Bergidyll?!
Es war der Erlanger Kulturgeograf Werner Bätzing, der, wie Reinhold Messner in seinem Geleitwort zum Buch "Orte guten Lebens. Die Alpen jenseits von Übernutzung und Idyll" schreibt, seinen Blick auf die Älpler, die Menschen in den Alpen, lenkte: ihre Überlebensstrategien, ihre Wirtschaftsweise, ihre Siedlungsgeschichte. Die besondere Bedeutung der Bergbauern für eine nachhaltige, ökologisch tragfähige Hochgebirgskultur ist dabei ein Ausgangsthema Bätzings, dem er sich weder romantisierend noch abstrakt, sondern nüchtern und doch anteilnehmend verschrieben hat.
Der vorliegende als Lesebuch gedachte Sammelband zum 60. Geburtstag des Erlanger Forschers umfasst 24 ausgewählte Aufsätze, die zwischen 1978 und 2008 in verschiedenen deutschsprachigen Zeitschriften und Zeitungen erschienen. Die thematisch vielfältigen Texte wurden von der Herausgeberin Evelyn Hanzig-Bätzing chronologisch geordnet, um einerseits die denkerische Entwicklung des Autors, andererseits die Veränderungen in den Alpen nachzuzeichnen. Leicht redigiert, mit Fußnoten, Erstpublikationsverweisen und Kurzkommentaren verfasst, lassen sich die Aufsätze ohne inhaltliche Überschneidungen gut in den Kontext der Arbeiten Bätzings einordnen, der sich seit langem intensiv der Alpenforschung verschrieben hat.
Das Spannende dieses Buches liegt in seiner Konzeption, die die geistigen Ansätze Bätzings, seine auch ethisch motivierte Herangehensweise an seinen Forschungsgegenstand lebendig werden lässt. Bätzing ist nie nur wissenschaftlicher Beobachter, sondern ein vom Wahrnehmen über das denkerische Begreifen hin fortschreitender Handelnder, der seine Einsichten auch Laien vermitteln will und sich einmischt. Geht es doch auch um die grundsätzliche Frage, wie unter den heutigen Rahmenbedingungen der industrialisierten Gesellschaft ein lebenswertes Leben und nachhaltiges Wirtschaften in den Alpen möglich und dieses über die regionale Begrenzung hinaus für die Integration ländlicher Räume in Europa beispielhaft sein könnte.
Eingangs erschließt sich dem Leser "Ein kaum bekanntes Alpengebiet", die Cottischen Alpen und die Seealpen, gefolgt von der Frage: Was wird aus den Bergen ohne Bergbauern? Hier deutet sich schon ein Trendszenario an, dem sich der Autor zum Schluss widmet: der drohenden Gefahr vom Verschwinden eines menschlichen Lebensraumes. Dagegen weisen Schlaglichtthemen im Buch wie sanfter Tourismus versus Touristenzentren, reproduktive Arbeit gegen die Umweltkrise, europäischer Blick und kulturelle Identität und immer wieder die Erörterung nachhaltiger Entwicklung weit über die regionale Begrenzung der Alpen hinaus. Hier fänden Politiker sicher genügend Stoff für globale Menschenverträglichkeit der Entwicklung und ökologische wie ökonomische Nachhaltigkeitsvisionen.
In seinem letzten Beitrag, den der Autor noch im Dezember 2008 für diesen Band schrieb, widmet er sich einem Ausblick auf die Zukunft des Alpenraums in einer globalisierten Welt und zeigt, dass die Probleme, die sich in den Alpen offenbaren, keineswegs alpenspezifisch sind. Die Alpen müssten daher bewusst als ein dezentraler Lebens- und Wirtschaftsraum erhalten werden, das gleiche gelte auch für alle anderen ländlichen Regionen in Europa, sie dürften nicht zur Peripherie von Metropolregionen werden. Die "städtische Perspektive" einer globalisierten Welt müsse überwunden werden.
Dabei könnten Erkenntnisse über neue Projekte, Initiativen, Strukturen und Netzwerke seit Beginn des Alpenkonventionsprozesses vor 20 Jahren einen besonders wichtigen Beitrag zu Einführungshemmnissen von Innovationen und deren Überwindung leisten: "Weil die Alpen in der europäischen Kulturgeschichte das zentrale Symbol für fremde, bedrohliche Natur darstellen, können sie besser als andere europäische Regionen klären, wie heute eine nachhaltige Entwicklung in Europa aussehen kann, die gerade in einer extrem schwierigen Umwelt ökologische Stabilität mit kultureller Lebendigkeit dauerhaft verbinden kann."
