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Wirtschaften nach dem Vorbild der Natur

Auf über vierzig Jahre alternative Landwirtschaft auf seinem 45 Hektar großen Krameterhof im Salzburger Lungau, dem "Sibirien Österreichs" mit Höhenlagen von 1100 bis 1400 Metern, kann der Bergbauer Sepp Holzer zurückblicken. Als er Anfang der 1960er Jahre damit begann, zu diversifizieren und seinen landwirtschaftlichen Betrieb ohne Kunstdünger und Chemieeinsatz zu führen, war das von dem australischen Ökologen Bill Mollison entwickelte Konzept einer dauerhaften und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft noch unbekannt.

Erst als Studenten der Universität Wien Holzers Arbeitsweise unter die Lupe nahmen, erfuhr er, dass es für seine Bewirtschaftungsweise einen Namen gibt: "Permakultur". Seine Methoden hat Holzer in seiner Biographie "Der Agrar-Rebell" ausführlich beschrieben, sein zweites Buch ist hingegen ein praktischer Leitfaden für jedermann.

Im Zeitalter von Globalisierung, Technologie und Wirtschaftswachstum, von Monokulturen, Chemie und Massentierhaltung geht es Holzer darum, die Irrwege in der Landwirtschaft aufzuzeigen und Alternativen zu bieten. Wirtschaften nach dem Vorbild der Natur, basierend auf natürlichen Kreisläufen und Ökosystemen, kann sich gleichermaßen auf verbesserte Bodengesundheit wie auf naturbelassenen Obstbau oder das Schaffen von Kleinklimazonen und die Lenkung sowie Speicherung von Wasser beziehen.

Permakultur basiert auf einem förderlichen Miteinander von Mensch und Natur beziehungsweise Tier. Ökologische Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, Effektivität und Ökonomie zum Wohle aller Beteiligten stehen im Vordergrund. Der Krameterhof selbst liefert Musterbeispiele für beinahe alle im Buch angesprochenen Aspekte: Landschaftsgestaltung, Landwirtschaft, Obstbau, Pilzzucht und Gärten. Dort gehen nämlich Landschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Tierhaltung, Obstbau, Almwirtschaft, Heilkräuterzucht und sogar der touristische Aspekt eine gelungene Symbiose ein.

Holzer beschreibt also zunächst seine "Hoflandschaft", ihre Flächen, Böden, Terrassen und Wege, Lagen und Kleinklimate, befasst sich mit typischen Pflanzen (mit hilfreichen Schemata, was auf welchen Böden wächst), mit Terrassenkultur, Mischsaaten, Humusrückhaltebecken, Hügel- und Hochbeeten sowie mit der Anlage von Wassergärten und Teichen.

Bodenfruchtbarkeit und Gründüngung, Vielfalt und richtige Sortenwahl sollten im Zentrum alternativer Landwirtschaft stehen. Holzer liefert Listen alter Sorten, schlägt Mischkulturen und Unterpflanzungen vor. Freilandhaltung in Koppelwirtschaft wird bei ihm ebenso praktiziert wie alte Haustierrassen artgerecht – teilweise in Erdhöhlen und Erdställen – gehalten werden.

Obstlandschaften sind monoton geworden, da nur mehr auf Ertrag und einfache Bewirtschaftung ausgerichtet. Eine Mischung von Edel- und Wildobstbäumen, die Verwendung alter Obstsorten (Listen!) und der Verzicht auf Spritzen, Düngen, Schneiden könnte zu mehr Vielfalt und Qualität beitragen. Praktiker erhalten ausführliche Hinweise zu Vermehrung und Veredelung, zu Verwertung, Verarbeitung und Vermarktung.

Sehr ausführlich geht es anschließend um die Pilzzucht, um Pilz- und Kulturarten, ehe im fünften Kapitel die Gärten im Vordergrund stehen. Holzer schreibt über Bauerngarten, "Krautland" und Gewächshaus, erinnert an Heilkräuterrezepte seiner Mutter – wie Beinsalben aus Knochen oder Zugsalbe aus Baumharz – und doziert über natürliche Dünger und Kompostierung, Mulchen und Jauchen.

Ein eigenes Kapitel ist den Stadtgärten gewidmet, der Anwendung der Permakultur auf kleinen Flächen, in Klein- und Stadtgärten, Terrassen- und Balkongärten. Es geht um geschickte Raumnutzung, um richtige Bewässerung, Standortansprüche und Pflanzgemeinschaften. Der Hobbygärtner erhält nicht nur ausführliche Listen, sondern lernt auch arbeitsextensive Verfahren kennen und erfährt, dass Umgraben, Mistgaben und Bewässern nicht nur Kraft und Zeit kosten, sondern eigentlich in den meisten Fällen unnötig sind.

In sehr persönlichem Schreibstil und gespickt mit Mundartzitaten ist es Holzer gelungen, ein unterhaltsames Kompendium für Praktiker vorzulegen. Aus ihm spricht das Bedürfnis, Menschen zum Experimentieren zu animieren und zum verantwortungsvollen Umgang mit der Natur aufzurufen. Es ist kein Sachbuch im streng wissenschaftlichen Sinne, keine vollständige theoretische Abhandlung über Permakultur – doch das ist auch nicht das Ziel. Eine Stärke sind vielmehr die Pflanzenlisten und Zeichnungen, detailreiche und einfache Anleitungen zum Bau von Hochbeeten, Ställen, Teichen. Und am Ende stehen die von Holzer initiierten Projekte in Schottland oder Thailand, wo er den Beweis liefert, dass seine Erkenntnisse in den unterschiedlichsten Klima- und Vegetationszonen anwendbar sind.

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