Chemie für Bastler
Vor Jahren erwarb ich einen Baukasten, mit dem sich Kugel-Stab-Modelle von Molekülen zusammensetzen ließen. Er enthielt Plastikröhren unterschiedlicher Länge, die man auf kleine Stifte schieben konnte, die wiederum in verschiedenen Winkeln aus den ebenfalls mitgelieferten Atomzentren ragten. Auf diese Weise konnte man aus Röhren und Kugeln einigermaßen korrekte dreidimensionale Modelle zusammenstecken. Doch das Plastik war zu dünn, die Röhren knickten, verfärbten und verformten sich oder hielten nicht auf den Stäbchen. Alles war zu klein. Die Moleküle sahen schäbig aus und machten keinen Spaß. Der Kasten endete ganz hinten in einer Schublade.
Jetzt hat Wiley-VCH einen Baukasten nach dem gleichen Prinzip veröffentlicht – und es richtig gemacht. Aufmachung und Farbgebung lassen die Modelle hochwertig erscheinen, die Verbindungen sind robust und sitzen fest genug, dass man auch große Moleküle in verschiedene Konformationen drehen kann, ohne gleich zwei oder mehr Einzelteile in den Händen zu halten. Die Bauteile sind so groß, dass man sie bequem zusammensetzen kann und sie ausgesprochen übersichtliche Modelle ergeben: Das fertige Modell eines ATP-Moleküls zum Beispiel ist einen halben Meter lang.
Das Basis-Set enthält 66 Atomzentren in den von Atommodellen gewohnten Farben – weiß für Wasserstoff, rot für Sauerstoff und so weiter. Als Verbindung zwischen ihnen sind Steckverbindungen von zwei und dreieinhalb Zentimetern Länge vorgesehen, erstere für alle Bindungen zum Wasserstoff. Für Mehrfachbindungen gibt es verschiedene Möglichkeiten – es stehen flexible Schläuche zur Verfügung, oder aber Adapter, mit denen sich eine zweite und dritte Bindung anbauen lässt. Beide Varianten verhindern Rotation um die Bindungsachse, ganz wie es sich für Mehrfachbindungen gehört.
Da die Moleküle schön groß und übersichtlich sind, lohnt es sich allerdings, bei den Bindungslängen besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dazu ist etwas Schneidarbeit erforderlich. Die beiliegende Anleitung enthält eine Tabelle, in der die benötigten Bindungslängen für die wichtigsten Bindungen aufgeführt sind. Für Aromaten zum Beispiel müssen die Standardbindungen um einen halben Zentimeter gekürzt werden.
So richtig lohnt sich der Aufwand allerdings erst bei stereochemisch anspruchsvollen Molekülen. Hier bieten sich die verschiedenen Zucker an, oder gar Naturstoffe mit komplexer räumlicher Struktur wie Morphin. Hier kann so ein Baukasten selbst dem erfahrenen Organiker noch einige Aha-Effekte bescheren. Die Modelle sehen erfreulicherweise gut genug aus, um sie als Repräsentationsobjekt auf den eigenen Schreibtisch zu stellen.
In einigen Fällen überrascht allerdings die Auswahl der verfügbaren Atomzentren ein wenig. So enthält allein das Basis-Set insgesamt vier fünf- und sechsbindige schwarze Kohlenstoffzentren(!), deren Anzahl mit dem Profi-Set sogar auf zwölf ansteigt. Wozu? Ähnlich sieht es bei Sauerstoff und Stickstoff aus, die sehr reichlich mit hypervalenten Varianten vertreten sind. Wie viele Ammoniumsalze sollen's denn sein? Und auch der größte Fan von Wasserstoffbrücken wird mit einem fünfbindigen Sauerstoffzentrum wenig anfangen können.
Zumal nirgends auch nur ein einziger gewinkelter zweibindiger Stickstoff in Sicht ist, so dass zum Beispiel bei Nucleobasen unschöne überzählige Steckverbindungen bleiben. Das ist äußerst ärgerlich, denn Imine oder N-Heteroaromaten sind keineswegs selten. Die in der Anleitung angebotene Variante, die Stickstoffe einfach mit einer andersfarbigen Bindung als "freies Elektronenpaar" zu versehen, überzeugt mich überhaupt nicht und riecht verdächtig nach Notlösung.
Immerhin kann der geneigte Naturstoffchemiker hier einfach zur Kneifzange greifen und das Versäumnis des Herstellers korrigieren. Insgesamt bleibt jedoch der Eindruck zurück, dass speziell das Profi-Set viel Überflüssiges enthält und in der nächsten Version überarbeitet werden sollte. Das Basis-Set reicht aus, um Zucker, Kohlenwasserstoffe und einfache Aromaten nachzubauen, was für die gymnasiale Oberstufe ausreichen sollte, für die das Set auch konzipiert ist. Für wirklich interessante Strukturen benötigt man das deutlich umfangreichere Profi-Set, das natürlich auch ein bisschen teurer kommt.
