Über die Wirkung von Stimme und Sprache
Der Büchermarkt ist voll von Ratgebern zur persönlichen Weiterentwicklung. Goldene Strategien und Praxistipps in Beruf und Alltag versprechen den Erfolg und taugen mit ihren Floskeln und Formeln wenig. Der Titel von Hartwig Eckerts Buch "Sprechen Sie noch oder werden Sie schon verstanden?" lehnt sich an einen bekannten Werbeslogan an, der bereits in allen möglichen Varianten in den Medien breitgetreten wurde. Der Untertitel "Persönlichkeitsentwicklung durch Kommunikation" ließ ebenfalls in Anbetracht der Masse an Ratgebern mit ähnlichem Titel nichts Gutes erwarten.
Stereotype Assoziationen im Kopf öffnete ich das Buch, entnahm ihm missmutig die beigelegte CD und machte mich an die Arbeit. Resigniert las ich die Einleitung, welche den Nutzen und die Grenzen des Buches aufzeigt. Der Leser wird darin geschult ein Maximum an Information aus Stimme und Worten zu gewinnen (natürlich!) und bekommt praktische Übungen an die Hand (klar!). Wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit praktischen Beispielen verbunden (logisch!). Ich folgte den Anweisungen des Autors durch Text, Übungen und Hörbeispiele wie eine müde Schülerin ihrem Lehrer in der ersten Unterrichtsstunde. Und stellte ein paar Seiten später fest: Der Unterricht war interessant, lehrreich und machte Spaß. Ich ließ die große Pause ausfallen und mir verschiedene Mechanismen des Sprechens erklären.
Ein geübter Zuhörer etwa kann anhand bestimmter vokaler Signale erkennen, ob der Sprechende etwas herunterspielen möchte, zum Beispiel durch erhöhte Stimmlage, Lippenrundung, Sprechlacher und reduzierte Artikulation. Anhand der kurzen Hörbeispiele werden die Funktionen vokaler und verbaler Botschaften verdeutlicht und der Leser vor allem in der Wahrnehmung paralinguistischer Merkmale trainiert. Amüsant sind Eckerts linguistische Analysen aus der Politik. In Anlehnung an das Tina-Prinzip nimmt er Gemeinplätze aufs Korn, die im Grunde banal sind, weil es zu ihnen keine Alternative gibt.
Beispiel 1:
a) "Es geht hier um eine für alle Beteiligten gerechte Lösung."
b) "Die Beiträge müssen im Rahmen des Möglichen bleiben."
c) "Es kommt jetzt darauf an, besonnen zu handeln."
Was kann ein Oppositionssprecher antworten? "Nein, wir von der Opposition vertreten ungerechte Privilegien im Rahmen des Unmöglichen, die wir gerne überstürzt umsetzen."
Während der Autor die erste Hälfte des Buches der Analyse von Stimme und Sprache widmet, konzentriert er sich im zweiten Teil auf die Persönlichkeit. Eckert versteht Sprechmuster als "Physiognomie des Geistes" und geht davon aus, dass sich Veränderungen in der Artikulation und Argumentation auf die Persönlichkeit auswirken.
Beispiel 2:
"Man wird ja nach dem Mittagessen immer so müde, dass man sich nicht auf die Arbeit konzentrieren kann. Da unterlaufen einem schon mal Fehler."
Diese Form der Verwendung des Pronomens "man" statt "ich" sagt dem Gesprächspartner im Grunde: Das geht doch jedem an meiner Stelle genauso. Damit wird Solidarisierung eingefordert, und wer nicht zustimmt, muss sich gegen den Sprecher stellen. Eckert resümiert: "Solche Muster kommen in der Verkleidung tiefer Einsichten in die menschliche Natur daher und sind dennoch nur der Versuch, die Fossilierung der eigenen Verhaltensweise zu rechtfertigen." Damit werde das statische Element gegenüber dem dynamischen begünstigt, und Persönlichkeitsentwicklung finde nicht statt. "Man"-Sager, die zu "Ich"-Formulierern umgeschult wurden, reagieren laut Eckert eher auf kritische Fragen und Veränderungsvorschläge. Leider verzichtet er auf tiefer gehende Ausführungen zu psychologischen Zusammenhängen zwischen Sprache und Persönlichkeit. Praktische Aspekte im Fokus werden auch wissenschaftliche Konzepte, die er mit seinen Themen verknüpft, nur sehr knapp dargestellt.
