Ars ab urbe condita
Beginnt die römische Kunst schon mit der sagenhaften Stadtgründung 753 v. Chr.? Und was zeichnet das Kunstschaffen der Frühzeit aus? Diesem schwierigen Fragenkomplex nähert sich der Archäologe Filippo Coarelli, profunder Kenner römischer Frühgeschichte, auf verschiedenen Wegen an. Im weit gesteckten Zeitrahmen vom 8. bis 3. Jahrhundert v. Chr. verknüpft er archäologische Objekte mit historischen Fakten, epigrafischen wie numismatischen Zeugnissen. Grabungsfunde werden gemäß neuestem Forschungsstand diskutiert.
Auf diese Weise gelingt es Coarelli, alle Fassetten des kulturellen und politischen Lebens aufzuzeigen, die an der Entstehung römischer Kunst beteiligt waren. Die Urbanisierung Roms im 6. Jahrhundert v. Chr. manifestiert sich unter anderem in den heute noch sichtbaren Stadtmauerresten, den Fundamenten des Jupitertempels auf dem Kapitol oder auch ganz schlichten Grabinventaren.
Letztere können jedoch nicht mit den kostbaren Beigaben reicher Gräber aus dem benachbarten Praeneste konkurrieren. Aus diesem Grund betont der Autor, dass die frühen Kunstwerke Roms eigentlich als Kunst in Rom zu bezeichnen wären und nicht als römische Kunst. Dazu seien unbedingt die vielfältigen kulturellen Beziehungen mit dem Umland zu berücksichtigen, etwa Latium, Etrurien, Kampanien und Magna Graecia – ferner die regen Handelsbeziehungen mit dem östlichen Mittelmeerraum, aus denen nicht nur Luxusgüter, sondern auch fremde Handwerker und Künstler nach Italien kamen.
Sorgfältig filtert Coarelli fremde Einflüsse aus der frühen römischen Kunst heraus und stellt fest, dass die italische Kultur untrennbar mit der griechischen verbunden ist. Als Beispiele nennt er die Entstehung städtischer Zentren, die Übernahme von Mythen, Göttern und Keramikerzeugnissen. Doch die größte Bedeutung misst er der Einführung der Schrift zu, die vom griechischen Alphabet abgeleitet wurde.
Kunstfreunde werden die farbigen Abbildungen von bunten Grabmalereien oder Weihgeschenken aus Terrakotta faszinieren, ebenso die Elfenbeinarbeiten oder Spiegel aus Bronze. Das Werk Coarellis erfreut gerade durch die exzellenten, zum Teil ganzseitigen Fotos, verärgert aber maßlos mit zahlreichen Druckfehlern, vergessenen oder verwechselten Abbildungen. Auch dürften nicht alle Leser die Grundrisspläne ohne Legende deuten können; überdies wäre eine Zeittafel hilfreich. Möge der Zabern-Verlag die folgenden vier Bände dieser Reihe sorgfältiger edieren!
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