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Privatisierte Verbrechensbekämpfung

Der Holländer Paul Verhoeven hat mit "RoboCop" (1987), "Total Recall" (1990) und "Starship Troopers" (1997) drei sehr gewalttätige, zynische und ansatzweise gesellschaftskritische Sciencefiction-Streifen fabriziert. Da eine Neuverfilmung von "Total Recall" (2012) jeden Witz vermissen ließ, befürchtete ich beim aktuellen "RoboCop"-Remake das Schlimmste. Hoffnung machte nur die Wahl des Regisseurs: Der Brasilianer José Padilha hatte 2007 mit "Elite Squad" einen beeindruckenden halbdokumentarischen Spielfilm gedreht, der den Einsatz einer Spezialtruppe der Polizei von Rio de Janeiro gegen das organisierte Verbrechen in den Favelas thematisierte.

Der neue "RoboCop" beginnt auch recht vielversprechend. Wir schreiben das Jahr 2028. In einem Land im Nahen Osten (Iran?) sorgen vollautomatische Drohnen aus US-Produktion für die totale Überwachung der Zivilbevölkerung. Angriffe von Selbstmordattentätern auf die Flug- und Stampfmaschinen haben keine Chance. Im amerikanischen Fernsehen polemisiert ein demagogischer Showmaster (Samuel L. Jackson) gegen das Dreyfuss-Gesetz, benannt nach Senator Hubert Dreyfuss, der den Einsatz von Kampfrobotern zur Verbrechensbekämpfung im Inland verbieten ließ – obwohl sie sich im Ausland gegen Aufständische doch so grandios bewähren. Dreyfuss’ Argument: Roboter dürfen nicht über amerikanische Bürger richten (sein Filmname ist ein Insiderwitz; der amerikanische Philosoph Hubert Dreyfus, nur mit einem "s" geschrieben, bestreitet hartnäckig, dass es je so etwas wie künstliche Intelligenz geben kann). Die Herstellerfirma der Drohnen möchte das Dreyfuss-Gesetz natürlich lieber heute als morgen zu Fall bringen, um die US-Städte genauso befrieden zu dürfen wie fremde Schurkenstaaten. Schließlich verspricht die automatisierte Verbrechensbekämpfung enorme Gewinne.

In diesem Filmanfang steckt eine Menge kritisches Potenzial. Wieso soll für Iraner recht sein, was für Amerikaner nicht billig ist? Darf man den Unterschied zwischen Kriegseinsatz und Polizeiarbeit verwischen? Soll die Verbrechensbekämpfung privaten Firmen überlassen werden? Leider bleiben all diese Fragen unerledigt im Raum stehen, während sich die sentimentale RoboCop-Geschichte vom schwer verletzten Polizisten entfaltet, den moderne Prothesen in einen Roboter mit Herz verwandeln. Was bleibt, ist der Spaß an einem aufwendigen Actionfilm auf der Höhe der Zeit. Natürlich hat sich seit Verhoevens Filmen die Tricktechnik enorm entwickelt, was vor allem die knalligen Kampfszenen demonstrieren.

Aber auch die Prothesentechnik macht in letzter Zeit Riesenfortschritte. Wie Regisseur Padilha betont, gibt es heute bereits künstliche Gliedmaßen, die sich über Gedanken steuern lassen. Spektrum der Wissenschaft berichtete unlängst (Ausgabe 1/2013, S. 90), dass Forscher planen, den Anstoß zur Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien von einem Querschnittgelähmten ausführen zu lassen, der in einer Ganzkörperprothese steckt. Damit wäre ein Mensch-Maschine-Hybrid in greifbare Nähe gerückt – wenn auch nicht so fesch anzusehen wie der hochglanzlackierte Roboterpolizist im Film.

Der neue "RoboCop" bewegt sich zwar technisch auf der Höhe der Zeit, bringt aber inhaltlich nichts Neues, denn er erzählt nur die alte Geschichte ein zweites Mal. Am Ende triumphiert – hat jemand daran gezweifelt? – das Menschliche über die Maschinerie. Der beherzte Roboter setzt sich durch und kehrt zurück zu Frau und Sohn. Das soll wohl ein Happy End sein, aber den Alltag mit dem blechernen Familienvater mag ich mir lieber nicht ausmalen.

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