Der Autor plädiert er für eine polysystematische Betrachtung der Kommunikation und distanziert sich deutlich von Phrasen und allgemeingültigen Leitsätzen. Damit hebt sich das Buch vom Gros der Ratgeberliteratur ab.
Stereotype Assoziationen im Kopf öffnete ich das Buch, entnahm ihm missmutig die beigelegte CD und machte mich an die Arbeit. Resigniert las ich die Einleitung, welche den Nutzen und die Grenzen des Buches aufzeigt. Der Leser wird darin geschult ein Maximum an Information aus Stimme und Worten zu gewinnen (natürlich!) und bekommt praktische Übungen an die Hand (klar!). Wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit praktischen Beispielen verbunden (logisch!). Ich folgte den Anweisungen des Autors durch Text, Übungen und Hörbeispiele wie eine müde Schülerin ihrem Lehrer in der ersten Unterrichtsstunde. Und stellte ein paar Seiten später fest: Der Unterricht war interessant, lehrreich und machte Spaß. Ich ließ die große Pause ausfallen und mir verschiedene Mechanismen des Sprechens erklären.
Ein geübter Zuhörer etwa kann anhand bestimmter vokaler Signale erkennen, ob der Sprechende etwas herunterspielen möchte, zum Beispiel durch erhöhte Stimmlage, Lippenrundung, Sprechlacher und reduzierte Artikulation. Anhand der kurzen Hörbeispiele werden die Funktionen vokaler und verbaler Botschaften verdeutlicht und der Leser vor allem in der Wahrnehmung paralinguistischer Merkmale trainiert. Amüsant sind Eckerts linguistische Analysen aus der Politik. In Anlehnung an das Tina-Prinzip nimmt er Gemeinplätze aufs Korn, die im Grunde banal sind, weil es zu ihnen keine Alternative gibt.
Beispiel 1:
a) "Es geht hier um eine für alle Beteiligten gerechte Lösung."
b) "Die Beiträge müssen im Rahmen des Möglichen bleiben."
c) "Es kommt jetzt darauf an, besonnen zu handeln."
Was kann ein Oppositionssprecher antworten? "Nein, wir von der Opposition vertreten ungerechte Privilegien im Rahmen des Unmöglichen, die wir gerne überstürzt umsetzen."
Während der Autor die erste Hälfte des Buches der Analyse von Stimme und Sprache widmet, konzentriert er sich im zweiten Teil auf die Persönlichkeit. Eckert versteht Sprechmuster als "Physiognomie des Geistes" und geht davon aus, dass sich Veränderungen in der Artikulation und Argumentation auf die Persönlichkeit auswirken.
Beispiel 2:
"Man wird ja nach dem Mittagessen immer so müde, dass man sich nicht auf die Arbeit konzentrieren kann. Da unterlaufen einem schon mal Fehler."
Diese Form der Verwendung des Pronomens "man" statt "ich" sagt dem Gesprächspartner im Grunde: Das geht doch jedem an meiner Stelle genauso. Damit wird Solidarisierung eingefordert, und wer nicht zustimmt, muss sich gegen den Sprecher stellen. Eckert resümiert: "Solche Muster kommen in der Verkleidung tiefer Einsichten in die menschliche Natur daher und sind dennoch nur der Versuch, die Fossilierung der eigenen Verhaltensweise zu rechtfertigen." Damit werde das statische Element gegenüber dem dynamischen begünstigt, und Persönlichkeitsentwicklung finde nicht statt. "Man"-Sager, die zu "Ich"-Formulierern umgeschult wurden, reagieren laut Eckert eher auf kritische Fragen und Veränderungsvorschläge. Leider verzichtet er auf tiefer gehende Ausführungen zu psychologischen Zusammenhängen zwischen Sprache und Persönlichkeit. Praktische Aspekte im Fokus werden auch wissenschaftliche Konzepte, die er mit seinen Themen verknüpft, nur sehr knapp dargestellt.
Der Autor plädiert er für eine polysystematische Betrachtung der Kommunikation und distanziert sich deutlich von Phrasen und allgemeingültigen Leitsätzen. Damit hebt sich das Buch vom Gros der Ratgeberliteratur ab.
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