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Luft holen und Feuer spucken

Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen beschäftigen immer mehr Ärzte und Therapeuten. Neben der aktuellen Debatte um den richtigen Einsatz von Medikamenten gibt es erfreulicherweise eine zunehmende Zahl psychologischer Angebote. Genau in diese Bresche springt auch der »Attentioner« für Kinder und Jugendliche von 7 bis 13 Jahren, der von Psychologen der Universität Bremen entwickelt wurde. Er bietet verhaltenstherapeutisches Training auf spielerische Art.

Die Übungen des Teams um Franz Petermann gehen gleich mehrere Probleme der kleinen Patienten an: Sie zeigen beispielsweise Wege auf, dem Impuls, ständig auf ablenkende Reize zu reagieren, widerstehen zu können. Außerdem wollen die Autoren soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Disziplin fördern. Sie berufen sich auf aktuelle neuropsychologische Erkenntnisse – etwa indem sie zwischen fokussierter und geteilter Aufmerksamkeit sowie zwischen Kontrolle und Dauerkonzentration unterscheiden.

Das Programm sieht zunächst 15 Sitzungen mit ein bis zwei Therapeuten und optimalerweise vier Kindern vor. Die abwechslungsreichen Aufgaben beinhalten etwa Frage-und-Antwort-Spiele, bei denen jeweils die vorhergehende Frage beantwortet werden muss. In einem anderen Spiel sollen die Kinder eine Szene malen, die sie kurz zuvor gesehen haben – während gleichzeitig laute Musik läuft. Als »Geheimaufträge« getarnte Hausaufgaben steigern Spannung, Neugier und Motivation, »Gewinnpunkte« gibt es für das Einhalten von Regeln oder den jeweiligen Tagessieger. Das Interessanteste dürften für die Kinder zweifellos die Geschichten um den »Winddrachen Taifun« sein. Dem tierischen Protagonisten fehlt es einfach an der nötigen Konzentration, um sein wichtigstes Ziel zu erreichen – endlich Feuer zu speien! Mit steigendem Erfolg der Kinder gelingt es Taifun schließlich immer besser, seine Kräfte zu bündeln. Die Urkunde zum Abschluss des Trainings ist der verdiente Lohn für den gemeinsam erreichten Therapieerfolg. Sie zeigt den kleinen Drachen, der nun genauso gut Feuer spucken kann wie sein Vater.

Fazit: Der »Attentioner« ist wegen seiner wissenschaftlichen, neuropsychologischen Grundlage eine sinnvolle Ergänzung des vorhandenen Therapieangebots – auch wenn es schon eine Reihe guter Ansätze gibt. Das Trainings-Manual mit allen Aufgaben und einer DVD mit Arbeitsmaterialien ist erfreulich umfangreich und erläutert viele theoretische Hintergründe. Die aufgeführte Evaluation mit 72 Kindern bescheinigt dem Programm gute Ergebnisse. Einzig in die Übersichtlichkeit des Manuals hätte man mehr investieren können. So geriet das Auffinden der empfohlenen Teamgröße zu einer mittelschweren Aufmerksamkeitsübung für den Rezensenten.
  • Quellen
Gehirn und Geist 4/2006

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