Wer gerne bastelt, sich für Symmetrie und Komplexität begeistert und die unglaubliche Strukturvielfalt der organischen Chemie schätzen gelernt hat, wird diesen Bausatz trotzdem mögen.
Jetzt hat Wiley-VCH einen Baukasten nach dem gleichen Prinzip veröffentlicht – und es richtig gemacht. Aufmachung und Farbgebung lassen die Modelle hochwertig erscheinen, die Verbindungen sind robust und sitzen fest genug, dass man auch große Moleküle in verschiedene Konformationen drehen kann, ohne gleich zwei oder mehr Einzelteile in den Händen zu halten. Die Bauteile sind so groß, dass man sie bequem zusammensetzen kann und sie ausgesprochen übersichtliche Modelle ergeben: Das fertige Modell eines ATP-Moleküls zum Beispiel ist einen halben Meter lang.
Das Basis-Set enthält 66 Atomzentren in den von Atommodellen gewohnten Farben – weiß für Wasserstoff, rot für Sauerstoff und so weiter. Als Verbindung zwischen ihnen sind Steckverbindungen von zwei und dreieinhalb Zentimetern Länge vorgesehen, erstere für alle Bindungen zum Wasserstoff. Für Mehrfachbindungen gibt es verschiedene Möglichkeiten – es stehen flexible Schläuche zur Verfügung, oder aber Adapter, mit denen sich eine zweite und dritte Bindung anbauen lässt. Beide Varianten verhindern Rotation um die Bindungsachse, ganz wie es sich für Mehrfachbindungen gehört.
Da die Moleküle schön groß und übersichtlich sind, lohnt es sich allerdings, bei den Bindungslängen besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dazu ist etwas Schneidarbeit erforderlich. Die beiliegende Anleitung enthält eine Tabelle, in der die benötigten Bindungslängen für die wichtigsten Bindungen aufgeführt sind. Für Aromaten zum Beispiel müssen die Standardbindungen um einen halben Zentimeter gekürzt werden.
So richtig lohnt sich der Aufwand allerdings erst bei stereochemisch anspruchsvollen Molekülen. Hier bieten sich die verschiedenen Zucker an, oder gar Naturstoffe mit komplexer räumlicher Struktur wie Morphin. Hier kann so ein Baukasten selbst dem erfahrenen Organiker noch einige Aha-Effekte bescheren. Die Modelle sehen erfreulicherweise gut genug aus, um sie als Repräsentationsobjekt auf den eigenen Schreibtisch zu stellen.
In einigen Fällen überrascht allerdings die Auswahl der verfügbaren Atomzentren ein wenig. So enthält allein das Basis-Set insgesamt vier fünf- und sechsbindige schwarze Kohlenstoffzentren(!), deren Anzahl mit dem Profi-Set sogar auf zwölf ansteigt. Wozu? Ähnlich sieht es bei Sauerstoff und Stickstoff aus, die sehr reichlich mit hypervalenten Varianten vertreten sind. Wie viele Ammoniumsalze sollen's denn sein? Und auch der größte Fan von Wasserstoffbrücken wird mit einem fünfbindigen Sauerstoffzentrum wenig anfangen können.
Zumal nirgends auch nur ein einziger gewinkelter zweibindiger Stickstoff in Sicht ist, so dass zum Beispiel bei Nucleobasen unschöne überzählige Steckverbindungen bleiben. Das ist äußerst ärgerlich, denn Imine oder N-Heteroaromaten sind keineswegs selten. Die in der Anleitung angebotene Variante, die Stickstoffe einfach mit einer andersfarbigen Bindung als "freies Elektronenpaar" zu versehen, überzeugt mich überhaupt nicht und riecht verdächtig nach Notlösung.
Immerhin kann der geneigte Naturstoffchemiker hier einfach zur Kneifzange greifen und das Versäumnis des Herstellers korrigieren. Insgesamt bleibt jedoch der Eindruck zurück, dass speziell das Profi-Set viel Überflüssiges enthält und in der nächsten Version überarbeitet werden sollte. Das Basis-Set reicht aus, um Zucker, Kohlenwasserstoffe und einfache Aromaten nachzubauen, was für die gymnasiale Oberstufe ausreichen sollte, für die das Set auch konzipiert ist. Für wirklich interessante Strukturen benötigt man das deutlich umfangreichere Profi-Set, das natürlich auch ein bisschen teurer kommt.
Wer gerne bastelt, sich für Symmetrie und Komplexität begeistert und die unglaubliche Strukturvielfalt der organischen Chemie schätzen gelernt hat, wird diesen Bausatz trotzdem mögen.
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