Im Anhang dieses faszinierenden Buches, das 357 bedenkenswerte Seiten und 16 hervorragende Farbfototafeln umfasst, sind Bücher und Monografien über die Alpen von Werner Bätzing aufgelistet sowie sein Lebensgang nachzulesen. Das Werk verdient eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Der vorliegende als Lesebuch gedachte Sammelband zum 60. Geburtstag des Erlanger Forschers umfasst 24 ausgewählte Aufsätze, die zwischen 1978 und 2008 in verschiedenen deutschsprachigen Zeitschriften und Zeitungen erschienen. Die thematisch vielfältigen Texte wurden von der Herausgeberin Evelyn Hanzig-Bätzing chronologisch geordnet, um einerseits die denkerische Entwicklung des Autors, andererseits die Veränderungen in den Alpen nachzuzeichnen. Leicht redigiert, mit Fußnoten, Erstpublikationsverweisen und Kurzkommentaren verfasst, lassen sich die Aufsätze ohne inhaltliche Überschneidungen gut in den Kontext der Arbeiten Bätzings einordnen, der sich seit langem intensiv der Alpenforschung verschrieben hat.
Das Spannende dieses Buches liegt in seiner Konzeption, die die geistigen Ansätze Bätzings, seine auch ethisch motivierte Herangehensweise an seinen Forschungsgegenstand lebendig werden lässt. Bätzing ist nie nur wissenschaftlicher Beobachter, sondern ein vom Wahrnehmen über das denkerische Begreifen hin fortschreitender Handelnder, der seine Einsichten auch Laien vermitteln will und sich einmischt. Geht es doch auch um die grundsätzliche Frage, wie unter den heutigen Rahmenbedingungen der industrialisierten Gesellschaft ein lebenswertes Leben und nachhaltiges Wirtschaften in den Alpen möglich und dieses über die regionale Begrenzung hinaus für die Integration ländlicher Räume in Europa beispielhaft sein könnte.
Eingangs erschließt sich dem Leser "Ein kaum bekanntes Alpengebiet", die Cottischen Alpen und die Seealpen, gefolgt von der Frage: Was wird aus den Bergen ohne Bergbauern? Hier deutet sich schon ein Trendszenario an, dem sich der Autor zum Schluss widmet: der drohenden Gefahr vom Verschwinden eines menschlichen Lebensraumes. Dagegen weisen Schlaglichtthemen im Buch wie sanfter Tourismus versus Touristenzentren, reproduktive Arbeit gegen die Umweltkrise, europäischer Blick und kulturelle Identität und immer wieder die Erörterung nachhaltiger Entwicklung weit über die regionale Begrenzung der Alpen hinaus. Hier fänden Politiker sicher genügend Stoff für globale Menschenverträglichkeit der Entwicklung und ökologische wie ökonomische Nachhaltigkeitsvisionen.
In seinem letzten Beitrag, den der Autor noch im Dezember 2008 für diesen Band schrieb, widmet er sich einem Ausblick auf die Zukunft des Alpenraums in einer globalisierten Welt und zeigt, dass die Probleme, die sich in den Alpen offenbaren, keineswegs alpenspezifisch sind. Die Alpen müssten daher bewusst als ein dezentraler Lebens- und Wirtschaftsraum erhalten werden, das gleiche gelte auch für alle anderen ländlichen Regionen in Europa, sie dürften nicht zur Peripherie von Metropolregionen werden. Die "städtische Perspektive" einer globalisierten Welt müsse überwunden werden.
Dabei könnten Erkenntnisse über neue Projekte, Initiativen, Strukturen und Netzwerke seit Beginn des Alpenkonventionsprozesses vor 20 Jahren einen besonders wichtigen Beitrag zu Einführungshemmnissen von Innovationen und deren Überwindung leisten: "Weil die Alpen in der europäischen Kulturgeschichte das zentrale Symbol für fremde, bedrohliche Natur darstellen, können sie besser als andere europäische Regionen klären, wie heute eine nachhaltige Entwicklung in Europa aussehen kann, die gerade in einer extrem schwierigen Umwelt ökologische Stabilität mit kultureller Lebendigkeit dauerhaft verbinden kann."
Im Anhang dieses faszinierenden Buches, das 357 bedenkenswerte Seiten und 16 hervorragende Farbfototafeln umfasst, sind Bücher und Monografien über die Alpen von Werner Bätzing aufgelistet sowie sein Lebensgang nachzulesen. Das Werk verdient eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben