phasenraum dargestellt, der von den Zustandsvariablen aufgespannt wird. Die geometrischen Gebilde, denen sich die Phasenraumtrajektorie des Systems nähert, heißen Attraktoren. Ihre Dimensionalität und das Spektrum der Lyapunov-Exponenten sind z.B. wichtige Größen der Datenanalyse. Mit Hilfe solcher geometrischer Indikatoren bzw. Invarianten der Dynamik lassen sich aus den Datenreihen Vorhersagen für die zukünftige Zustandsänderung des Systems machen. Deshalb wird die Modellierung mit Hilfe der Datenanalyse auch „reconstruction theory“ genannt. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in der Auswertung realistischer Daten. Damit sind die Ergebnisse für angewandte Wissenschaften, wie z.B. die Medizin, oder für industrielle Anwendungen, wie Signalverarbeitung und Systemsteuerung, von unmittelbarem Interesse. Das vorliegende Buch ist eine Sammlung von Artikeln verschiedener Autoren, die im Zusammenhang mit einem interdisziplinären Work-Shop „Nonlinear Dynamics and Statistics“, der 1998 am Isaac Newton Institute der Cambridge University stattfand, entstanden. Da die Datenanalyse auf Grund der stetig anwachsenden Rechenkapazität eine immer wichtigere Rolle bei einer genaueren Vorhersage des Verhaltens realistischer dynamischer Systeme spielen wird, ist dieses Buch eine interessante und reichhaltige Quelle, um sich dem Studium der Grundlagen, Methoden und Anwendungen zu widmen. Allerdings eignet es sich nicht für einen Einstieg in diese Thematik, denn es besitzt keinen tiefer strukturierten Aufbau — was natürlich auf den Proceeding-Charakter zurückzuführen ist. Das Werk ist also eher für auf diesem Gebiet tätige oder mit der Thematik genügend vertraute Wissenschaftler gedacht, die aus der prägnanten Form der Artikel die für sie relevanten Informationen herauslesen können.
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