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Grundlagen der stellaren Astrophysik

"Stellar Evolution and Nucleosynthesis" ist kein Lehrbuch im gewöhnlichen Sinn, es ist ein als Lern- und Arbeitsbuch konzipierter Studientext. Er wendet sich primär an Studenten vor dem Bachelor-Abschluss, die auf einem Niveau abgeholt werden, das sie in den Basisvorlesungen zur Mechanik, Thermodynamik, Atom- und Kernphysik erreicht haben sollten. Über rund 200 Seiten erstreckt sich das Angebot an den Leser, die Grundlagen zur Astrophysik der Sternentwicklung und Elemententstehung mit angemessener Breite im Selbststudium zu erarbeiten.

Die Autoren sind nicht nur Experten ihres Fachs – beide besitzen auch umfangreiche didaktische Erfahrungen aus ihrer Lehrtätigkeit für die Open University und durch die Entwicklung von Kursen und Lehrmaterialien zur Physik und Astronomie. Diese Erfahrungen machen sich in Inhalt und Aufbau des vorliegenden Studientextes bemerkbar und haben zweifellos die gelungene Darstellung sehr befördert. In einem einführenden Kapitel beschreiben die Autoren die Sonne als typischen Hauptreihenstern, um dabei viele der später benutzten und dann eingehender erörterten physikalischen Konzepte im Überblick zu besprechen, unter anderem das Temperatur-Leuchtkraft-Diagramm, die Gravitation und den Virialsatz (vertieft im speziellen Kapitel 2), Kernreaktionen und Energiegewinn durch Kernfusion (dazu mehr in Kapitel 3) am Beispiel des Wasserstoffbrennens, Sternstrukturgleichungen, Stefan-Boltzmann-Gesetz und Strahlungsopazität.

Kapitel 4 ist der Sternentwicklung von der Hauptreihe zum Roten-Riesen-Stadium gewidmet, wobei zur Diskussion der Sterneigenschaften ausgiebig von Skalierungsrelationen Gebrauch gemacht wird. Kapitel 5 bespricht die Heliumbrennphase und die Eigenschaften quantenmechanisch entarteter Elektronengase im dichter werdenden stellaren Kern. Kapitel 6 wendet sich den späten Stadien der Sternentwicklung zu, den höheren nuklearen Brennstadien, Weißen Zwergen als kompakten Sternleichen und Neutroneneinfangreaktionen (s- und r-Prozess) zum Aufbau der Elemente jenseits von Eisen. Kapitel 7 beschäftigt sich mit den Endstadien massereicher Sterne und gibt eine Einführung zu den Themen Supernovae, Neutronensterne, Pulsare und stellare Schwarze Löcher. Das Buch schließt mit einem Kapitel über Sternentstehung, das die zyklische Natur des Werdens und Vergehens der Sterne und deren Rolle bei der allmählichen Anreicherung des interstellaren Mediums und späterer Sterngenerationen mit schweren Elementen unterstreicht.

Da sich der Text weit gehend auf die Erklärung elementarer Grundlagen und Zusammenhänge beschränkt, erfordert die tiefere inhaltliche Erarbeitung des Themas zwingend eine intensive Beschäftigung mit den sehr zahlreichen, ausführlichen Rechenbeispielen und den Übungsaufgaben, in denen grundlegende Konzepte teilweise exklusiv behandelt werden. Die im Anhang verfügbaren vollständigen Lösungen enthalten deshalb wichtige zusätzliche Informationen. Der Hintergedanke der Autoren ist dabei unverkennbar: Nur wer selbst Antworten sucht und numerische Abschätzungen durchspielt, wird zu echtem Verständnis vordringen. Übungsbeispiele, Schlüsselfakten und zentrale Formeln sind in farbigen Kästen hervorgehoben. Zusammen mit den durchweg mehrfarbigen, klar und übersichtlich gestalteten Diagrammen, der Zusammenfassung wesentlicher Lerninhalte am Ende jedes Kapitels und einer Tabelle physikalischer und astronomischer Konstanten bietet das Buch in sich geschlossen alles notwendige Material zum effektiven Selbststudium.

Engagierte Studenten werden die moderne Darstellung eines an sich klassischen Inhalts zu schätzen wissen. Aber auch Universitätsdozenten und Lehrer von Astronomiekursen an Schulen, die nach einer elementaren Einführung suchen, werden in diesem Buch fündig, nicht zuletzt wegen seines umfangreichen Reservoirs an sinnvollen Übungsaufgaben. Nach so vielen lobenden Worten sollen zwei kleine Defizite nicht verschwiegen werden: Aus unverständlichen Gründen kommt das Thema Neutrinos eindeutig zu kurz. So findet sich einerseits keine Diskussion zu den Eigenschaften und zum Nachweis von Neutrinos, die durch Kernreaktionsprozesse im Sonneninneren erzeugt werden, obwohl deren Messung nicht nur die Natur dieser Elementarteilchen entschlüsseln hilft, sondern eine wichtige experimentelle Bestätigung des "Fusionsreaktors" im Sonnenzentrum darstellt und sogar die Temperatur dort messbar macht.

Andererseits werden die "thermischen" Erzeugungsprozesse von Neutrino-Antineutrino-Paaren im Kern entwickelter, massereicher Sterne nicht erwähnt, obwohl der damit verbundene Energieverlust die Abstrahlung von Photonen an der Oberfläche solcher alternder Sterne um viele Größenordnungen übertrifft und die wichtige Entkopplung der Entwicklung des immer kompakteren Kernbereichs vom Verhalten der ausgedehnten Sternhülle verursacht.

Ein zweiter kleiner Schönheitsfehler ist die Verdrehung der Bildsequenz von Abbildung 7.1 sowie die Verwendung einer qualitativ nicht mehr aktuellen Abbildung des Krebsnebels auf S. 165, obwohl für alle anderen gezeigten astronomischen Objekte neue, hochaufgelöste Fotos benutzt werden. Trotz dieser Mängel verdient das Buch eine sehr gute Note und kann wärmstens empfohlen werden.

  • Quellen
Sterne und Weltraum 2/2012

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