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Das Weltall vom Balkon aus sehen

"Sterne beobachten in der Stadt" von Klaus M. Schittenhelm richtet sich speziell an Astronomieeinsteiger – und wie der Titel verrät, insbesondere an jene, die unter den Bedingungen der urbanen Lichtglocken leben, und damit von zu Hause aus nur noch einige wenige hundert oder gar dutzend Sterne mit bloßem Auge sehen können. Dass auch unter diesen Vorzeichen eine sinnvolle Beschäftigung mit dem Nachthimmel möglich ist, zeigt das Buch überzeugend.

Auf insgesamt 26 Himmelstouren, geordnet nach Jahreszeiten, führt der Autor den Leser zunächst zu den markantesten Sternen und Konstellationen, um von dort weiter zu weniger auffälligen Sternbildern und Objekten überzuleiten. Der Schwerpunkt bei der Auswahl der Himmelsobjekte liegt dabei eindeutig auf dem unter den eben nicht optimalen – weil städtischen – Bedingungen Machbaren. Und das ist doch eine ganze Menge. Der Aufbau jedes der 26 Abschnitte ist zweigeteilt: Auf einer Himmelstour werden die wichtigsten Objekte der jeweiligen Himmelsregion angesteuert. Ganzseitige, ansprechend gestaltete Karten helfen dabei.

Eine ausgestreckte Hand, in jede Karte als Maßstab eingezeichnet, macht es einfach, Distanzen an der Himmelssphäre abzuschätzen. Die Einteilung der Objekte in "einfach", "mittel" und "schwierig" gibt zusätzliche Orientierung. Im zweiten Teil werden die zuvor genannten Objekte eingehender beschrieben. Dabei kommen sowohl die Historie als auch die astronomischen und astrophysikalischen Hintergründe zur Sprache.

Die Auswahl der Objekte richtet sich – abgesehen von ihrer Sichtbarkeit in der Stadt – vornehmlich an Beobachter, die mit dem bloßen Auge oder handelsüblichen Ferngläsern, aber mit wenig Erfahrung auf Entdeckungsreise gehen. Stadttypisch handelt es sich vor allem um die Sternbilder selbst, markante Sterne und Doppelsterne sowie Sternhaufen, weniger um Nebel oder gar Galaxien. Auch Teleskopbesitzer finden einige Beobachtungsziele – allerdings werden sich die ambitionierteren unter ihnen schnell nach weiterführender Lektüre umsehen müssen. Denn auch unter einem Stadthimmel gibt es noch etliche weitere lohnenswerte Objekte für kleine Einsteigerteleskope, die im Buch zwar teilweise genannt werden, für deren erfolgreiche Beobachtung jedoch detaillierteres Kartenmaterial erforderlich wäre.

Etwas gerafft fällt auch die Einleitung aus. Vermutlich war es die Absicht des Autors, hier auf tiefer gehende astrophysikalische Erklärungen zu verzichten und den Schwerpunkt auf das Zeigen und Beschreiben des Himmels zu legen. Allerdings bleiben für den Leser dadurch zwangsläufig Fragen offen, die er anderswo befriedigen muss. Und ein wenig schade ist, dass das Buch die Chance verpasst, das heiße Eisen "Lichtverschmutzung" anzufassen – oder auch nur zu benennen. Dass die Nacht in unseren Städten (und leider auch zunehmend auf dem Land) immer heller wird, ist schließlich kein Naturgesetz, sondern Folge menschlicher Achtlosigkeit – und lässt sich prinzipiell ändern.

Insgesamt vermittelt "Sterne beobachten in der Stadt" aber einen durchweg positiven Eindruck. Wer den Sternhimmel über sich vom heimischen Balkon aus kennen lernen will, und nur mit seinen Augen und einem Fernglas ausgerüstet ist, liegt mit diesem Buch absolut richtig. Auch wer zum ersten Mal mit einem Teleskop auf Entdeckungsreise geht, macht mit dem Kauf auch keinen Fehler – und sei es als Appetitanreger für weiterführende Exkursionen ins Weltall. Vielleicht dann ja sogar unter dunklem Landhimmel.
  • Quellen
Sterne und Weltraum 10/2011

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