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Reiseanleitung für Ornis

Das Beobachten von Vögeln wird auch hierzulande zunehmend populärer: Noch ist es zwar kein Volkssport wie bei den Briten oder den Niederländern, aber die Zahl der Hobby-Ornithologen wächst auch in Deutschland stetig. An Brennpunkten des Vogelzugs und der Vogelbrut wie dem Altmühlsee in Mittelfranken, den Rheinauen oder dem Rheindelta im Bodensee reihen sich an manchen Tagen die Beobachter mitsamt ihren Fernrohren Seit an Seit auf, um Raritäten wie dem Temminckstrandläufer, dem Seeadler oder einem kleinen Blaukehlchen nachzuspüren.

Doch neben den überregional bereits bekannten lohnenswerten Zielen gibt es noch eine Vielzahl von ebenfalls guten Standorten, an denen sich seltene Arten einfinden und gut zu beobachten sind, die aber außerhalb der Region nur wenigen Eingeweihten bekannt sind. In diese Marktlücke stoßen nun die beiden Autoren Christoph Moning und Christian Wagner mit ihrem Buch "Vögel beobachten in Süddeutschland". Laut Titel stellen sie die besten Beobachtungsgebiete zwischen der Pfälzer Mosel und dem bayerischen Watzmann vor. Zum ersten Mal nach 15 Jahren und dem dreibändigen Kompendium von Michael Lohmann und Erich Rutschke (Vogelparadiese, Band 1 – 3, Norddeutschland (1989), Ost- und Mitteldeutschland (1991), Süddeutschland (1989), Parey-Verlag) liefern sie damit wieder einen Reiseführer für interessierte Amateure und Profis.

Und der Titel verspricht nicht zuviel: Fundiert liefern die beiden Vogelbeobachter, die auch die Internetseite www.birdinggermany.de mit aktuellen Sichtungen betreiben, eine Zusammenfassung von mehr als 40 wichtigen Vogelbeobachtungsgebieten in Süddeutschland, in denen sich von Watvögeln bis hin zu reinen Hochgebirgsarten insgesamt mehr als 300 Spezies regelmäßig sehen lassen. In gebotener Kürze werden die einzelnen Standorte beschrieben und die gewohnheitsmäßig dort zu betrachtenden Vögel aufgelistet, wobei natürlich die Spezialitäten des jeweiligen Gebiets besondere Erwähnung finden – etwa ob sich in den Laubwäldern der Halsbandschnäpper tummelt, der Sperlingskauz in den Streuobstwiesen ruft oder wohin sich Seetaucher im Winter ins Binnenland "verirren".

Gegliedert ist das Buch hauptsächlich nach Bundesländern, sodass die Vogelbeobachtungsgebiete im Prinzip von Nordwest nach Südost aufgeführt sind. Nur die Exkursionsziele rund um den Bodensee haben ein eigenes, bundeslandunabhängiges Kapitel bekommen. Schon in der Überschrift erkennt der Leser die besonders lohneswerten Ziele, die mit einem Stern gekennzeichnet sind. Zudem sind hier die Schnellreferenzen zur Bewertung des Gebiets aufgeführt – etwa ob es fahrradtauglich ist, sich dort viele gesuchte Arten aufhalten, reichlich Zugvögel Rast machen oder überwintern und welche Artenschwerpunkte (Wald, Kulturland, Wasservögel) auftreten.

Ausführlich wird dann die Anfahrt zum Biotop beschrieben und mit einer Karte dargestellt, sodass neben dem Bestimmungsbuch zumeist nur noch ein normaler Autoatlas notwendig sein sollte. Die meisten Regionen lassen sich mit dem Buch dann auch gut erwandern oder in einem Spaziergang erlaufen, nur im Hochgebirge empfiehlt sich zusätzlich eine genaue Wanderkarte zur Absicherung. Gedacht wird auch an Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs, denen die entsprechend nahen Bahnhöfe und Bushaltestellen genannt werden. Für den Beobachter am wichtigsten dürften allerdings die exakten Standorttipps und Routen sein, an denen man bestimmte Arten leicht zu sehen bekommt, ohne sie zu stören. Denn selbstredend – und darauf weisen die Autoren mehrfach hin – steht das Wohl der Tiere im Vordergrund und sollte die Suche nach den Zielarten nicht um jeden Preis stattfinden.

Zu vielen Hauptzielen nennen Moning und Wagner außerdem lohneswerte Abstecher in der näheren Umgebung, sodass lohnenswerte Tagesausflüge oder mehrtägige Kurzurlaube zusammengestellt werden können. Neben den artenreichen Beobachtungsgebieten wie Wollmatinger Ried, Chiemsee, Kaiserstuhl oder Allgäuer Alpen führen die beiden Ornithologen auch noch Regionen auf, in denen besonders gesuchte seltene Arten leicht zu sehen sind: etwa die Wiesenweihe in Unterfranken, Zipp- und Zaunammer in Südwestdeutschland oder Hochgebirgsarten wie den Steinrötel und den Zitronenzeisig in den Alpen – zum Teil mit exakten Beobachtungspunkten und -zeiten, damit der Wunschvögel ja nicht verpasst wird.

Natürlich kann ein Buch, das sich die lohneswertesten Beobachtungsgebiete zum Ziel nimmt, nicht immer vollständig sein. Schließlich kann kaum ein Ornithologe über alle wichtigen Biotope Bescheid wissen – noch dazu in einem relativ großen Raum wie Süddeutschland. Deshalb ist eigentlich eher eine Marginalie, dass sich in Bayern etwa die lukrativen Standorte überwiegend in Südbayern finden und die Nordhälfte des Freistaats etwas unterrepräsentiert bleibt – so hätten der Bayerische Wald oder Burgbernheim in Mittelfranken noch genauere Erwähnung finden können. Aber vielleicht lässt sich eine 2. Auflage diesbezüglich noch etwas umfangreicher gestalten.

Zahlreiche gute Natur- und Vogelfotos, eine Liste der Vogelarten Süddeutschlands sowie ein ausführliches Register runden schließlich das durch und durch gelungene Werk ab. Es bleibt nur zu hoffen, dass bald entsprechende Bücher für Nord- und Ostdeutschland folgen, denn auch dort locken viele interessante Vogeltreffpunkte. Und: Geschützt wird schließlich nur das, was den Menschen bekannt ist – auch dazu können Bücher wie dieses beitragen.

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